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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

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Völz, Horst: Zu einigen Zusammenhängen zwischen Informationstheorie, Informationsverarbeitung, Ästhetik und Formgestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0055
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können Menschen hierauf oft befriedigende Antwort geben. Hier
scheint ein wesentlicher Unterschied zwischen menschlicher und
technischer Informationsverarbeitung zu liegen. Er entspricht
im wesentlichen wahrscheinlich den verschiedenen Oualitätsstufen
des Get ragenen .

Im engen Zusammenhang mit diesem Problem stehen die schon aus
der Antike bekannten Antinomien. Ein besonders einfaches Bei-
spiel ist dies: Ein Friseur erhält von seinem Kommandeur den Be-
fehl, alle jene zu rasieren, die sich nicht selbst rasieren.
üer Auftrag erscheint vernünftig. Doch was macht der Friseur mit
sich selbst : Rasiert er sich, so rasiert er gegen den Befehl
einen der sich selbst rasiert. Tut er es nicht , so handelt er
ebenfalls gegen den Befehl, denn er rasiert einen nicht , der
sich nicht selbst rasiert. Aus diesem Widerspruch ist prinzipi-
ell nur herauszukommen, wenn die Anwendung des Befehls auf sich
selbst (dem Friseur) ausgeschlossen wird.

Dieses Problem wurde in der mathematischen Grundlagenforschung
in ähnlicher Weise 1932 von Gödel gefunden. Eine öinfache Dar-
stellung enthält /13/. Gödel konnte zeigen, daß es in der
Zahlentheorie Aussagen gibt , von denen nicht bewiesen werden
kann, ob sie falsch oder richtig sind. Dies löste eine Krise
der Mathematik aus. Heute kennt man die wesentlichen Ursachen
ohne sie direkt beheben zu können. Ober die Richtigkeit von
Aussagen in einem hinreichend komplexen System kann eben nicht
aus dem System heraus, sondern nur in einem übergeordneten ent-
schieden werden. (Entspricht der Selbstrasur des Friseurs).

Dies steht wahrscheinlich wieder in Beziehung zu den Oualitäts-
stufen des Getragenen. Und hier liegen damit auch wesentliche
Grenzen der klassischen Informationstheorie und -verarbeitung.
Deshalb kann hier nur der Mensch, nicht aber der Rechner Ent-
scheidungen treffen. Es hat den starken Anschein, daß für alle
Grundfragen der Ethik und Ästhetik eine Entscheidung mittels
des Rechners prinzipiell nicht möglich sein wird. Hieran ist
immer zu denken, wenn wir Rechner für solche Probleme einsetzen.
Dies ändert aber andererseits nichts daran, daß sie für viele
Teilaufgaben aus diesen Gebieten Hervorragendes zu leisten ver-
mögen. Beispiele hierzu zeigt immer wieder die Künstliche Intelli-
genz. Wir müssen diese Grenzen begreifen und berücksichtigen.

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