24 I. Filippo Brunelleschi (1377—1446).
Fassade als Rustika gelassen, die einzelnen Ouadern von erdrückender
Schwere. So sehr man aber die Anstrengung suhlt, die es kostete, die
Wand aufzutürmen, so sehr sühlt man, daß der Geist Herr blieb über
die Masse. Die große Unregelmäßigkeit der Rustika ist sehr überlegt
— das unregelmäßige Netz der Fugenlinien, die als tiefe Schattenstriche
wirken, macht aus dem erdrückenden Fassaden körper die Fassaden-
fläche, die ein Streben nach endloser Fortsetzung in sich trägt — dem
ja auch hier die Nachwelt sich tatsächlich nicht entziehen konnte, bis
durch die symmetrische Silhouette Konzentration undBeruhigung herein-
gebracht war — in gewissem Sinn eine Abschwächung des ursprünglich
Gewollten, die Konzession an ein entgegengesetztes Kunstempfinden.
Im Erdgeschoß öffnen sich riesige Toreh auf der zweiten, vierten,
sechsten Achse, durch riesige Keilsteinbogen vor der Zermalmung ge-
schützt. Dazwischen stehen unbetonte rechteckige Fenster. Sämtliche Fen-
ster der Obergeschosse sind als ebensolche Tore gebildet, sie öffnen sich
gegen Balkons, die auf relativ kleinen Stockwerkgesimsen schwach vor-
tretend über die ganze Breite der Fassade durchgeführt sind. Ihre
Brüstung, die der normalmenschlichen Brüstungshöhe entspricht, bilden
dicht gestellte jonische Säulchen, wie sie gleichzeitig 1441 im inneren
Umgang der vomkuppel als Brüstung auftreten, vorher schon in der
Lapella Pazzi (als Vorhallenabschluß); eine gleiche Brüstung steht jetzt
sinnlos über dem Hauptgesims, vielleicht war ursprünglich ein stark
schattendes Sparrendach beabsichtigt. Die Valkontore blieben ohne Miche-
lozzos Mittelsäulchen, aber Pilaster in der Fensterleibung lassen darauf
schließen, daß Mittelsäulen auch hier beabsichtigt waren, daß sie einen
Architrav und dieser erst die Maßwerkbogen aufnehmen sollte, wie es
Alberti nachher am Palazzo Ruccellai ausgesührt hat.
Michelozzo war Brunelleschi gefolgt, jetzt folgte Brunelleschi dem
Michelozzo, steigerte aber dessen Fassadenkomposition zum Ausdruck
höchster Macht und Gewaltsamkeit. Die Fassade ist absolut schmucklos,
absolut eintönig, absolut selbstbewußt, hat Brunelleschi wirklich diesen
Bau gemacht, der so anders wirkt als seine anderen Bauten, so hat
auch er die beiden Richtungen in seiner Brust vereinigt, das Streben
nach organischer Klarheit, nach dem Glücksgefühl harmonischer Endlich-
keit und das entgegengesetzte Streben nach ungegliederter flächenhaster
Ausbreitung, welche die Phantasie reizt, die Sehnsucht nach dem Un-
endlichen weckt, die den Einzelnen, Endlichen zu erdrücken sucht h.
1) Später vermauert und durch Fenster ersetzt, ein Schicksal ähnlich dem
des Palazzo Medici.
2) Vie Tradition, daß Brunelleschi den Pittipalast entworfen hat, ist
Fassade als Rustika gelassen, die einzelnen Ouadern von erdrückender
Schwere. So sehr man aber die Anstrengung suhlt, die es kostete, die
Wand aufzutürmen, so sehr sühlt man, daß der Geist Herr blieb über
die Masse. Die große Unregelmäßigkeit der Rustika ist sehr überlegt
— das unregelmäßige Netz der Fugenlinien, die als tiefe Schattenstriche
wirken, macht aus dem erdrückenden Fassaden körper die Fassaden-
fläche, die ein Streben nach endloser Fortsetzung in sich trägt — dem
ja auch hier die Nachwelt sich tatsächlich nicht entziehen konnte, bis
durch die symmetrische Silhouette Konzentration undBeruhigung herein-
gebracht war — in gewissem Sinn eine Abschwächung des ursprünglich
Gewollten, die Konzession an ein entgegengesetztes Kunstempfinden.
Im Erdgeschoß öffnen sich riesige Toreh auf der zweiten, vierten,
sechsten Achse, durch riesige Keilsteinbogen vor der Zermalmung ge-
schützt. Dazwischen stehen unbetonte rechteckige Fenster. Sämtliche Fen-
ster der Obergeschosse sind als ebensolche Tore gebildet, sie öffnen sich
gegen Balkons, die auf relativ kleinen Stockwerkgesimsen schwach vor-
tretend über die ganze Breite der Fassade durchgeführt sind. Ihre
Brüstung, die der normalmenschlichen Brüstungshöhe entspricht, bilden
dicht gestellte jonische Säulchen, wie sie gleichzeitig 1441 im inneren
Umgang der vomkuppel als Brüstung auftreten, vorher schon in der
Lapella Pazzi (als Vorhallenabschluß); eine gleiche Brüstung steht jetzt
sinnlos über dem Hauptgesims, vielleicht war ursprünglich ein stark
schattendes Sparrendach beabsichtigt. Die Valkontore blieben ohne Miche-
lozzos Mittelsäulchen, aber Pilaster in der Fensterleibung lassen darauf
schließen, daß Mittelsäulen auch hier beabsichtigt waren, daß sie einen
Architrav und dieser erst die Maßwerkbogen aufnehmen sollte, wie es
Alberti nachher am Palazzo Ruccellai ausgesührt hat.
Michelozzo war Brunelleschi gefolgt, jetzt folgte Brunelleschi dem
Michelozzo, steigerte aber dessen Fassadenkomposition zum Ausdruck
höchster Macht und Gewaltsamkeit. Die Fassade ist absolut schmucklos,
absolut eintönig, absolut selbstbewußt, hat Brunelleschi wirklich diesen
Bau gemacht, der so anders wirkt als seine anderen Bauten, so hat
auch er die beiden Richtungen in seiner Brust vereinigt, das Streben
nach organischer Klarheit, nach dem Glücksgefühl harmonischer Endlich-
keit und das entgegengesetzte Streben nach ungegliederter flächenhaster
Ausbreitung, welche die Phantasie reizt, die Sehnsucht nach dem Un-
endlichen weckt, die den Einzelnen, Endlichen zu erdrücken sucht h.
1) Später vermauert und durch Fenster ersetzt, ein Schicksal ähnlich dem
des Palazzo Medici.
2) Vie Tradition, daß Brunelleschi den Pittipalast entworfen hat, ist