Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 7.1911

DOI Artikel:
Sauer, Joseph: Reste alter Wandmalereien im Freiburger Münster: 1. Die St. Peter- und Paulskapelle und ihre Wandgemälde
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2639#0013
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext






6 Sauer, Reste alter Wandmalereien im Freiburger Münster

werk aufgelöst (Abb. 3). Die Profile des Eingangs- besteht bis zu dieser Höhe nicht aus den sonstigen

bogens mit den tiefgeschnittenen Hohlkehlen und der Sandsteinquadern, sondern aus oblongen schmalen

scharfumrissenen Birnenform der Stäbe, namentlich Sandsteinplatten, die oben durch Eisenhaken festge-

aber das entwickelte Schema des Maßwerks und die halten werden. Sie sind offenbar angebracht worden,

reiche Profilierung seiner einzelnen Teile offenbaren um nach Entfernung des in die Wand gemauerten

einen fortgeschritteneren Stil, als er uns irgendwo Altars, wahrscheinlich Ende des 18. Jahrhunderts, die

sonst am Langhaus begegnet; nur die obern Teile des im Mauerwerk entstandenen Schäden zu überdecken.

Turmes, namentlich die großen Fenster des Oktogons Rechts vom Altar, in Höhe der einstigen Altarplatte,

und in etwa noch die oberen Lichtgadenfenster der ist noch die halbkreisförmige Kontur der jetzt eben-

Südseite lassen sich damit vergleichen. Diese Stil- falls vermauerten Nische für die Messkännchen zu

formen gehören zweifellos schon dem vorgeschrit- sehen. Über dem offenbar ganz einfach gehaltenen

teneren 14. Jahrhundert an. Altar war als Altarbild die heute noch erhaltene

Steht aber die St. Peter- und Paulskapelle ge- Kreuzigung an der Wand angebracht. Bevor wir aber

wissermaßen als eine zufällige Schöpfung außerhalb in eine nähere Würdigung derselben eintreten, müssen

des organischen Verbandes des Baues und darum auch wir noch vorher einen Blick auf einen andern Schmuck

außerhalb seiner plan-
mäßigen Baugeschichte,
so kommen für ihre
Entstehung auch nur
zufällige Ursachen in-
betracht. Als solche
aber dürfen wir die
Pfründenstiftung des
Kirchherrn Wernher
von Amoltern ansehen.
Er wünschte einen
Raum für eine Mess-
pfründe, nicht für den
Volksgottesdienst; die
in dem neu erstandenen
Langhaus, in dem alten
romanischenQuer- und
Chorhaus verfügbaren
Altäre waren wohl alle
schon stark in An-
spruch genommen, so
stark, dass die Altäre

Abb. 4. Thronender Christus. Ausschnitt aus dem Fenster
der St. Peter- und Paulskapelle.

der einstigen Kapelle
werfen, auf die gleich-
falls nur noch in klei-
nen Resten erhaltenen
Fenstergemälde.

Noch 1820 scheint
das große Fenster seine
alte künstlerische Ver-
glasung in ganzer Aus-
dehnung besessen zu
haben; wenigstens er-
wähnt H. Schreiber in
diesem Jahre1 noch die
Füllungen der vier un-
tern Teile des Fensters,
welche die „Bilder von
Petrus und Paulus, der
hl. Katharina und der
Maria mit dem Kinde"
enthielten. Diese vier
Scheiben müssen dem-
nach erst im Laufe des

des neuen Chores alsbald nach ihrer Fertigstellung 19. Jahrhunderts von ihrer ursprünglichen Stelle ent-
mit Benefizien ausgestattet wurden. So entstand für fernt worden sein. Erhalten blieb bis heute die Fül-
die Stiftung des Pfarrektors Wernher die St. Peter- und lung des untern Vierpasses über dem mittlem Fenster-
Paulskapelle, die von allem Anfang an nur als Mess- paar, welche die neuerdings restaurierte Darstellung
pfründeraum gedacht war. Zeitlich fallen Stiftung und eines thronenden Heilandes (Abb. 4) zeigt. Auf einem
Bau der Kapelle zusammen, soweit sich die Zeit aus Lilagrund, der durch blaue gekreuzte Bänder in Car-
den Stilformen erschließen lässt; da für die Kapelle reaus zerlegt ist, hebt sich die auf dem Regenbogen
aber eine sonstige praktische Zweckbestimmung nicht sitzende Gestalt des Herrn ab; lebendig undausdrucks-
in Frage kommt, sind wir berechtigt, zwischen Bene- voll ist sein von ernster Milde überstrahltes Gesicht,
fizienstiftung und Kapellenbau auch einen innern das zwei ganz ähnlich wie bei dem Christuskopf des
Zusammenhang anzunehmen und den Pfarrer Wem- Schlusssteines verlaufende Haarwellen umrahmen,
her als den Urheber des letztern anzusprechen. Über einem grünen Kleid trägt er den roten gelb-
Die Kapelle liegt um zwei Stufen erhöht über gefütterten Mantel. In der ausgestreckten Rechten
dem Boden des Langhauses. An ihrer Ostwand, ruht die vom Kreuz gekrönte Weltkugel, während
rechts vom Eingang, lassen sich noch deutlich die merkwürdigerweise die Finger der fast horizontal

Spuren des ehemaligen Altars wahrnehmen, der etwa , _

Geschichte und Beschreibung des Munsters zu Freiburg

1,10—1,20 m hoch gewesen sein dürfte. Die Wand jm Breisgau s. 191.
 
Annotationen