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NS-Frauen-Warte: die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift — 4.1935-1936

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Heft 25
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https://doi.org/10.11588/diglit.26619#0997
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Heil- und bewürzkräutei
in derHand der Hausfrau

von 77iartha 9chmiöt-Theile




von alters her lst die Zrau die helferin der leidenden Menschen und die Letreuerin der in ihrem haurhalt Lebenden
gewesen, oon jeher war deren wohl ihr anvertraut und von jeher hat er vor allem die deutsche Zrau oerstanden, vorbeu-
gend und auch heilend den Zhren zu dienen. Sie kannte die heilsamen hlräuter und ihre wirkung auf den gesunden und
kranken tLörper. Sie wuszte die wildwachsenden, in deutschen Gauen heimischen zu finden. Lin groher Stück deutscher t<ultur-
geschichte wird in unr lebendig, wenn wir in mittelalterlichen tlräuterbüchern blättern, die so anschaulich oon der wirkung
der vielerlei tiräuter berichten. Gewichtige Lchlüsse aus die klnschauung jener Zeit in iLrankheitrdingen aber auch auf die
ktggiene sind möglich, wenn vielfach Salben und Wässer gegen tLrähe, böse Geschwüre, Läuse, podegra genannt werden.
Natürlich werden auch unfehlbare Lchönheitsmittel angepriesen, wie beispielrweise Leinkraut oder Zrauenflachs, dessen 51b-
kochung gegen Unreinigkeiten im Gesicht und am blörper hochgepriesen wird, ein mittelalterliche; tiräuterbuch besagt dar-
über: „es gehöret für da; stolze Zrauenzimmer" und ähnlich wird von Matthiolur das Mehl von Sohnen als teintverbessernd
gepriesen, er sagt wörtlich: „es reinigt die haut — man macht daraus eine sehr köstliche weiberschminke oder — -anstrich".
Oah aber auch die Lorgen der hausfrau um die Schähe, die die Motten sressen, die gleichen waren wie heute, beweist
Matthiolus Lob auf Sumpsporst, auch wilder Uosmarin genannt: „wilder Nosmarin hat groh Lob, die tLleider zu bewahren
wider die Schaben und Motten". Unsere Grohmütter legten Laoendelsäckchen in ihre Truhen (Laoendel ist ein naher ver-
wandter von Kosmarin) und wir Zrauen oon heute kennen die hübschen stoffbezogenen iLleiderbügel, die mit einem kiiech-
beutelck^en mit getrocknetem Laoendel ausgestattet sind. Lo hat sich das wissen oon der insektenverscheuchenden wirkung
jener starkduftenden iLräuter bis in unsere Tage erhalten.

Natürlich finden wir auch krassen Nberglauben, wenn beispielsweise sichere Mittel gegen Schlangen und eklige; Geschwür
angeboten werden. L; liegt ein tiefer Sinn tn vielen Lräuchen durch die verbundenheit zwischen Schöpfer, Mensch und
pflanze und dem Glauben, der sie oerbindet, gezeigt wird. vielfach kennen wir ja auch heute nur die Tatsache der k)eil-
wirkung einer pflanze, nicht aber die Gründe, aus der sie wirkt. victor k?ugo hat er treffend formuliert: vie Natur kennt
das grohe Geheimnis und lächelt.

wie das als sättigende; Mahl zu geniehende Lemüse gleichzeitig von heilender wirkung ist - auch dafür finden wir
Selege bei mittelalterlichen Nutoren, wie des Matthiolus vorschrift zur Zubereitung de; Spargels: „man siedet die jungen
Spargen in wein, bereutets mit essig, salz und öl oder butter. klllso erweiche sie den bauch und treiben den harn". Nuch
wir heutigen kennen diese harntreibende wirkung des Spargels, dessen Genuh vielfach auch heute verordnet wird bei
Blasenkatarrh, Nieren- und Blasensteinen, der somit nicht nur eine „liebliche Lpeis für Leckermäuler" sondern auch ein
wohlschmeckendes vorbeugungs- und heilmittel ist- diese Tatsache wird immer noch viel ;u wenig beachtet, wenn man
den Spargel als „zu teuer" schmäht.

Leider ist aber ein anderes, bei uns oiel angebautes Gemüse ihn seiner vorbeugenden und heilenden wirkung kaum be-
kannt, es ist die Lohne. Sowohl die puffbohne, die schon in oorchristlicher Zeit bei uns angebaut wurde, als auch die im
16. Zahrhundert nach der Lntdeckung klmerikas ;u uns gekommene Gartenbohne ist in hülsen und Schalen reich an Niesel-
säure, deren wirkung gegen die Zolgezustände der Gicht schon paracelsu; erkannte. Lin neuzeitlicher Nrzt sagt darüber
wörtlich folgendes: kein anderes Mittel ist nur annähernd imstande, die harnsäurebildung im Nörper so zu hemmen und
Nblagerungen aufzulösen. wie es bei Vohnenschalen-Nbkochungen der Zall ist, 2—Z kfändevoll getrockneter Schalen
sollen mit wasser 3—4 Stunden so lange kochen, dah etwa l,— ^ Liter entsteht, soll tagrüber wie kalter Lee getrunken
werden Zür uns Zrauen von heute wird es sich eben wie bei den Zrauen, die vor Zahrhunderten und Zahrtausenden lebten,
darum handeln, die oorbeugende und heilende wirkung der pflanzen zu kennen, sie bei drohender Nrankheit einzusetzen
al; Tee, packung, Ladezusah, Salben sie aber vor allem auch als frisches Nraut und frisches Gemüse einzubeziehen
in die tägliche Nost und so zu unserem Teil beizutragen, dah längst nicht genügend ausgewertete Lrzeugnisse heimischen
Sodens die oerdiente Veachtung finden.

würzkräuter sind nicht nur als geschmackgebender sondern auch als aufwertender Zusatz zu Speisen zu betrachten.
Varum sind sie in frischer Zorm am oorteilhaftesten. Sie sollen nicht auf dem holzbrett gewiegt, sondern auf einem por-
zellanbrett fein geschnitten werden. Sie sind un; aber in getrockneter Zorm da; ganze Zahr über zur hand, vorausgeseht,
dah sie etnwandfrei getrocknet und aufbewahrt werden. kfierzu eignen sich vorzüglich Glasbüchsen und Schraubdeckel oder
luftdurchlässige Stoffsäckchen. Sie sind ein vollständiger Lrsah sür ausländische Gewürze, wenn sie vernünftig und mit
weiser Nuswahl angewendet werden. Zür Reform- und Nohköstler sind sie einfach unentbehrlich, oor allem auch für die
Nrankenkost, wenn Salz oder schädliche Gewürze oerboten sind. veshalb verwendet sie auch die viätküche bereits in weit-
gehendstem Mahe. Und zwar nimmt man nicht nur die wie üblich getrockneten Nräuter, sondern auch pulverisierten
Samen, wie beispielsweise gestohenen Noriander ;u Möhren oder pulveiisierten Selleriesamen an Neis und Gräupchen,
Nudeln, Makkaroni. Nhnlich geschmacksaufbessernd aber gleichzeitig alich heilend wirkt in bestimmten Zällen puloerisierter
petersiliensamen. Nlle Nartoffelgerichte gewinnen durch Seigabe oon Nümmel oder Oillsnmen auch in puloerisierter
Zorm. - Vei stillenden Müttern, die am ehesten starke Gewürze meiden müssen, tritt bei verwendung von Villpulver
auch dessen milchmehrende Nraft in wirkung, ebenso wie die vorhergenunnten petersilien- und Selleriesamen wasjer-
ausscheidend und verdauungsfördernd wirken. Nllenthalben finden wir bei verwendung dieser Nräuter, dah engvsr-
bunden mit der würzenden auch ihre heilenden oder vorbeugenden Nräfte in Lrscheinung treten — an der kfausfrau
ist es, stets eine kluge wahl zu treffen, z. B. gelten Spinat, Lrunnenkresse, Brennessel al; gute Blutbildner auher ihren
sonstigen vorzügen. Oiese würzkräuter sind jeht beinahe das ganze Zahr hindurch gebündelt ;u kaufen, sie sind aber
auch mit leichter Mühe im Garten selber heranzuziehen, selbst im Zensterkasten, oiele sind auch wildwachsend zu finden.

phol.: Hönifch / öchmiöt/Theile
 
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