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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 3.1907

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Baumgarten, Fritz: Die Wasserspeier am Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2398#0011
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Baumgarten, Die Wasserspeier am Freiburger Münster

Abb. 20. Ornamentfries an Pfeiler 3.

Seiten und die Front samt den hier sitzenden Speiern offenbar, als man zu Beginn des 15. Jahrhunderts
in spätgotischer Zeit eine Erneuerung erfahren haben die benachbarten Speier und Gesimse erneuerte, die
(Abb. 20). Zwischen der erstmaligen Vollendung die- Speier noch so gut imstande, dass man sie an ihrem
ser Strebepfeiler und ihrer Erneuerung dürften, dem Platz beließ und nur die seitlichen Gesimsplatten an
Charakter des spätgotischen Laubes nach zu schließen, diesem Pfeiler auswechselte. Etwa 100 Jahre später
lOOJahre verstrichen sein, so dass wir als Entstehungs- waren aber auch an Pfeiler 5 die Speier schadhaft:
zeit der obern Speier an den Pfeilern 3—5 und /// man ersetzte sie, ohne gleichzeitig auch die Gesims-
bis V den Anfang des 15. Jahrhunderts anzunehmen platten zu erneuern, durch sehr geringe späte Speier,
hätten. Warum diese Erneuerung sich nicht auch auf die man plump mit starken Eisen an den alten Gesims-
die Pfeiler 1, 2, 6 und/, //, VI erstreckte, erscheint steinen festmachte, unbekümmert darum, dass nun
sehr befremdend. Ästhetische Gründe, die gerade bei jedes der Speiertiere sechs statt vier Beine erhielt,
den Pfeilern 3—5 und 1/7—V eine Modernisierung Gerade der eigentümliche Zustand oben an Pfeiler 5
ganz besonders nahe gelegt hätten, sind nicht auf- scheint mir dafür zu sprechen, dass die Pfeiler 3—5
findbar. Wir werden wohl annehmen müssen, dass und///—Fsämtlich schon in frühgotischer Zeit einmal
man sich an den drei mittleren Pfeilerpaaren im mit Gesims und Speiern versehen worden waren und
Material vergriffen hatte, während die älteren Speier dass der jetzige Zustand von einer Restauration des
und die an den Pfeilern 6 und VI samt ihren Ge- 15. Jahrhunderts herrührt. Diese Erneuerungsarbeiten
simsen aus Material von bewährter Widerstandskraft werden sich durch eine längere Reihe von Jahren
hergestellt worden waren. Dass man die Gesimse nur hingezogen haben, denn so recht aus einem Guss
seitlich und an der Front, nicht aber auch an der sind diese spätgotischen Ersatzspeier mit nichten.
Rückseite erneuerte, erklärt sich aus dem Umstand, Ein ganz anderer Geist beseelt diese in spätgoti-
dass bei Auswechslung der hinteren Gesimsplatten scher Zeit restaurierten Speier. Die Formengebung ist
sehr leicht der schrägliegende Belag der Strebebogen jetzt flau und unpräzis. Statt der in der Frühgotik
hätte ins Rutschen kommen können. Auch sah man stark ausgesprochenen Vorliebe für biedere Haus-
ja diese hinteren Gesimspartien von unten kaum. tiere wird jetzt phantastischen Mischgestalten ent-
Eine besondere Bewandtnis hat es mit Pfeiler 5. schieden der Vorzug eingeräumt. Der Teufel und
Hier sieht man auch noch an den vorderen Ecken (vgl. seine Sippschaft ergreifen Besitz von den Wasser-
Abb. 1 und 21) die ursprünglichen Gesimsblöcke mit rinnen, und je gewagter und zuchtloser die Gebärden
frühgotischem Laub, desgleichen die Beine der früh- und Bewegungen dieser höllischen Gesellen sind,
gotischen Speier, die zuerst hier saßen, in jener um so mehr hat man sie allem Anschein nach be-
metallisch glatten und präzisen Art gegeben, wie wir wundert. Die Rücksicht auf das Gotteshaus, die
sie bei den Turmspeiern kennen lernten. Hier waren früher dem Humor Zügel angelegt hatte, ist jetzt

Abb. 21. Ornamentfries an Pfeiler 5.
 
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