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Schuster, Wappen am Freiburger Münster

macher und hielt auch ihre Übungen, soweit sie nicht
öffentlich waren, auf deren Zunftstube zum Rosbaum
(jetzt Herdersche Buchhandlung, Kaiserstraße Nr. 42)
ab. Die Bruderschaft der Bäckerknechte, 1465 ge-
stiftet, hielt ihre Andachten in der Kirche des Heilig-
geistspitals (dem jetzigen Museum, Kaiserstraße Nr.61)
und besorgte die Unterhaltung des Ewigen Lichts auf
dem Friedhof beim Münster. Außer diesen Bruder-
schaften nennt Schreiber1 für die genannte Zeit noch
die vier Kongregationen bei den Jesuiten, nämlich die
große Lateinische, die kleine Lateinische, die der
Bürger und die der ledigen Gesellen. Ferner die
Sebastians-Bruderschaft der Schneider, gegründet 1480,
bei den Franziskanern, die Bruderschaft Maria zum
Trost der Fischer bei den Augustinern, die „Portiun-
cula"-Bruderschaft der weiblichen Bevölkerung bei
den Kapuzinern. In früheren Zeiten mögen noch mehr
solcher Vereinigungen bestanden haben. Sie führten
wohl alle besondere Wappen, es ist aber bis jetzt
keines derselben, weder im Stadtarchiv noch sonstwo,
aufgefunden worden.

Die Zahl der Zünfte betrug im Jahre 1293, wo
sie in der neuen Verfassung zum erstenmal erwähnt
werden, achtzehn, eine Zahl, die auch 1388 wieder
genannt wird. Sie wurden 1454 aufgehoben, nach
zehn Jahren aber wieder eingeführt. Wie es scheint,
wurde bei dieser Gelegenheit die Anzahl auf zwölf
beschränkt und fortan beibehalten2.

Völlig unbekannt sind die Gründe, die das An-
bringen der Wappen am Äußern des Münsters ver-
anlassten, die wir zunächst betrachten wollen. Als
Vermutung, in Ermangelung von etwas Besserem, sei
hier die Ansicht ausgesprochen, dass es sich um
Erinnerungszeichen für gelobte oder ausgeführte Wall-
fahrten handelt. In einigen wenigen Fällen findet sich
immerhin eine Spur von Berechtigung für diese An-
nahme. Zunächst ist dies der Fall bei der Inschrift,
die sich außen auf der Nordseite des Chores an dem
Mittelpfeiler der Blumneck-Kapelle über dem Sockel
befindet (siehe Abbildung 1). Unter der Jahreszahl
1500 steht ein Meisterzeichen und links und rechts
von diesem die Initialen h und z. Das Meisterzeichen,
das sonst am Münster nicht wieder vorkommt, findet
sich auch am Chor der Kirche von Lautenbach bei
Oberkirch3, die 1471 bis 1485 erbaut wurde, und
mehrmals am Niklasturm in Gengenbach, mit der
Jahreszahl 1582, ferner am Portal der St. Einbethen-
kapelle daselbst4. Es liegt nahe, die Buchstaben h z
auf den Namen des Meisters zu beziehen, dem das
Zeichen gehört, bis jetzt ist aber kein Werkmeister

1 A. a. 0. S. 275 ff.

3 Schreiber a. a. O. 2, 80 f.; 3, 17; 115; 118.

3 Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden 7, 190.

' Ebd. S. 358; 388; 429.

am Münster bekannt, auf den diese Buchstaben passen.
Im Jahre 1495 wird Meister Leonhard Müller von
Ettlingen genannt, der auch von 1525 bis 1533 vor-
kommt, ferner vor 1505 Erhard vom Hof, 1505 und
später Meister Hans (Hans Götz von Hall?). Die
Initialen stimmen dagegen überein mit dem Namen
des Münsterschaffners Hans Zeller, der 1493, 1499,
1500 und 1501 in den Hüttenrechnungen vorkommt.
Von 1505 an wird Nikolaus Scheffer als Münster-
schaffner genannt. Die Inschrift kann sich nicht auf
die Herstellung des Pfeilers beziehen, auf dem sie
angebracht ist, da der Chor schon im Jahre 1354
begonnen wurde und bis zur halben Höhe der Ka-
pellenfenster gediehen war, als Hans Niesenberger
1472 den Bau fortsetzte. Als dieser Meister (er starb
in Basel vor Mitte 1493B) im Jahre 1491 wegen mangel-
hafter Leistungen vom Chorbau zurücktreten musste,
hinterließ er seinem Nachfolger jedenfalls eine schwer
zu lösende Aufgabe und es liegt die Vermutung nahe,
daß der Münsterschaffner und der Werkmeister das
Jubeljahr 1500 benützten, um in Rom für die glück-
liche Weiterführung des Baues zu beten. Der Münster-
baufonds mag wohl bei seiner Dürftigkeit diese Wall-
fahrt nicht mit Geld unterstützt haben, hingegen ist
von Hans Zeller bekannt, dass er ein sehr wohl-
habender Mann war, da er im Jahre 1473 sechs Häuser
in der Stadt besaß.

Auf das Jubeljahr 1350 bezieht sich möglicher-
weise das Wappen des Werkmeisters Hans von Gmünd,
das sich an der Südwand des Pfeilers neben der süd-
lichen Seitenschiffrose aufgemalt findet und, in Ver-
bindung mit dem Hüttenwappen, an der Südwand des
Hauptturmes (Nr. I unserer Tafel). Ein drittes Mal
ist das gleiche Wappen flüchtig eingeritzt an der
Stirnseite des westlichen Pfeilers am südlichen Seiten-
schiff (siehe Abbildung 2). Der gebrochene Pfahl des
Wappens ist mit drei Hämmern versehen, die auf
dem noch erhaltenen Wappenspiegel des Hans von
Gmünd fehlen. An den Stellen, wo sich die Wappen
vorfinden, hat dieser Meister sicherlich nicht gebaut.
Er war nach dem großen Erdbeben vom 18. Oktober
1356 in Basel mit der Wiederherstellung des Münster-
chores daselbst beschäftigt und wurde am 8. Januar
1359 als Werkmeister für den neuen Chor in Frei-
burg angestellt. Der Plan zu diesem Werke wird
ihm wohl mit Recht zugeschrieben und war jeden-
falls schon 1350 in Arbeit, da der erste Stein im
Jahre 1354 gelegt wurde. Die Teilnahme des Meisters
an einer Romfahrt würde unter diesen Umständen
dem Geiste jener Zeit gewiss sehr entsprechen. Das
zweite Wappen mit dem beigefügten Hüttenzeichen
lässt sich auf eine andere Wallfahrt beziehen, an der

6 Vgl. K. Stehlin in der „Basler Zeifschr. f. Gesch. und
Altertumsk." 5 (1906), S. 116 ff.
 
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