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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.17995#0144

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DIE FORM / MONATSSCHRIFT FÜR GESTALTENDE ARBEIT
mahl aus „Macbeth“ (Abbildung 17) ab, das wir im Zusammenhang mit Gutzeits Entwurf (Abbildung 18) bereits er-
wähnten. Als seitliche Abdeckung des Proszeniums benützt Schumacher Vorhänge, dann öffnet sich die Mittelbühne
in einem Bogenpaar. Hier ist der Schauplatz. Arkaden gruppen im gleichen Rhythmus auf hohen Pfeilern füllen den
Raum und geben ihm ohne künstliche perspektivische Verkürzung außerordentliche Tiefenwirkung. Auch hier ist
das Licht der Vermittler von Farbe und Stimmung.
Hans Strohbach ist künstlerischer Beirat der Berliner Volksbühne. Seine Skizze zu „König Lear“ (Abbildung 36)
in der Szene „Vor Gloster“ ist von malerischem Reiz. Die stark geböschte praktikable xAnhöhe zur Linken mit den
Wächtern gibt Gelegenheit zu wirkungsvoller Bewegung. Rechts auf der Mittelbühne, durch den Verlauf der Anhöhe
in die Tiefe gedrängt, liegt wie eine Tunnelmündung der Eingang zur Burg, unheimlich und ins Ungewisse führend.
Ein Bühnenwerk, das in seiner ahistorischen Gestaltung außerordentlich reizvoll ist.
Otto Völckers, München. Zu dem Tristandrama von Albert Geiger hat Otto Völckers reizvolle Bühnenbilder
entworfen. Abbildung 40 zeigt Tristans Schiff. Von Bayreuth sind wir gewohnt, auf den Bühnen diese Szene senkrecht
zum Zuschauer zu sehen. Gemeinhin wird nämlich auf der Vorderbühne das Zelt Isoldens durch Vorhänge ab ge-
grenzt, und erst wenn die Tücher sich öffnen, erblickt man das Heck des Schiffes mit Tau werk und Steuer, Schiffs-
knechten und Mannen. Ein peinlicher Anblick, den nur die Gewohnheit erträglich macht. Völckers stellt das Schiff
in die Seitenansicht auf das Theater derart, daß nur der Reeling über die Rampe hervorragt, dazu der Mast, ein Stück
Segel und das Steuer. Isoldens Zelt steht in der Mitte der Bühne, unmittelbar hinter dem Mast. Der Vorgang der
Bewegung des Schiffes kann durch ziehende Wolken auf dem Rundhorizont hervorgerufen werden.
Übrigens liegt diese Lösung, obwohl sie unseres Wissens noch auf keiner Bühne erprobt ist, in der Luft; das Mün-
chener Theatermuseum besitzt seit Jahren einen Entwurf von Kurt Gutzeit, der den gleichen Weg beschritten hat.
Von Walter von Wecus, der für Theater in Düsseldorf, Bonn und Altenburg Bühnenbilder schafft, zeigen wir drei
Arbeiten, welche die starke Künstlernatur und zugleich ein tiefes Einfühlen in das dramatische Werk erkennen lassen.
Wir haben oben schon auf die Szene zu „Ein Geschlecht“ von Fritz von Unruh (Abbildung 21) hingewiesen, als wir Reig-
berts Entwurf betrachteten. Wecus gibt mehr Luft und Himmel und nimmt dadurch schon dem Bilde die beklemmende
Schwere. Die strengen Architekturformen erwecken auch in seinem Entwurf die Vorstellung von dumpfer Verzweif-
lung. Zugleich aber dringt mit dem Licht der hinter diesem Golgatha aufsteigenden Sonne ein Schimmer von Er-
lösung und Versöhnung zu uns.
In der Dekoration zum „Käthchen von Heilbronn“ (Abbildung 37) ist der Grad von geschichtlicher Treue des Bildes
gewahrt, welcher zum Verständnis des Stückes unbedingt notwendig ist. Die Architektur erinnert an die Veduten
auf Bildern des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Die Farbengebung, in der ein leuchtendes Blau und ein blendendes
Gelb den Hauptakkord bilden, ruft die Romantik der Entstehungszeit des Dramas ins Gedächtnis mit den stark kolo-
rierten lithographischen Drucken und der Lasurmalerei der Nazarener. Bühnen technisch ist der Entwurf ohne weiteres
klar: die Dekorationen sind gemalt, gebaut ist nur die große Rampe, die zum Schlosse führt.
Vollkommen unwirklich und unter Verzicht auf jede naturalistische Form ist die Dekoration zu Wedekinds „Früh-
lings Erwachen“ (Abbildung 29). Vor einem schwarzen Grund steht ein Gerüst aus Latten, das sich erst nach einiger
Betrachtung aufklärt. Braune Fensterkreuze, die irgendwo in schiefem Rahmen sitzen, geben sich als Bestandteile von
Häusern zu erkennen. Violette Laubsägearbeiten mit grünen Dornen, sensenförmigen Hacken und weißen Trieben
werden als Bäume langsam verständlich. Unten in der Mitte sproßt ein zackiges Gewächs, und eine grüne Dreieck-
reihe mag Gras und Kräuter bedeuten. Feindlich grüßen sich die zum symbolischen Ornament gebildeten Naturformen;
sie liebkosen und verwunden sich zugleich. Es ist schwer, mit lebenden Menschen vor diesem Prospekt zu spielen.
Hans Wildermann, Dortmund, verdankt die deutsche Bühnenkunst eine Reihe musterhafter Inszenierungen be-
sonders zu den Werken Richard Wagners. In Abbildung 13 zeigen wir einen neuen Entwurf zum ersten Bilde des
„Fliegenden Holländer.“ Wildermann geht hier allen naturalistischen Bildungen von Meeresküste und Felsen aus
dem Wege. Auf der ebenen Vorderbühne erhebt sich ein dreistufiger Aufbau, der in der Mittelbühne in zwei weiteren
Stufen aufstrebt, hier schon ein stark stilisiertes Felsstück trägt und rechts und links in kristallinischen Bildungen
auf prismatischen Unterbauten endet. Eine auf mathematische Formen gebrachte Klippe steht hochragend dahinter
vor dem Horizont. Dalands Schiff taucht mit den Masten eben über die Aufbauten herauf. Das Fahrzeug des Hollän-
ders liegt symmetrisch dazu mit glühend roten ausgespannten Segeln. Die Schiffskörper selbst bleiben unsichtbar.
Als Vorderabschluß der Bühne steht eine Spitzbogenmaske.

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