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Geiges, Das St. Annen-Fenster im jetzfgen Alexander-Chörlein

Baidung auch die Erledigung des Auftrages der Todtnauer Ge.
werkschaft durch Anlehen irgend welcher Art erleichtert hatte.
Tatsächlich fehlt es auch nicht an Beispielen, welche auf den
ersten Blick zu einem Vergleich in diesem Sinne herausfordern.
Aber wenn man das fragliche ausgedehnte Gebiet auch nur zu
einem kleinen Teil überblickt, so stößt man bald auf so mancherlei
Erscheinungen mit verwandten Zügen, für welche im übrigen die
verbindenden Fäden fehlen, dass es kaum angeht, für all diese
Wahrnehmungen nach einem bestimmten Vorbild zu suchen.
Man wird vielmehr, sofern nicht ganz einwandsfreie Kriterien
vorliegen, selbst weitgehend übereinstimmende Momente meist
zwangloser aus dem Umstand erklären dürfen, dass die Be-
handlung des beliebten, immer und immer wiederkehrenden
Themas sich allmählich zu mehr oder weniger stereotypen
Formen ausgewachsen hatte. Berücksichtigt man das, so wird
man unser Fensterbild als eine von jeder Anlehnung freie
Leistung bezeichnen dürfen, was ja die eine oder andere In-
spirationsmöglichkeit nicht ausschließt. Zu einer selbständigeren
Auffassung zwang übrigens auch die Gebundenheit, in welche
der Künstler durch die Gliederung des gegebenen Bildfeldes
versetzt war.

31 Köln 1897.

32 Man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei um
Betrachtungen handelt, die einem Auktionskatalog beigegeben
sind und als solche in erster Linie den Zweck verfolgten,
die Auktionsobjekte möglichst begehrenswert erscheinen zu
lassen.

33 Noch 1510 war man nach Ausweis der Münsterrech-
nungen mit den Steinmetzarbeiten an den Fenstern im Hochchor
beschäftigt, und erst das darauffolgende Jahr „uf mitwoch vor
Philipi und Jacobi" werden 38 lb. 6 ß 6 rj „dem glaser" und 3ß
Trinkgeld dessen Gesellen angewiesen „von den 9 formen zu ver-
glasen". Darunter sind die Maßwerke der oberen Chorfenster zu
verstehen, für welche gleichzeitig eine Zahlung an den Schlosser-
meister Jörg Goltman erfolgt „umb 177 windisen in das ober-
formenwerk in die 9 venster im nüwen kor". Hierbei handelte
es sich zunächst nur um gewöhnliche Verglasung, die man noch
unter Benützung des Baugerüstes eingesetzt zu haben scheint,
während mit dem Einsetzen der Malerei nicht vor 1512 begonnen
wurde. Dabei bediente man sich des mit dem Tretrad auf-
gezogenen Korbes, wie die beiden nachstehenden Rechnungen
erkennen lassen: „1512 II: Item 3 ß 4 â) dem Verler kistler von
dem korb zu machen dem glaser uf Sonntag judica. — Item 1 lb
3 ß von einem nüwen seil zu machen . . . dem glaser in den
korb montag nach judica." — Baugeschichtlich bemerkenswert
ist es, dass nur von 9 oberen Fenstern die Rede ist, obwohl der
Lichtgaden deren 11 besitzt. Wahrscheinlich war durch das da-
mals zum Teil noch bestehende romanische Chorhaupt die Fertig-
stellung der diesem zunächst liegenden Fenster hintangehalten.

34 Was ich aus dem Bestand des städtischen Archivs für
die vorliegende Untersuchung heranziehen konnte, beruht vor-
wiegend auf den schon vor geraumer Zeit für meine Veröffent-
lichung über den alten Fensterschmuck unseres Münsters unter-
nommenen Studien. Die Kenntnis des einschlägigen, wertvollen
Materials, das sich im Archiv der Universität vorfand, verdanke
ich der freundlichen Aufmerksamkeit des Herrn Prof. Dr. Stutz
<Bonn). Leider ist einstweilen das Abkommen mit dem Visierer
des Fensters der Universitätskapelle nicht zum Vorschein ge-
kommen. Nicht minder bin ich Herrn Dr. Flamm für die gütige
Überlassung einzelner seinerseits gewonnenen urkundlichen
Notizen verbunden. — Was von den die fragliche Zeit um-
fassenden Rechnungen der Münsterfabrik benutzt wurde, stützt
sich auf die von Herrn Archivar Maurer (Konstanz) gefertigten
Auszüge, die mir der städtische Archivrat, Herr Prof. Dr. Albert,
freundlichst übermittelt hatte. — In letzter Stunde wird mir
durch Dr. Flamm die wichtige Notiz, daß Meister Hans Glaser
in den Steuerbüchern von 1520—30 als steuerfrei aufgeführt ist.

83 Die auf den Urheber bezüglichen Inschriften der oberen
Chorfenster wurden erstmals durch Marmon (a.a.O. S. 114f.)
wiedergegeben, dessen Angaben sich auf ungenaue Abschriften

stützten, welche anlässlich der zur Entfernung der Übertünchung
vorgenommenen Einrüstung gewonnen wurden, da ein sicheres
Erkennen von unten nicht möglich ist. Meine Angaben sind
teils nach photographischen Aufnahmen, teils nach original-
großen Pausen so sorgfältig gefertigt, als dies die Umstände
zuließen. Die eine, mir schon vor längerer Zeit durch Herrn
Glasmaler H. Heimle zugekommene Inschrift konnte ich nicht
nachprüfen, da mir nicht angegeben werden konnte, an welcher
Stelle sie sich befindet und ich diese auch trotz eifrigster Be-
mühung nicht zu ermitteln vermochte. Auch Marmon gibt keine
Auskunft hierüber. Unauffindbar war ebenso eine andere von
Marmon angeführte Inschrift, deren Richtigkeit einstweilen
wenigstens bezüglich der Jahreszahl begründeten Zweifeln be-
gegnen muss. Sie lautet: „St Wolfgang an dorn. 1510 uf ostern
da ward dis venster ufgericht."

30 15131: „Item 1 lb. 5 ß dem glaser von des Mangen venster,
hat geben der Mang 14 gl. und der bouw die 2 gl."

37 Freiburger Diözesan-Archiv 21, 308ff.

38 Richard Muther, Die deutsche Bücherillustration derGot:i-
und Frührenaissance (1460—1530). München und Leipzig 188*
S. 209ff. Hier auch die einschlägige Literatur. — Während auf
den mir bekannten Holzschnitten des Meisters dessen Mono-
gramm einen zwischen den gekreuzten Pilgerstäben durch-
wachsenden Distelzweig zeigt, erscheint statt dessen auf unserm
Münsterfenster die Zahl 69. Sollte diese irgendwie Bezug haben
auf das Lebensalter des Künstlers?

39 Die Richtigkeit der entwickelten Theorie lehrt uns bei-
spielsweise auch ein Vergleich der spätgotischen Glasmalereien
in der Kirche zu Lautenbach (Amt Oberkirch) mit den früheren,
leider durch den Brand der Kirche verloren gegangenen Chor-
fenstern von St. Magdalena zu Straßburg, deren Herkunft aus
ein und derselben Werkstätte auf den ersten Blick zu erkennen
ist. Auch hier hatte man sich mit vorwiegend ein und dem-
selben Hintergrundsdamast beholfen. - Die in den angeführten
Beispielen auftretenden, durch die Hand des Ausführenden
hereingetragenen kleinen Abweichungen sind derart geringfügig,
dass sie die Einheit des Gedankens nicht berühren. Bemerkens-
wert ist es, dass sich der fragliche Hintergrunddamast auch auf
zwei, einem völlig andern Kunstgebiet angehörenden, weit
auseinander liegenden Denkmalen nachweisen ließ, und zwar
auf einem spätgotischen Altarschrein im Kloster Heilsbronn
(abgebildet bei F. S. Meyer, Handbuch der Ornamentik, Tafel
178 Nr. 3) und dann auf einer niederdeutschen, gleichalterigen,
gravierten Grabplatte zu Posen (abgebildet bei W. F. Greeny,
Monumental Brasses S. 47). Aus dieser Tatsache darf jedoch
nicht gefolgert werden, es handle sich um ein Motiv von allge-
meiner Verbreitung und darum nur bedingter Beweiskraft in
gedachtem Sinne. Die angeführten Beispiele sind nur ein Beleg
für die regen Beziehungen im Kunstleben der Zeit.

40 H. Lehmann, Zur Geschichte der Glasmalerei in der
Schweiz. II. Teil 2. Hälfte 1. Abt. S. 315; in Mitteilungen der
Antiquarischen Gesellschaft Zürich Bd. XXVI Heft 6, 1908. — Paul
Schubring in Moderne Cicerone: Das Kaiser Friedrich-Museum
S. 315.

41 Ein interessanter weiterer Fund ergab sich kurz vor
Abschluss des Druckes unter den Glasmalereien der Kirche zu
Kaysersberg im Elsass. Das nach der Publikation „Das alte
Kaysersberg" von Jos. M. B. Clauss (Kaysersberg 1902, Tafel 20)
wiedergegebene, gleichfalls dem Anfang des 16. Jahrhunderts
angehörende Werk ist für unsere Untersuchung insofern von
weiterer Bedeutung, als sein Bestimmungsort in der Nachbar-
schaft der angenommenen Heimat seiner mutmaßlichen Urheber
liegt.

" H. Schreiber, Das Münster zu Freiburg i. Br. Karlsruhe
und Freiburg 1820, Beilagen S. 37. — Auch im Haus „zum
Schaf" erlosch mit Andreas Gitschmann die Glasmalerei,
während sich an gleicher Stelle der Betrieb einer Glaserei noch
zu Ausgang des 17. Jahrhunderts nachweisen lässt.

43 Für die den einzelnen Berechnungen zu Grunde gelegten
Ausmessungen sind durchweg runde Zahlen eingesetzt, da für



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