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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

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Wittwer, Bernhard: Einige neurobiologische Aspekte der Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0126
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gemutetseins der verschiedenen Menschen gegenüber demselben Ge-
genstand. Es handelt sich also um eine im wahrzunehmenden Gegen—
stand gegebene Veranlassung für eine subjektive, grundmustermä-
ßig bedingte Stellungnahme des wahrnehmenden Menschen. Aus die-
ser Theorie heraus ergibt sich eine Nähe zwischen Ästhetik und
Kunst. Wenn Kunstwerke zunächst aufgrund von Wahrnehmungen und
auf Wahrnehmungen hin entworfene Verwirklichungen von Weltan-
schauungen sind, benötigt die Kunst zur Verwirklichung ihres Er-
kenntnischarakters die Ästhetik als allgemeine Wissenschaft, um
da.s Wahrzunehmende optimal wirkend wahrnehmbar zu machen. Dabei
ist auf den doppelten Bezug hinzuweisen, daß sowohl der Künstler
als auch das Publikum wahrnimmt.

5. Ästhetisches und Gefühle

Die Antworten, die die Fragen nach einer Abgrenzung des Ästheti-
schen von den Gefühlen in der gegenwärtigen Diskussion finden,
spiegeln die Uneinheitlichkeit wider, die die psychologischen
und ästhetischen Bemühungen durchziehen. Wo nur immer das Ästhe-
tische gesucht werden kann, hat die ästhetische Forschung das
Ästhetische zu finden geglaubt. Es sind besonders drei verschie-
dene Theorienkomplexe, die für solche Erklärungen in Betracht
kommen: Das Ästhetische wird 1. im Menschen, 2. im Gegenstand
oder 3. in der Beziehung zwischen beiden gesehen. Während im
zweiten Theorienkomplex das Ästhetische in den Gegenstand hin-
einverlegt wird, geht der erste Komplex davon aus, daß ein wohl-
gefälliger Gegenstand Wohlgefallen auslöst, dieses aber nicht in
sich hat. Damit ergibt sich ein Grund gegen die Allgemeingültig-
keit des Ästhetischen. Es gibt verschiedene Gründe, auf die man
den dritten Theorienkomplex zurückführen kann. So kann das Ästhe-
tische etwa in einer bestimmten Art der Verursachung, im Wechsel-
verhältnis, zu suchen sein.

Da von den psychologisch orientierten Ästhetikern häufig der erste
Weg beschritten wird, bleiben die anderen Komplexe hier unbe-
rücksichtigt. Im wesentlichen besteht der erste Komplex darin,
ein bestimmtes Gefühl aufzuzeigen, das charakteristisch für das
Ästhetische wäre. Es ist merkwürdig, daß bis zur Gegenwart nicht
nur von den psychologischen Ästhetikern,sondern auch von vielen
Psychologen von ästhetischen Gefühlen gesprochen wird. Diese

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