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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 8.1912

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Flamm, Hermann: Hans Diesenberger von Graz, Werkmeister des Freiburger Münsterchors 1471-1491
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https://doi.org/10.11588/diglit.2636#0081
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Flamm, Hans Niesenberger von Graz, Werkmeister de.s Freiburger Münsterchors 1471 —1491

Dann regten sich die Feinde des Künstlers von Weshalb die beiden Nachbarn in Zank gerieten,

neuem, diesmal mit einem schweren Angriff auf wird nicht berichtet. Wie Niesenberger in der ersten

seine Künstlerehre. Sein Gegner war ein Bild- Verhandlung vom 10. September 1481 ' klagte, redete

hauer Konrad Nüchter, der 1483 auch einmal als ihm Nüchter nach, er sei ein „verlumbter" Meister,

Maler bezeichnet wird, in den kunstgeschichtlichen seine Knechte würden auf andern Hütten gemieden

Werken zwar nirgends
erwähnt ist1, aber zwei-
fellos ein bedeutender
Künstler war, denn am
16. Juli 14732 wurden
ihm, „umb das nuz
einer gemeind von siner

hantierung entston
mag", auf 10 Jahre be-
sondere Vergünstigun-
gen, Dispens von Wa-
chen, Hüten, Frönen
zugestanden und nur
die üblichen Verpflich-
tungen gegen seine Zunft
— Nüchter wird stets in
der Malerzunft aufge-
führt — vorbehalten.
Von 1478 bis 1483 war
er nach einer Notiz in
den Steuerbüchern der
Jahre 1481 - 1483 auch
von der Steuer befreit.
Seit 1484 zahlte er 10;3,
nach den Registern von
1491 und 1492 noch 9
und schließlich 1500 bis
1502 nur noch 8 ß
Steuer, gehörte also an-
scheinend nicht zu den
vermöglichen Leuten
der Stadt. Möglich ist
allerdings, dass auch
diese niedrigen Beträge
eine Bevorzugung be-
deuten, denn Nüchter
besaß 1483 das stattliche
Eckhauszum schwarzen
Adler am Eingang der
Gauchstraße3, war also
auch, nebenbei bemerkt,
ein Nachbar Niesen-
bergers.

3. Die Lugstühle nach einer Lithographie von Quaglio.

und seine Empfehlung
schade ihnen nur: das
sei ihm auch von sei-
nem Zunftmeister vor-
gehalten worden und
wenn er es nicht wider-
lege, könne es „schü-
hung" bringen, d.h. Ver-
rufserklärung in seinem
Gewerbe — das später
so verhängnisvolle Wort
wird hier zum ersten-
mal in den Quellen aus-
gesprochen.

Nüchter leugnete
nicht. Er halte Meister
Hans für einen from-
men Mann und zu allen
Ehren tauglich, aber
nach seines Landes Ge-
wohnheit werde einer,
der seine Kunst nicht
mit der Hand durch
ein Probestück bewähre,
ein „verlumpter" und
kein „verrümpter" Mei-
ster genannt und seine
Gesellen hätten von
seinem Namen nur
Nachteil und Strafe zu
fürchten.

Wenn derersteTeil
dieser Beschuldigung
richtig war, so traf auch
die Folgerung daraus
zu. Die Ordnung der
deutschen Steinmetzen-
bruderschaft bedrohte
in der Tat grobe Ver-
fehlungen gegen die
Satzungen mit Verrufs-
erklärung, und diese
traf auch jene, die mit

1 Herr Prof. Thieme, der Herausgeber des Lexikons der
bildenden Künstler, hatte die Liebenswürdigkeit, mir mitzuteilen,
dass Nüchter auch in seinen Kollektaneen sich nicht finde.

2 Ratserkenntnisse 3 Bl. 14a.

s Urteilsbücher 1483 Bl. 25. Nüchter klagte gegen seiner,
Nachbar, Claus Cluser, Kürschner, es dringe Wasser aus dessen

Grube in seinen Keller. Die Besichtigung des Misstandes
durch die städtischen Bauherren entschied jedoch gegen ihn.
Über die Lage des Hauses vgl. Flamm, Geschichtliche Orts-
beschreibung S. 150 und 151, wo Nüchter statt Nüchl zu
lesen ist.

1 Vgl. Anhang, Beilage 4, Urteilsbücher 1481 fol. 28.
 
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