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NS-Frauen-Warte: die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift — 12.1943-1944

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Heft 8
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https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0124
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O rtsgnipptnltiter Frerichi betritt die kleine Bunkerzell« ftr „Mutter und Kind".
„Wir sind wieder dran." Sorze schattet über dai Gesicht seiner Lrtifrauenlschafti-
leiterin, Frau Börner, di« grrade mit ihren beiden Dunkrrbctteuerinnen spricht.
Da! Eine Erschütteruag, die den großen Bunker zum Schwanken bringt. Hier
und da «ird ein Schrei laut. Menschen kommen auf di« Gang« gelaufen. Die
Treppen bevölkern sich. Ruhig klrng« Frau Börner« Stimme: „Wir bleiben all«
in unsrren Zrllen! Unser Bunker hält!" Sorgsam geleitet sie hier «ine Muttrr
mit ihren Rindern in den Raum zurück und beschwichtigt dort ein« alte Frau. Neu«
Detonationen. Sehr ruhig gehcn Frau BSrner und ihr« Kameradinnen »on Raiun
zu Raum. Wo di« Bomben gefallen sind? Man weiß «r noch nicht. Lber wenn
oine Feuerpause eintritt, wird Bescheid kommen.

Cin rrschütternder Anblick bietet sich drm Ottigruppenleiter und seiner Orti-
frauenschaftileitenn, alt si« in der Feuerpause auf dir Straß« tttten. Zuckender
Feuerschein stebr über dtt Stadt. Dtt Skurm greift in die Flammen, wirft sie
»on Haut zu Haut, auf die Straßen, in da» Wasstt, an dem di« Häustt stehen.
Hirr ist Rettung fast autsichttlo». Und hier und dort Spwngbombenttichttt, gei-
sttthaft beleuchttt vom Widrrschein der Brände. Dietmal wird dat Leid an kei-
nem Hause der Ortigruppe vorbeigehen. Der Orttgruppenleirer will im Bunktt
bleiben, «ill di« Menschen »orsichtig »orbettittn. Frau BSrn« eilt in die Ber-
gungtstelle. Männer und Frauen d« Cinsahtrupp», der Feuerwehr, det Roten
Rreuzet sind schon an der Arbeit. Frau BSrntt faßt schnell mit zu, alt ein: »tt-
letzte Frau aut einem Haus« geholt wied. Dann nimmt s!c «ine Mutter mit zwei
Kindern, di« sie vor einem «ingestürjttn Hause antrifst, mit. Wi« mag die Ber-
gungtstelle autsehen? Einig« Frauen »om Cinsadttupp überholen sie. Cine neue
Welle »on Feindflugjrugen fliegt an. Schnell liefert Frau BSrner ihre Schlltz-
linge im nächsten Bunker ab und eilt weiter. Gott sei Dank, der Hauptttil der
Bttgungtstellt steht. Scheiben und Türen fehlen. Licht ist nicht da. Wasser auch
nicht. Aber man hat d« Kochkessel, man hat den großen Lßraum.

Al» Cntwarnung gegeben «ird, sind im Rerjenschein schon hundertt »on Butttr-
broten gestrichen, dampft d« Tee in den Kesseln und wird sogar schon für eine
warme Tagetverpflegung »orgesorgt.

Kerner der Frauen und Männer, die hier im Tinsatz stehen, weiß etwat üb«
dat Sckiicksal det eigenen Hauset. Allet Persönliche ist belanglot geworden »or
dem größtten Leid, dem ein jeder »on ihnen jetzt mit tapferem .H«r»en rntgegen-
ttettn muß und will. Wir wollen unt davor hüten, dieset Mer-sich-selbst-Hinaut-
wachsen durch groß« Worte zu jerklem«».

Der Orttgruppenleittr bringt Frau Börner die Nachricht, daß ihre Wohnuiig,
di« si« sich erst kürzlich wieder «inzerichttt hat, »rrnichttt ist. Aber di« Tochttr —
si- hattt Telefondienst — ist wohlauf. Einen Augenblick lang schließt Frau Börner
die Augen. Der Mann Soldat, der Sohn gefallen. «ber ihr Nam« «ird ge-
rufen. Ünd nun hat ihre Aufgabe sie gan, wied«. Sie ttösttt, finder Rat und
Autweg, gtleitet diese an «inrn Platz und stttichr hier «inem Kind über dat
Aaar. Sie ist klar und umfichtig in ihren Entscheidungen, al» et am Morgen
gilt, auch in den Bunkern zu »erpflegen, «eil der Raum in der BLkgungisttlle
nicht auttticht.

Sie geht mit der Kttitfrauenschafttleiterin durch Bergungtstelle und Bunker,
si« besucht die Derletzten im DRK.-Bunker und im Rrankenhau«. Sie spricht den
Obdachlosen Mut,u und »erweist R-tsuchende »n dlr richtigen Stellen. Sie be-
rät Derpflegungtdinge mit dem NSD.-Amttleittr, mit dem sie feit ach« Iahren
in dtt gleichtn Sorge um dat Wohl dtt Orttgrupp« zusammenarbeitet. Cin Teil
dtt Siedlung am Meer ist durch W-ss«einwrrkung abgeschnitttn. Dai Wasser-
bauamt stellt »in Motorboot, Pimpfe rufen mit Fanfaren di« mit der Bergung
von Hautrat beschäftig« Bevölkerung jusammcn, und dann wird an drei An-
legestellen »on den Frauen Derpflegung autgeteilt. «m frühen Morgen gibt e,
bcißen Rafftt und belegte Brote. Mittag« «ird die «rst« Warmverpflegung für
alle Geschädigten auigegtben. Frau Börner ist bald hi« und bald da. Sie weiß,
auf ihre Mitarbeitttinnen kann sie sich verlassen. Mit dem Orttgruppenleittr und
allen Pattei- und StaattsteNen henscht «ine gutt Zusammenarbeit. Kompetenz-
schwierigkeiten gibt «t srit den Tenorangriffen nicht mehr. Et heißt jetzt nur n-ch,
in allen Lagen so stur und s» stetig standzuhalteik, wie die D-ichn di'e da, Land
gegen den blanken Han» schützen-

In Frau Sörnttt Orttgrupp« «ird ein reger Briefwrchsel mit den Umquar-
tterttn gepflegt. Für di« Familien, die in der NSH« der Stadt m Baracken «iter-
gebracht srnd, werden di« WohnrLume »ttschönt, wttden gemeinsamr Srunden der
Feitt und dtt Besinnung «eranstaltet. Und wer noch im Oriigruppenbneich wohnt,
dtt ist eingegliedett in dtt feste Not- imd Todgemeinschaft, durch s««e «rbeit und
feinen Emsatz im großen Sefüge, dtt kennt den Otttgruppenleittr und di« Ortt-
frauenschaftileiterin »on Angesicht zu Angesicht und w««ß, daß si« ihnen »oran-
gehen in hatttt, unerbittlichtt Wichtnfüllung alt die politischen Kompanieführer
in dem der Heimat aufgejwungentti Tttrorkampf, und al» gute, getreu« Kame-
raden in Freud und r«id. Martha Stölting

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7!ie »ergesse ich die sorgsam« GebLrde, mit der GroßmtMtt dat feine Meißner
Porzellan in den Wandschran? stelltt.

„Man kann nicht behmsam genug damit umgehen!" pflegte si« dann zu sagen.
Doch et kam der Tag, wo ich mit Mutter »or unserrm bombenzttstörten Hause
stand und grollend meinte: „Dafür hat man nun sein« Sachen so sorgsam ge-
pflegt und behandelt! Denkst du noch an Großrmittttt Meißntt Porjellan? Ich
glaub« noch zu hören, wi« sie „behutsam" sagte! B.'hutsam! Dat scheiett mrr auch
so «in Wort zu sein, daß nicht mehr in unsere Ieit passen will!"

Doch da schütteltt Mutter den Kopf: „Da irrst du, Kind, behutsam ist ein Be-
griff, dtt immer seinen Wert behält. Gerad« heute, in diesen schweren Kriegtzeittn,
ist die Behutsamkeit «twat Unentbehrlichet."

„Aber Mutter, sieh doch nur, wat sie aut all dem gemacht haben, womit wir
seinerzeit so behutsam umgegangen sind!" bemerktt ich bitter. Mutter nicktr: „Da
hast du recht, Kind, mit un» und unsertt Habe ist dtt Feind wahrlich nicht glrmpf-
lich umgegangen! Unstt zerstörte« Gut »erlangt kein« Behutsamkeit mehr. Abrr
bedenk«, die Menschen — mit denen müssen wir heutt, wo jedtt so Schwewt «rlebt
und erttagen muß, doppelt »orsichtig umgehen. Denn Leid macht «mpfindlich und
leicht verwundbar.

Wo immer «t aber Hände gibt, di« grausam zuschlugen und vttnichtettn, da
muß «t auch ander« Händ« geben, bi« li«be»oll und hilfrelch zufassen. Aänd« muß
e« geben, di« zu glätten verstehen, wat spttrig und rauh ist. Solche Zeittn, wie
wir fie erleben, sind eben nur ttttäglich, wenn «iner sie dem anderen mit ttagen
hilft! Wat aber tun dagegen so »iele? Si« erschwenen sich ducch gegenseittge Rück-
sichttlosigkeit nur unnütz dat Dasein. Wievlele gibt «t zum Bttspiel, die sich nicht
in di« Lage ttnet Fliegergeschädigten zu »ersetzrn vermögen. Wieviel Hätte «ntsteht
aut solchem Nicht-verstehen-wollen, wieviel kränkende Lieblosigkeitl Aber wie
dankbar würden «t dirs« lttdgeprüften Menschen empfindrn, wenn man «twat .be-
hutsamer' mit ihnen umgehen würde!

Großmutter war jedenfall» eine prachtvoll« Frau. Die ging nicht nur sorgsam
mit frinem Porzellan um, sondern war auch behmsam mit Menschen. Denn so «in
Menschenherz» Kind, ist npch viel empfindlicher al« selbst dat feinst« Mttßner
Porzellan!" Smada

Lin Bries von -er Front an eine Fliegergeschädigte

Liebet Fräulttn H.I

Tief «rschüttett war ich, alt ich Ihren Bttef nach der Schilderung deS Terror-
angrifft lai. An Ihvem Unglück nehme ich aufrichtig teil, denn Ihr Schmerz ttifft
auch mich. Ich kanntt Ihr schönei Httm, in dem ich für kurze Zeit weilrn durftt,
und nun soll «i nicht mehr sein.

So stell« ich mir viel« Dolktgenossen »or Augen. Ci ist schrecklich. In Rußland
hab« ich «t «ft gesehen. Da war ich gleichgültig, da ttugen wir deu Kampf In
Feindetland. Di« Heimat abrr ist doch dat, «ofür wir kämpfen. Doch, wenn
Brutalität und Gangstertum mit Tettormaßnahmen «t aufnehmen, die untttter-
lich stnd, da kann man nicht «iel Reden machen; denn da» Lttd und der
Schrecken schlaflosn Nächte spricht aui den Augen unzähliger Frauen, Mütter
und Kindtt. Doch da« Blut schreit zum Hiinmel und »erlangt Gerechtig-
ktttl

Uni sind die Ding« bekannt. Kameraden au» Köln, Hamburg, München usw.
wissen zu bettchten. Alt Bombengeschädigte tthielten sie Urlaub. Ich glaubtt, daß
diese Männer bei der Rückkehr »ttzagt und mutlo« sein wllrden „Cltttn, Frau bzw.
Kinder verloren". Neinl Gefaßttt imd verbissentt denn je standen sie am näch-
sten Tag im Graben. Cinst kommt dn Tag! Gnad« Gott den Kriegihetzern! Dw
Heimat, dir auf diese Art und Weise zur Front gemacht wird, steht geschlossener
und fester hinter ihren Söhnen im Felde.

Nicht überall ist der gleich« Geist vorhanden: aber dafllr sind wir Menschen,
daß durch die eigene Schwäche manchrt unbedachtt Wor« «ntschlüpftt Ieder kann
ei nicht schwrigend mit sich heöumtragen. Doch «rrd dirse« Schweivhund, nne wir
e« »ft sagen, überwundrn, und di« Mahnung, die Pflicht ruft, dtt Gedank« an den
Wiederaufbau kehrt zurück. Ich la« Ihr« Zeilen, in d«n«n Si« Ihre Freud« zum
Autdruck brachttn über di« kleinen Geschenke, die bereitt der Anfang fllr den
Avfbau sind. Stolz und heldrnmüttg tragen Si« nun dat, «at geschehen ist. In
Chrfurcht steh« ich »or Ibnen und allen Dolkigenossen, denen derartiget wider-
fahttn nnrßte.

Ct grüßt Sie und Ihre Schwester

N'.
 
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