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Münzel, Der Dreikönig-Altar von Hans Wydyz im Freiburger Münster

bei Schongauer, der ihn als schwere, gehäufte Stoff-
masse ohne Zusammenhang mit dem Körper auf der
Schulter trägt. Und wie scharf kommt die Rücken-
linie des Balthasar bei Wydyz und damit zugleich
die Haltung des Knieens durch das Anschmiegen des
Mantels an die Linie des Rückens und des einge-
bogenen Beins zur Geltung, was durch die vertikale
Richtung der Falten an der Seite noch mehr betont
wird. Ebenso wird bei Kaspar die Bewegung der
den Pokal haltenden Arme nach oben durch das
vibrierende Schwingen der Gewandung angezeigt.
Sehr glücklich wird die abwartende, zurückhaltende
Stellung des Joseph charakterisiert durch den ein-
fachen ruhigen Fall seines langen Rockes. Die sitzende
Stellung der Madonna drückt sich deutlich aus in
der Lagerung ihres Mantels, der von den Armen an
zu beiden Seiten breit herabfällt, die sitzende Ge-
stalt frei lassend und dadurch heraushebend. Die
Technik des Schnittes in der Gewandung ist so, dass
diese als weich fallender Stoff erscheint, die Falten
sind dünn und schmal und überziehen in großer
Menge den Stoff und geben ihm dadurch ein welliges,
fließendes Aussehen. Dieser Fluss und leichte Rhyth-
mus tritt besonders hervor an dem Mantelsaum der
Madonna, und durch diese Art der Faltengebung er-
hält die von der Gotik übernommene Stoffmasse
einen ganz andern Charakter.

Auch die Haarbehandlung ist für Wydyz sehr
bezeichnend. Er nimmt die Haare in breiten Massen
und gliedert sie leicht in einzelne Haarbüschel. Ganz
besonders bemerkenswert ist das Haar des Melchior;
in schweren Wellen weht es um den Kopf des Kö-
nigs, auf der linken Seite ist es nach vorn getrieben,
auf der rechten wogt es massig bis zum Rücken
herab. Gleichfalls ist das Haar der Madonna als
breite, in einer Fläche gegliederte Masse gebildet,
in der die einzelnen Lockenwellen eingeschnitten
sind. Die gleiche Behandlung weist der Bart Bal-
thasars auf und ähnlich der von Joseph; bei diesem
legt sich das kompakte Haar, dessen einzelne Strähnen
nur flüchtig herausgearbeitet sind, dicht an das Kinn
an. — Im ganzen genommen hat die Technik einen
raschen, geschickten Zug, der auch, wie bei den
Haaren, impressionistisch durch Andeutungen zu
wirken sucht.

Wenn man die Gruppe auf den Eindruck hin
prüft, den sie ausübt, so zeigt sich, dass ihr geistiger
Gehalt gegen den Reichtum der wohlbeherrschten
Formen zurücktritt. Die Innerlichkeit und Stärke
der Empfindung hat einem eindringlichen Wohllaut
der Erscheinung und einer sicheren Kraft in der
Wiedergabe des Organismus, inbesondere seiner Be-
wegungsfunktionen, Platz gemacht. An die Stelle des
symbolischen Andachtsbildes der Hochgotik und der

historischen Darstellung des 15. Jahrhunderts ist das
Zeremonialbild getreten1. —

Die Aufsatzfiguren, der Schmerzensmann, Maria
und Johannes, zeigen von den Figuren des Schreins
eine gewisse stilistische Verschiedenheit. Der Ge-
samteindruck der Figuren ist altertümlicher, nament-
lich bei den Seitenfiguren, Bewegungs- und Aus-
drucksgeste sowie die Anordnung des Gewandes im
ganzen entsprechen der Gotik des ausgehenden
15. Jahrhunderts. Betrachtet man hingegen die Fi-
guren im einzelnen, so zeigt sich unverkennbar die
Autorschaft von Wydyz. Das Bedeutsame ist die
Gleichheit der Körperproportionen. Der Bau der
Körper ist kräftig und gedrungen. Die Brust des
Schmerzensmannes ist nicht breit, aber hoch gewölbt,
ganz analog der des Melchior. Seine Beine haben
feste, ausgeprägte Formen mit starken Schenkeln und
Waden, besonders betont wird die Funktion der
Knie- und Fußgelenke, die durch die Sehnigkeit der
ganzen Form bedingt ist. Ganz ebenso kann man dies
bei den beiden stehenden Königen beobachten: die
gleiche kräftige Wadenbildung, das Herausarbeiten
der Knieformen beim Spielbein, die gleiche sehnige
Straffheit des Standbeins. Bei diesen Übereinstim-
mungen in der Körperauffassung ist die gleiche Hand
unverkennbar. Außerdem zeigt das Lendentuch die
gleichen leichten, knitterigen Falten, wie sie bei den
Figuren des Schreins vorkommen. Wenn auch nicht
so deutlich, so bieten die beiden andern Figuren
doch gleichfalls Analogien mit der Schreinsgruppe,
die für die Urheberschaft von Wydyz sprechen. Der
vorgestreckte rechte Fuß des Johannes zeigt die eigen-
tümliche Verschränkung zu der Beinstellung, wie man
sie auch bei Joseph beobachten kann, der Fuß ist
im Verhältnis zum Bein stark nach außen gerichtet.
Ebenfalls findet sich bei Johannes die schon bei dem
Schmerzensmann und Melchior beobachtete hoch-
gewölbte Brust. Bei Maria sind als hervorstechendste
Ähnlichkeit die langen, von den Armen bis zum Fuß
sich hinziehenden sichelförmigen Falten zu nennen,
wie sie auch bei der Madonna der Gruppe in mehr-
facher Wiederholung am Mantelende, sich von rechts
und links begegnend, vorkommen.

1 Die Beurteilung des Altars in der Literatur ist in den
nicht häufigen Fällen seiner Erwähnung im allgemeinen günstig.
Außer den im Text aufgeführten Urteilen sei noch genannt:
H. Schweitzer, Geschichte der deutschen Kunst. Ravensburg 1905
S. 242. Neben der Betonung der edlen Grazie der Figuren hebt
Marmon im Sinne des Tadels hervor: „aber schon erinnern die
windflatternden Gewänder an die Renaissance" (a. a. O. S. 93).
Dessen Urteil wird wörtlich reproduziert bei Miinzenberger-
Beissel (Zur Kenntnis und Würdigung der mittelalterlichen
Altäre Deutschlands S. 92). Kurz und bestimmt ablehnend
Baumgarten (Das Freiburger Münster, Stuttgart o. J. S. 39): „Am
südöstlichen (!) Vierungspfeiler steht der Dreikönigaltar von
Johannes Wydynz (1505), unangenehm maniriert."

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