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Esswein, Hermann; Münchner Bund
Flugschriften des Münchner Bundes: Kunstpädagogische Anregungen: Vortrag gehalten an der Münchner Kunstgewerbe-Schule, am 19. Mai 1919 — München: Bruckmann, Band 6.1919

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Kampf der Anregungen und Gegenanregungen, aus
denen die Notwendigkeiten der Praxis dann ganz
von selber die richtige Mittelachse herauskristallisie-
ren werden.
Ich Hatte versprochen, Ihnen einen Weg zur Kunst
zu zeigen, der zugleich ein Weg zum praktischen Er-
folg, zur wirtschaftlichen Sicherheit des Werkkünstlers
und zur wirtschaftskulturellen Förderung unseres Ge-
bietes sein sollte. Ich brauche bei diesem Punkt nicht
mehr allzu lange zu verweilen, denn in der Freizügig-
keit und richtungslosen Duldsamkeit meiner An-
regungen liegt schon der Kern der Frage gelöst.
Indem ich von einer einseitigen Pflege der Intuition
abrate, auf die Erwerbung eines Mehrwertes an posi-
tivem mit auch durch Naturstudium zu befestigendem
Können Hindränge, auf einen Überschuß, auf den der
gefchmacksgebildete Begabte dann ganz von selbst
wieder verzichten wird, wo er ihn nur kunststörend ge-
brauchen könnte, erreiche ich eine wirtschaftliche Sicher-
stellung des Zöglings, der so im Notfall auch zu ein-
facher Brotarbeit, zu irgend einer Behelfsbetätigung
erkge Jahre hin-
A von hier als an-
d empfindungs-
z- rd, der sollte doch
hüten mag, den
lt ihr zu beflecken,
rben haben, auch
irgend ein Ding
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rszuführen, weil
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"Sozialisierung
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an schulmäßiges
md Normalk-
m von da aus
Zchundaustrags

glasung —, eine große Menge anderer aber wird un-
willkürlich zu Formulierungen gelangen, die in irgend
einem Punkte doch wieder historisch fundiert sein wer-
den, und diese vielleicht eine Stufe schwächeren, durch-
schnittlicheren, nicht gerade idealen Lösungen dürfen
wir keineswegs von der Hand weisen, keineswegs
ohne Würdigung, ohne Förderung lassen.
Die Beschäftigung mit den universellen stilistischen
Traditionen, wie ich sie mir als Lehrzweig denke, hätte
also ein stark expressionistisches Gepräge. Sie müßte
darauf ausgehen, gleichsam die Formel frei zu be-
kommen aus der komplizierten Rechnung, die ein
historischer Stil bedeutet. Um zu verstehen, was ich
meine, erinnern Sie sich etwa an die Lithographien von
Walser. Da hieß die komplizierte Rechnung Rokoko
und die Formel heißt Walser. So könnte ich mir
denken, daß aus den verschiedenartigsten Provinzen
stilistischer Tradition, vorsichtig geleitet, Talente her-
vorwüchsen, die neu, ganz eigen, ganz unserer Zett
wären und doch innen stünden in der heilig-geheimnis-
vollen Kette, die von Ahnen zu Enkeln verläuft. Unsere
gesamte jüngste Kunst, eben die früher genannten alle —
modernsten stilistischen Tendenzen, soweit sie nicht eh-^
bärmlicher Modesnobismus sind, stehen heute in st^-r
selber gehemmt, vergrübelt zerfallen mit der ästhetischeh.
Vernunst, die gerade der Werkkunst A. und O. — na«^ ^
scheinphilosophischen Theorien gerichtet, anstatt na>^
Zwängen der Kunstsinnlichkeit. Sie sind immer mef^ p
oder weniger errechnete Exempel zu irgend einer ästhih
tischen Theorie — sie können aber über Nacht erstam
lichesLeben gewinnen aus ihrer werkkünstlerischen Ar h—
wendung — etwa auf Probleme der religiösen Kuns
und ich glaube, wir erwecken sie nie zu diesem Leber h--^
ohne umfassende, eigenartige, der Methode nach gewi^-
noch sehr klärungsbedürstige Heranziehung des histch-s
risch stilistischen, besonders auch des ethnographisch,
stilistischen Gesamtkomplexes.
Bin ich mit diesen Ausführungen vielleicht auch nich^
von Ihnen allen verstanden worden, so doch sicherlich
von IHren Herren Lehrern, die in manchem mit mir ein
verstanden, kn vielem auch anderer Meinung sein wer h"
den. Ich freue mich auf die fruchtbaren Auseinanders-
setzungen, denn sie werden in jedem Falle, wer auch-
theoretisch Recht behalte und was dann auch beschlösse;
und geübt werden möge, Ihnen zugute kommens
Handelt es sich doch hier nicht darum, nach Al^?
bureaukratischer Schulfüchse eine unfehlbare MeU,
thode aufzustellen, sondern um einen frisch-fröhliches


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