M^er Rufnachvereinfachung des Staats-
dienstes löst als Widerhall eine Er-
örterung aus, die bisher nur bis zur
Gedankenform gediehen sich im We-
sentlichen mit der Erziehung zur Bau-
kunst befaßt, also nicht unmittelbar
mitdem oben genannten Gegenstand.
Beide Ziele scheinen sich aber ungefähr in einem dar-
zustellen, wenn man etwafolgendenLrwägungen nach-
geht.
Zurzeit wird der junge Rann, den Neigung oder, wie
es oft geschieht, nur äußerlich zusälliger Anlaß zum
Baufach führt, von der Mittelschule weg gehalten, ein
mindestens vierjähriges Studium an einer technischen
Hochschule durchzumachen, wenn anders er zum höhe-
ren Baudienst zugelassen werden will. Zwar gehen
manche, ohne diesen Anspruch zu erheben, von ande-
rer Vorbereitung aus (Realschule, Baugewerbe- oder
Nunstgewerbeschule) und können dabei zu künstleri-
schem Ansehen gelangen, aber diese Gruppe kann, da
sie nicht zahlreich und ohne wesentlichen Einfluß auf
das Gesamtbild ist, hier zunächst übergangen werden.
Der Staat, der für seine Beamten jenen Lntwicke-
lungsgang vorschreibt und die Hochschule zwingt, sich
seinemBedürfnis in ihrem Lehrplan anzupassen, braucht
von den die Hochschule verlassenden Diplomingenieuren
(Architekten!) etwa 5 —6 vom Hundert zur Ergänzung
seines Beamtenstandes, nachdem die jungen Leute nach
einer mehrjährigen Ausbildungspraxis im Bau- und
Verwaltungsdienst durch ein zweites Examen (Non-
kurs) zum Regierungsbaumeister aufgerückt sind. Ls
ist naturgemäß und billig, daß diese etwa rä—27 jäh-
rigen Herren mit größeren selbständigen Bauausgaben
nicht sofort betraut werden, aber auch ältere Assesso-
ren und selbst manche Bauamtmänner oder Inspek-
toren schmachten bis in ihr überreifes Alter nach Selb-
ständigkeit im Entwurf, worin doch das eigentliche
Wesen ihres Berufs und die Voraussetzung der Bau-
kunst liegt. Nach der von den oberen Stellen getrof-
fenen Auswahl werden aber auch manchmal unter der
nominellen Leitung der Dberbehärdejunge Architekten,
wenn sie sich geschickt eingeführt haben, an die wichtig-
sten Aufgaben gesetzt. Fast niemals aber wurde bis vor
kurzem in Bayern und wird in anderen Ländern noch
der eigentliche Verfasser verantwortlich genannt, son-
dern die unpersönliche Behörde deckt das Werk, dessen
künstlerischeSeele doch die Persönlichkeit ausmacht. Im-
merhin sind die wenigen Auserlesenen, die sich schöpfe-
risch betätigen können, auchwennsie nichtmitihrem Na-
men zeichnen, glücklich gegenüber den Zahlreichen, die
im Verwaltungsdienstvielleicht gegenihre Veranlagung
- ihre Tage hinbringen. Db und wie weitdieser Dienstvon
akademisch Gebildeten geleistet werden muß, ist eine
der Fragen, deren voraussehungslose Beantwortung
wahrscheinlich manches Material zu dem jetzt ausge-
worfenen Problem der Verbilligung des Staatshaus-
haltes beibringen könnte. Aber ganz unabhängig von
diefer Frage scheint uns das Line zweifellos, daß die
künstlerifche Produktion sich nicht verträgt mit dem gi-
gantisch wuchernden Verwaltungsdienst. Wie man sei-
nerzeitdas AmtdesRichters von dem des Verwaltungs-
beamten grundsätzlich getrennt hat, so auch darf der ent-
werfendeArchitektmitverwaltungsdienst,sei ernotwen-
dig oder nur die Folge umständlicher Bestimmungen,
von denen die eine aus der anderen geborenwird, nicht
belastetsein,und umgekehrtsoll derverwaltungsbeamte
sich ungeschmälert durch die Aufregungen der schöpferi-
schen Tätigkeit seinen Aufgaben widmen können. Beides
verquickt, zeugt Halbheiten im Lndergebnis. Dieses aber,
also das Bauwerk, muß den Naßstab geben, an dem
die Linrichtungen gemessen werden. Ls kann nun
durchaus nicht in Abrede gestellt werden, daß der
Staatsbaudienst eine Reihe guter Bauwerke aufge-
richtet hat, und es soll durchaus nicht geleugnet wer-
den, daß außerhalb des Staatsdienstes trotz der Frei-
heit des Schassens manches mißglückte Werk zu ver-
zeichnen ist. Diese Dinge ruhig und unpersönlich abzu-
wägen, wird schwer sein; mag die Frage einstweilen
offen bleiben, ist doch nicht etwa die Monopolisie-
rung des Staatsbauwesens an sich der alleinige Grund
der Mißstände in der Baukunst.
Nehren wir nun noch einmal zurück zur alljährlichen
Lrnte der Hochschule, aus der ein Zehent dem Staat
als Dpser dargebracht wird. Was geschieht mit den
anderen 50 oder 95 Hundertsteln? Ls ist nicht an-
genehm, es aussprechen zu müssen: Zunächst kann
sie niemand recht brauchen. Sie kommen aber unter
bei Privatarchitekten, bei der Großindustrie und bei
Nommunen zu schweren oder zu leeren, in beiden
Fällen enttäuschungsreichen Prüfungsjahren, in de-
nen viele erst einsehen, was alles auf der Hochschule
hätte gelernt werden können. Daß sie sür diese Mög-
lichkeiten nicht aufgeschlossen waren, liegt aber zumeist
nicht an den jungen Herren, sondern daran, daß sie
zu unerfahren an den Tisch der Wissenschaft gesetzt
worden sind, um das Dargebotene geschickt zu er-
greifen, daß sie auf der anderen Seite aber wieder
zu alt und ehrwürdig waren, um zwangsweise zur
heilsamen Nahrung geführt zu werden. Für den ma-
thematisch-naturwissenschaftlichen Vorunterricht, der
die Hälfte der Studienzeit zu einem wesentlichen
Teil beansprucht, ist an sich die akademische Lern-
freiheit ganz ungeeignet. Lr müßte auf der ganzen
Linie an der Mittelschule erledigt werden. Ist es nicht
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