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Flamm, Das Endinger-Chörlein im Querschirî des Münsters

das Endinger-Chörlein genannt werden mag, nichts
mehr erhalten geblieben, aber wir wissen aus der Auf-
zählung der Ewiglichter im Münster aus dem Ende
des 15. Jahrhunderts, dass in der Nische in alter Zeit
ein Thomasaltar stand, vor dem ein ewiges Licht
flackerte1. Außerdem kennt das Präsenzstatut aus
dem Jahr 1364 eine Pfründe, die „in remedium
quondam Thome de Endingen militis occisi" von den
Ratsherren von Freiburg gestiftet wurde'2 und in
Urkunden des öftern als Endingerpfründe erwähnt
wird. Halten wir alle diese Einzelheiten zusammen,
so ist die Bezugnahme zu anderwärts überlieferten
kriegerischen Ereignissen des Jahres 1321 fast ohne
weiteres gegeben3.

Im Jahr 1320 waren zwischen den Herren von
Üsenberg und den Rittern von Falkenstein Streitig-
keiten um das Dorf Bickensohl ausgebrochen. Als
Verwandte der Falkenstein wurden auch die Herren
von Endingen, die in Endingen4 am Kaiserstuhl
wohnten und nach ihrer Burg auf dem Koliberg, dem
heutigen Katharinenberg, auch die Koler hießen, bald
in den Kampf mit verwickelt. Als nächste Nachbarn
der Üsenberger hatten sie auch deren Rache am un-
mittelbarsten zu spüren. Im Bund mit den Bürgern
der Stadt Endingen stürmten und verbrannten die
Üsenberger die Burg auf dem Koliberg, und es wurden,
ob bei diesem Anlass, wie Heinr. Maurer vermutet, ist
unbekannt, aber wahrscheinlich, Ritter Thoman von
Endingen, der Sohn des verstorbenen Schultheißen
Walther von Endingen, und die Brüder Johann und
Walther, die Söhne des Ritters Gebhard von Endingen,
erschlagen. Die Tat machte ungeheures Aufsehen.
Jetzt sagten auch Graf Konrad von Freiburg und die
Stadt Freiburg den Üsenbergern die Fehde an. Der
Rat von Freiburg erklärte sogar jeden, der in dem
Krieg gegen die Üsenberger wider sie sei, für recht-
los. Da der Kampf immer erbitterter wurde und den
ganzen Breisgau erfasste, wurde endlich auf Vermitt-
lung des Herzogs Leopold von Österreich und des Bi-
schofs von Straßburg und anscheinend auf Veranlas-
sung des Königs, Friedrichs von Österreich, für seine
Parteigänger, die Üsenberger, imjahr 1322 ein Schieds-
gericht eingesetzt, das am 19.Juni 1322 bestimmte5,
„das die vonUesenberg der ieglichem, die da vorgüschriben

1 P. Albert, Die Ewiglicht-Stiftungen im Münster 1301 bis
1767; Freiburger Münsterblätter 4, 40. Vgl. den Situationsplan
der Altäre des Querschiffs oben S. 25.

2 H. Flamm, Ordnungen und Satzungen der Münsterkirche-
Freiburger Münsterblätter 1, 72.

3 Die folgende^Darstellung nach Heinr. Maurer, Die Stift-
Andlauischen Fronhöfe im Breisgau; Zeitschrift für Geschichte
des Oberrheins 34 (1882), S. 143—145; vgl. auch Schreiber, Ge-
schichte der Stadt Freiburg i. Br. 2, 116f.

4 Nicht Neuenburg, wie Maurer a. a. O. S. 144 gegen
Schreiber 2, 116 richtigstellt.

6 Schreiber, Urkundenbuch 1, 246.

stand von Endingen und erslagen sind, ain ewig messe
und ain ewig lieht machen son, und süln die drüe messen
und du drie liehter gümachot werden in dem lande zuo
Brisgowe, swa es die . . . von Endingen günämend, also
das sü ewig sin". Außerdem sollten die Üsenberger ein
Eigengut im Wert von 300 M Silber dem Grafen Konrad
von Freiburg aufgeben und von ihm wieder zu Lehen
empfangen. Der gleiche Betrag wurde dem Ritter
Dietrich von Endingen und den Brüdern Johannes
und Walther von Endingen zugesprochen. Die Stadt
Freiburg sollte 400 M erhalten, und auch die Be-
friedigung der Schadensersatzansprüche der Witwe
des erschlagenen Ritters Thoman sowie einiger Frei-
burger Bürger wurde den Üsenbergern, die völlig
geschwächt aus diesem unseligen Krieg hervorgingen,
auferlegt. Gebhard von Üsenberg endlich, der, ob-
wohl geistlichen Standes", sich an dem Kampfe her-
vorragend beteiligt hatte, sollte nach dem Schieds-
spruch binnen Jahresfrist über das englische Meer
fahren und ohne Erlaubnis des Grafen Konrad nicht
wieder zurückkehren.

Die Auszahlung der Schadensersatzgelder erfolgte
am 24. Februar 1324 im Betrag von 1200 M Silber
an die Stadt Freiburg7. Schon im Jahr 1335 wird
in einer Urkunde vom 4. Mai, die leider nur in
einem dürftigen Regest aus der Zeit um 1500 be-
kannt ists, die Endingerpfründe erwähnt. Ihr Collator
war im Jahr 1347 Ritter Johann Snewelin der
Gresser3. Das Präsenzstatut von 136410 nennt sie in
der schon zitierten Stelle, die den dargelegten Zu-
sammenhang in den Worten „capellanus prebende in-
stitute per dictos consules in altari sancti Thome in
remedium quondam Thome de Endingen militis occisi"
noch deutlich erkennen lässt. Unklar oder unrichtig
drückt sich erst das Präsenzstatut von 140011 aus, das
die Stiftung der Pfründe dem Thomas von Endingen
selbst zuschreibt. Das Ewige Licht endlich wird im
Anniversarbuch des Münsters vom Ende des 15. Jahr-
hunderts genannt: ..Item das liecht vor sant Thomas
altar das sol tag und nacht brennen, und sol gen daz-
selbe licht und versehen, wer dieselbe pfründ net."

6 Er war wohl noch nicht 30 Jahre alt, denn noch 1308
wird ihm, falls er Laie wird, die erbliche Anwartschaft auf den
Güterbestand des Freiburger Bürgers Symunt von Endingen zu-
gesprochen; A. Poinsignon, Die Urkunden des Heiliggeistspitals
1, 28 f. Nr. 66.

7 Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 12 (1861), S.372f.
s Stadtarchiv : Leibgedingbuch der Stadt. Unter den auf

Martini fälligen Zinsen wird genannt: „Witer so zinst man an
der Endinger pfrund uf Martini 3 ÏÏ S von 25 mark silbers
lötigs und gebes Friburger brandes und geweges, losung auch
also lut einer copi, deren datum stod uf dornstag nach der
helgen creuz fundung tag im XIII o und XXXV jar."

0 P. Albert, Urkunden und Regesten zur Geschichte des
Freiburger Münsters; Freiburger Münsterblätter 4, 84 Nr. 131.

10 Flamm, Ordnungen 1, 72.

11 Flamm, Ordnungen 1,79: „capellanus altaris sanctiThome
prebende fundate in eodem per quondam Thomam de Endingen
militem".


 
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