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Kleine Mitteilungen und Anzeigen

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Unser Lieben Frauen Münster. Von geistlichen Ge-
bäuden in Freyburg kommt am ersten vor das zierliche
Münster zu Unser Lieben Frauen, welches einen vor-
trefflichen und ansehnlichen Turn und nebst diesem noch
zwei kleine Turne hat, davon der einte, so gegen dem
Münsterplatz stehet, einer Stadt Freyburg, hingegen der
andere der Hauptkirchen und dortiger Geistlichen Chor-
präsenz zugehört. Der große Turn ist 513 Nürnberger
Schuh hoch und solle 9 Schuh niederer sein, als der
Turn zu Straßburg.

Dieser Turn samt der Hauptkirche und den 2 klei-
neren Turnen prangeten durchaus von gezierten Steinen,
auch künstlich ausgehauener und durchbrochener Arbeit,
woran überall sich eine Menge merkwürdiger Statuen
und Figuren befindet. Der Turn öffnet den Haupteingang
in die Kirche, und in dessen untersten Teil betrachtet
man eine merkliche Zahl der artigsten und sinnreiche-
sten größeren und kleineren Statuen und Figuren, die
ein herrliches Ansehen machen.

Der Helm dieses hohen Turns ist, wie schon ge-
meldet, überall von durchbrochener Arbeit und achtecket,
an dem jeden Eck, je von 4 zu 4 und '\% Schuh über-
einander die Rosen oder Handhaben von niedergebogenen
Laubwerk sich befinden, durch welche an dem heiligsten
Fronleichnamstag, wenn die gewohnliche solemne Pro-
zession den Anfang nimmt, 6, 8, 10 bis 12 Maurer und
Zimmerleute vom obern Gang bis auf die große Rosen
unter dem Knopf des Turns steigen, allwo sie ganz ge-
raumlich sitzen können.

Herzog Konrad von Zähringen bauete zum Teil das
Langhaus, den Turn aber führte er vollkommen auf,
daran 28 Jahr zugebracht worden, und ginge er endlich
anno 1152 den Weg aller Welt. Hingegen ließe eine
Stadt Freyburg nach verflossenen 200 Jahren den Chor
erbauen. Weil aber dieses große und weitschichtiges
Münster zur Erhaltung gar keine sondere Stiftung und
Fundation hatte, war sie gezwungen, daß sie, als vorher
vom Papst und römischen Kaiser hierzu die angesuchte
Bullen eingelofen, sich weit und breit um Beisteuer be-
werben mußte. Sie erlangte solche nach und nach und
machte also den Anfang, womit am Abend Maria Ver-
kündigung des Jahres 1354 der erste Stein ist geleget
worden. Die Inskription davon lieset man außer dem
Chor und rechter Hand an der Wand, wenn einer von
dem Kreuzgang desselben Chores zu der Tür gegen die
Totenkapell hinausgehet. Es verzöge sich aber die Aus-
führung nur des innern Gebäudes auf die 160 Jahr,
denn das Außerwesen hat auf der Höhe bei weitem
auch noch nicht seine vollkommene Zierde, die doch
dem Schiff oder Langhaus durchaus ähnlich sein sollte.

[Folgen zwei urkundliche Nachrichten über die
Besetzung der Münsterpfarrei.]

Die Hauptpfarrei im Münster zu Freyburg besetzte
die Herrschaft von Freyburg. Von dannen kam sie an
das Haus Österreich; es hat aber dieses Haus solches
Kollaturrecht nach der Hand der Universität zu Frey-
burg vollkommen übergeben, gestalten sie vom Herzog
Albrecht zu Österreich derselben hohen Schul unter
andern milden Vergabungen zur ewigen Besitzung ein-
geraumet worden, sub dato Wienn an sankt Augustins
Tag [28. August] nach Christi Geburt 1456.

Anno 1479 hat Erzherzog Sigmund zu Österreich
im Münster zu Freyburg ein Kollegiatstift aufrichten

wollen, das Vorhaben aber käme nicht zu seiner Reife,
weil sich darin verschiedene Hindernusse ereignet, die
aber auch zum Teil im Jahr 1572 wieder in Vorschein
gebracht worden sind.

Anno 1505 richteten die erzfürstliche Universität
und eine Stadt Freyburg wegen dem neuen Chörlein in
dem Kreuzgang des Münsters und dem äußert besagtem
Chörlein befindlicher Begrabnussen halber einen Vertrag
auf. Dieses Chörlein besitzet berührte Universität noch
auf heutigen Tag, und betrachtet man in selbem ein
künstliches Altarblatt, welches der berühmte Maler Hol-
bein verfertiget hat. Es ist auf Holz gemalt und in
2 Absätze geteilt, dem die einte Seite die Geburt
unseres Erlösers und Seligmachers Jesu Christi und die
andere das Opfer der heiligen dreien Königen vor-
gestellet. Das Archiv der erzfürstlichen Universität
verwahret von den kaiserlichen und kurbayerischen Höfen
noch die Originalschreiben, womit selbe ersucht worden,
daß sie solches kunstreiche Gemälde nur zur Beschau-
ung dahin verschicken möchte, welches auch zu zwei-
maln an kaiserlichen Hof und einmaln nach München
im 16. und 17. Säculo geschehen ist.

Die gedruckte Freyburger Chronik, welche sonst
mannigfaltige Gedichten hat und des Königshoven El-
saßer Chronik angeheftet ist, hat doch in diesem Stuck
sich nicht verirret, indeme das, was darin Pagina 23 und
Pagina 19 begriffen, der Wahrheit gleichförmig kommet.
Sie meldet unter andern folgendes:

„Als nun der neue Chor am Münster zu Freyburg
zum Teil vollendet war, und man den einweihen wollte,
da wurde aus des Herzogs Bertholden V. von Zähringen
erhobenen Grabstein, der zur rechten Seite ob der mitt-
lem Kirchentür stund1, der Fronaltar aufgerichtet und
samt diesem der neue Chor konsekrieret, als man zählte
1513 am Montag vor dem Tag der unbefleckten Em-
pfängnus der Mutter Gottes Maria, und als man erst-
bemelten Herzog Berchtolden V. in dem Gewölbe unter
dem erhobenen Grabstein noch ganz bei einander fände',
legte man seine Gebein und Aschen, wie denn er ver-
währet gewesen und vom Luft zerfallen, wieder in ein
Sarg und ließe ihne da liegen, wo er, wie die Wort
lauten, noch lieget. Er hatte auch an seinem Hals ein
Säcklein, darin ein Zettelein gelegen, in welchem der
Tag und die Jahrzahl seines Absterbens, nämlich der
14. Februar anno 1218 aufgezeichneter ist gefunden
worden."

Als Bischof Rudolf zu Lüttich, eheleiblicher Sohn
Herzoges Konraden von Zähringen, fast gegen dem Ende
des 12. Säculi das Haupt des heiligen Märtyrers und
Bischofs Lamberti dem Unser Lieben Frauen Münster
vergäbet und aber selbes zu Freyburg über 300 Jahr,
wie erst besagte Frey burger Chronik Pagina 19 lehret,
nicht sonderlich geehret und wohl gar unbekannt da
gelegen ist, wurde es endlich durch Hilf vieler andäch-
tigen Leuten kostbar mit Silber geziert, in ein Brust-
bild gefaßt und am heiligen Ostertag [16. April] des
Jahres 1514 mittelst einer Prozession zum erstenmal um
das Münster getragen.

1 „Ist der Ort wo jetzt der Taufstein stehet", bemerkt dazu
Maldoner.

- „Nach der Tracht, auch Form und Größe, wie er an ihm
gefunden, ist die Statua gemacht worden, welche am Taufstein
zwischen zweien Beichtstühlen stehet"; Maldoner.

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