^!?^ er Wege zur Kunst sind so mannigfaltige und
viele, die Wendung zurKunst ist in sehr vielen
Fällen so entschieden und so persönlich, daß
das Problem der Künstlererziehung selber darüber
in Gefahr gerät, verneint zu werden.
2m Menschen, vorab im Ungebildeten, dann aber auch
im bildungsfähigen und bildungslustigen jungen
Menschen steckt tief eingewurzelt ein Aberglaube an
wunderwirkende Naturkräfte, an eine Tragweite der
natürlichen Gaben, denen im Sinne des Rousseau-
schen Vertrauens auf das Natürlich-Ursprüngliche
nur freie Bahn gelassen zu werden brauche, damit
die Kette aufsteigender Wertleistungen sich von selber
entrolle.
Diese gute Meinung vom Menschen, die in gewissem
Grade ja berechtigt ist, würde dem Künstlererzkeher
wenig Arbeit lassen. Die Hauptsache wäre dann eben:
man hat Talent. Man sieht irgendwo die Handgriffe
ab, die man gerade braucht, übt sie soweit man sie
braucht. Sonst lebt man, entwickelt man sich, schafft
man nach innerem natürlichen Zwang und Antrieb,
den Gott in der eigenen Brust, die ursprüngliche
Intuition als einzigen Leitstern.
Diesem Zuwenig oder richtiger diesem Garnichts
an kunsterzieherkschem Willen, diesem kunstpädago-
gischen Nihilismus steht eine andere Auffassung gegen-
über, die uns zunächst an ihrer extremsten Ausprä-
gung klar werden soll. Dieser Auffassung ist das Kunst-
schaffen nicht so sehr eine natürliche als vielmehr
eine kulturelle Funktion, eingebaut in einen ganz
bestimmten Komplex geschichtlich überlieferter Er-
kenntnisse und Erfahrungen sowie aktueller wirtschafts-
politischer Gegebenheiten, die seitens des Schaffenden
erkannt und gewürdigt werden wollen.
Der Kunstpädagoge dieser Auffassung neigt im ex-
tremen Fall zum Mißtrauen gegen die Naturkrast.
Er baut ihr mit oft zu ängstlichem Eifer, mit allzu-
viel Berechnung ein Bett. Er will den Zögling keinen
Augenblick aus dem Auge, aus der Hand lassen. Er
umschnürt ihn mit einem fein ausgegrübelten System
von Normen und Methoden, und es gelingt ihm denn
auch in der Tat sehr häufig, auch starke Begabungen
mit diesem Netz zu umstricken. Er entnimmt sie ihm,
um sie zu sterilisieren, und die also „Erzogenen", d. h.
Abgetöteten, gehören hinfort nicht mehr dem Leben
und der Kunst an, sondern der Methode.
Es ist Sache des reifen, des einsichtigen Menschen,
zwischen Übertreibungen nach dieser oder jener Seite
hin, zwischen Irrtümern nach rechts oder links, zwi-
schen schroff gegensätzlichen Denkweisen den richtigen
Weg zu finden.
Wollen wir dies hier versuchen für die ganz bestimmte
Eigenart, die ganz bestimmten Bedürfnisse unseres
Berufes, so muß uns klar sein, daß wir auf dkefem
Wege zwei Ziele zumal zu erreichen haben. Der Weg
muß uns zur Kunst führen, uns den Hebelpunkt zeigen,
von dem aus wir unser Wollen, unser inneres
Schauen, unsere geistigen Vorstellungsinhalte schaf-
fend, gestaltend verwirklichen können, und er muß uns
zugleich zu dem praktischen Ziele des Werkkünstlers
führen zur Verankerung seines Schaffens im wirt-
schaftlich-kulturellen Gesamtleben der Gesellschaft.
Wir wollen unsere Kunst nicht nur für uns, nicht nur
als Dokument unseres persönlichen Weltempfindens,
wir wollen sie zugleich auch für alle die vielen sozialen
und wirtschaftlichen Aufgaben, zu denen sie Zugang
Hat. Gerade der Werkkünstler ist nicht nur für die
Kunst, sondern auch für das Leben zu erziehen. 2n
dieser Hinsicht ganz auf sich gestellt, ganz sich selber
überlassen zu werden, wäre ein kunfterzieherischer
Nihilismus, den die meisten der von ihm Betroffenen
wohl energisch ablehnen würden, so laut sie auch
sonst auf ungehemmte Entwicklungsfreiheit im rein
Schöpferisch-Künstlerischen pochten.
Versuchen wir nun aus unsere Art den Weg zu jenem
Doppelziel zu gehen, dabei stets im Auge behaltend,
daß es sich eben in der Tat um ein zwiefaches Ziel
Handelt, daß sowohl ein schöpferischer als auch ein
praktischer Künstler herangebildet werden soll.
Wir werden zunächst nach dem Rohstoff fragen, der
unserer Erziehungsarbeit zu Gebote steht, nach den
Voraussetzungen, unter denen wir zu bilden, nach den
Gegebenheiten, an die wir unsere Forderungen an-
zuknüpfen Haben. Wir müssen ganz allgemein zunächst
die Frage lösen: Woher kommt Kunst, aus welchen
Voraussetzungen wird sie. Dann erst: Wie wird sie
diesen Voraussetzungen abgewonnen.
Als erste dieser Voraussetzungen haben wir die N a-
turkraft, die ursprüngliche Begabung, die künst-
lerische 2ntuition des Einzelnen. Dann wäre zu be-
trachten das Verhältnis der Kunst, die Sinnensache,
die ein Komplex von Sichtbarkeiten ist, zum Aller-
sinnenfälligsten, allüberall Sichtbaren, zur Natur-
wirklichkeit. Schließlich unterläge unserer Erörter-
ung das Verhältnis der Kunst, die wir jetzt wollen, die
der Tag, das Heute von uns verlangt, zu dem was aus
viele, die Wendung zurKunst ist in sehr vielen
Fällen so entschieden und so persönlich, daß
das Problem der Künstlererziehung selber darüber
in Gefahr gerät, verneint zu werden.
2m Menschen, vorab im Ungebildeten, dann aber auch
im bildungsfähigen und bildungslustigen jungen
Menschen steckt tief eingewurzelt ein Aberglaube an
wunderwirkende Naturkräfte, an eine Tragweite der
natürlichen Gaben, denen im Sinne des Rousseau-
schen Vertrauens auf das Natürlich-Ursprüngliche
nur freie Bahn gelassen zu werden brauche, damit
die Kette aufsteigender Wertleistungen sich von selber
entrolle.
Diese gute Meinung vom Menschen, die in gewissem
Grade ja berechtigt ist, würde dem Künstlererzkeher
wenig Arbeit lassen. Die Hauptsache wäre dann eben:
man hat Talent. Man sieht irgendwo die Handgriffe
ab, die man gerade braucht, übt sie soweit man sie
braucht. Sonst lebt man, entwickelt man sich, schafft
man nach innerem natürlichen Zwang und Antrieb,
den Gott in der eigenen Brust, die ursprüngliche
Intuition als einzigen Leitstern.
Diesem Zuwenig oder richtiger diesem Garnichts
an kunsterzieherkschem Willen, diesem kunstpädago-
gischen Nihilismus steht eine andere Auffassung gegen-
über, die uns zunächst an ihrer extremsten Ausprä-
gung klar werden soll. Dieser Auffassung ist das Kunst-
schaffen nicht so sehr eine natürliche als vielmehr
eine kulturelle Funktion, eingebaut in einen ganz
bestimmten Komplex geschichtlich überlieferter Er-
kenntnisse und Erfahrungen sowie aktueller wirtschafts-
politischer Gegebenheiten, die seitens des Schaffenden
erkannt und gewürdigt werden wollen.
Der Kunstpädagoge dieser Auffassung neigt im ex-
tremen Fall zum Mißtrauen gegen die Naturkrast.
Er baut ihr mit oft zu ängstlichem Eifer, mit allzu-
viel Berechnung ein Bett. Er will den Zögling keinen
Augenblick aus dem Auge, aus der Hand lassen. Er
umschnürt ihn mit einem fein ausgegrübelten System
von Normen und Methoden, und es gelingt ihm denn
auch in der Tat sehr häufig, auch starke Begabungen
mit diesem Netz zu umstricken. Er entnimmt sie ihm,
um sie zu sterilisieren, und die also „Erzogenen", d. h.
Abgetöteten, gehören hinfort nicht mehr dem Leben
und der Kunst an, sondern der Methode.
Es ist Sache des reifen, des einsichtigen Menschen,
zwischen Übertreibungen nach dieser oder jener Seite
hin, zwischen Irrtümern nach rechts oder links, zwi-
schen schroff gegensätzlichen Denkweisen den richtigen
Weg zu finden.
Wollen wir dies hier versuchen für die ganz bestimmte
Eigenart, die ganz bestimmten Bedürfnisse unseres
Berufes, so muß uns klar sein, daß wir auf dkefem
Wege zwei Ziele zumal zu erreichen haben. Der Weg
muß uns zur Kunst führen, uns den Hebelpunkt zeigen,
von dem aus wir unser Wollen, unser inneres
Schauen, unsere geistigen Vorstellungsinhalte schaf-
fend, gestaltend verwirklichen können, und er muß uns
zugleich zu dem praktischen Ziele des Werkkünstlers
führen zur Verankerung seines Schaffens im wirt-
schaftlich-kulturellen Gesamtleben der Gesellschaft.
Wir wollen unsere Kunst nicht nur für uns, nicht nur
als Dokument unseres persönlichen Weltempfindens,
wir wollen sie zugleich auch für alle die vielen sozialen
und wirtschaftlichen Aufgaben, zu denen sie Zugang
Hat. Gerade der Werkkünstler ist nicht nur für die
Kunst, sondern auch für das Leben zu erziehen. 2n
dieser Hinsicht ganz auf sich gestellt, ganz sich selber
überlassen zu werden, wäre ein kunfterzieherischer
Nihilismus, den die meisten der von ihm Betroffenen
wohl energisch ablehnen würden, so laut sie auch
sonst auf ungehemmte Entwicklungsfreiheit im rein
Schöpferisch-Künstlerischen pochten.
Versuchen wir nun aus unsere Art den Weg zu jenem
Doppelziel zu gehen, dabei stets im Auge behaltend,
daß es sich eben in der Tat um ein zwiefaches Ziel
Handelt, daß sowohl ein schöpferischer als auch ein
praktischer Künstler herangebildet werden soll.
Wir werden zunächst nach dem Rohstoff fragen, der
unserer Erziehungsarbeit zu Gebote steht, nach den
Voraussetzungen, unter denen wir zu bilden, nach den
Gegebenheiten, an die wir unsere Forderungen an-
zuknüpfen Haben. Wir müssen ganz allgemein zunächst
die Frage lösen: Woher kommt Kunst, aus welchen
Voraussetzungen wird sie. Dann erst: Wie wird sie
diesen Voraussetzungen abgewonnen.
Als erste dieser Voraussetzungen haben wir die N a-
turkraft, die ursprüngliche Begabung, die künst-
lerische 2ntuition des Einzelnen. Dann wäre zu be-
trachten das Verhältnis der Kunst, die Sinnensache,
die ein Komplex von Sichtbarkeiten ist, zum Aller-
sinnenfälligsten, allüberall Sichtbaren, zur Natur-
wirklichkeit. Schließlich unterläge unserer Erörter-
ung das Verhältnis der Kunst, die wir jetzt wollen, die
der Tag, das Heute von uns verlangt, zu dem was aus