III. Philologische Forschungen.
Unter Philologie verstehen wir, um mit #. Pan/*) zu reden, dem
Wortsinne nach die Forschung, welche sich mit den Sprachdenkmälern
abgibt. Aber viele Wörter, fährt Pau/ fort, sind für uns tote Zeichen,
solange nicht die Anschauung des Gegenstandes, den sie bezeichnen,
hinzutritt. So wird die Philologie zur Kulturwissenschaft, wie dies
zuerst H. Bock/! (Encyklopädie und Methodologie der philologischen
Wissenschaften. 2. Aufl. Leipzig 1886) mit Nachdruck forderte.
Je nach der Art des Queiienmaterials können wir heute in der
Philologie zwei Hauptjrichtungen unterscheiden. Die eine arbeitet
mehr literarisch;antiquarisch, sie behandelt die Sprache eines Volkes
und dessen Literatur formal, kritisch und historisch, ist dabei aber
auch bestrebt, mit der Sprachkenntnis eine Sachkenntnis zu ver;
einigen, um sich ein Bild von der gesamten geistigen Hinterlassen;
schaft des betreffenden Volkes zu verschaffen, sie will dann Alter;
tumswissenschaft sein. Hierzu muß sie das Gebiet der eigenen
Sprache des betreffenden Volkes oft verlassen und fremdsprachige
Berichte heranziehen, die über dieses Volk vorliegen. Ein Beispiel
hierfür bietet die germanische Philologie, die vor dem eigentlichen
Studium der germanischen Sprachen lange Zeit nur die Berichte
klassischer Schriftsteller über Germanien behandelte und so eigentlich
nur eine Hilfswissenschaft für die alte Geschichte darstellte. Die
andere Richtung benutzt die Einzelsprachen nur als Grundlage für
ihre vergleichenden, hauptsächlich etymologisch ; grammatikalischen
Studien, die letzten Endes zur Kenntnis der Entwicklungsgesetze der
menschlichen Sprache überhaupt führen sollen. Das ist Linguistik im
engeren Sinne.
Der vorwissenschaftliche Abschnitt der Sprachforschung wird
durch die Anschauung beherrscht, daß die hebräische Sprache die
Ursprache der Menschheit sei, aus der sich dann alle anderen
Sprachen herleiten ließen. Le/hn/z kämpfte als erster gegen diese
Hypothese an, seine Zeit war aber noch nicht reif, ihm zu folgen, vor
allem fehlte auch noch der über Europa hinaus erweiterte Gesichts;
kreis. Dieser wurde erst durch die Kenntnis des Sanskrit erreicht.
*) Paul, Hermann. Grundriß der germanischen Philologie. 2. Aufl. Straßburg
1901. Bd. 1, S. 4.
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Unter Philologie verstehen wir, um mit #. Pan/*) zu reden, dem
Wortsinne nach die Forschung, welche sich mit den Sprachdenkmälern
abgibt. Aber viele Wörter, fährt Pau/ fort, sind für uns tote Zeichen,
solange nicht die Anschauung des Gegenstandes, den sie bezeichnen,
hinzutritt. So wird die Philologie zur Kulturwissenschaft, wie dies
zuerst H. Bock/! (Encyklopädie und Methodologie der philologischen
Wissenschaften. 2. Aufl. Leipzig 1886) mit Nachdruck forderte.
Je nach der Art des Queiienmaterials können wir heute in der
Philologie zwei Hauptjrichtungen unterscheiden. Die eine arbeitet
mehr literarisch;antiquarisch, sie behandelt die Sprache eines Volkes
und dessen Literatur formal, kritisch und historisch, ist dabei aber
auch bestrebt, mit der Sprachkenntnis eine Sachkenntnis zu ver;
einigen, um sich ein Bild von der gesamten geistigen Hinterlassen;
schaft des betreffenden Volkes zu verschaffen, sie will dann Alter;
tumswissenschaft sein. Hierzu muß sie das Gebiet der eigenen
Sprache des betreffenden Volkes oft verlassen und fremdsprachige
Berichte heranziehen, die über dieses Volk vorliegen. Ein Beispiel
hierfür bietet die germanische Philologie, die vor dem eigentlichen
Studium der germanischen Sprachen lange Zeit nur die Berichte
klassischer Schriftsteller über Germanien behandelte und so eigentlich
nur eine Hilfswissenschaft für die alte Geschichte darstellte. Die
andere Richtung benutzt die Einzelsprachen nur als Grundlage für
ihre vergleichenden, hauptsächlich etymologisch ; grammatikalischen
Studien, die letzten Endes zur Kenntnis der Entwicklungsgesetze der
menschlichen Sprache überhaupt führen sollen. Das ist Linguistik im
engeren Sinne.
Der vorwissenschaftliche Abschnitt der Sprachforschung wird
durch die Anschauung beherrscht, daß die hebräische Sprache die
Ursprache der Menschheit sei, aus der sich dann alle anderen
Sprachen herleiten ließen. Le/hn/z kämpfte als erster gegen diese
Hypothese an, seine Zeit war aber noch nicht reif, ihm zu folgen, vor
allem fehlte auch noch der über Europa hinaus erweiterte Gesichts;
kreis. Dieser wurde erst durch die Kenntnis des Sanskrit erreicht.
*) Paul, Hermann. Grundriß der germanischen Philologie. 2. Aufl. Straßburg
1901. Bd. 1, S. 4.
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