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Frimmel, Theodor
Die Apokalypse in den Bilderhandschriften des Mittelalters: eine kunstgeschichtliche Untersuchung — Wien: Gerold, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.45045#0054
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42

Manuscripte der Gruppe nach der reich miniirten Apokalypse auch
noch einen Commentar zu Daniel mit vielen Bildern enthält.
Als Zeit der Entstehung muss das XII. Jahrhundert ange-
sehen werden, soweit der palaeographische Charakter der sauberen
Minuskel des in zwei Columnen geschriebenen Textes schliessen
lässt. Die Miniaturen und ihre Beischriften sind auffallend alter-
thümelnd. Die ersteren verrathen eine geübte, wenn auch nicht
feine Hand; sie sind in Deckfarben ausgeführt, ohne Gold und
Silber. Folgende wenige Farben stehen in Anwendung: Roth
(sowohl Zinnober, als auch Mennige und eine Art Kirschroth),
Blau (im Tone des Ultramarin), Weiss (selten zum Aufhöhen,
häufiger zum Vermischen mit anderen Farben), Gelb, Schwarz.
Grün kommt selten vor und scheint gemischt. Das helle Roth-
braun ist Nichts als gebrochenes Mennigroth. Die Zeichnung ist
meist nicht ohne Ausdruck und Bewegung; würdevolle Haltung
herrscht vor. Trauer wird durch Hinaufziehen der Augenbrauen
am medianen Ende ausgedrückt, wie schon im Ashburnham
Pentateuch *). Ein Stirnbüschel ist nirgends zu entdecken. '
Die Beischriften sind in kleiner, durchschnittlich zwei Milli-
meter hoher Capitalis rustica gehalten, in welche aber schon
einige Elemente frühgothischer Majuskel eingedrungen sind (n, h).
Die Formel der Beischriften ist meist die mit »Ubi« beginnende.
An Initialen kommen grössere mit Bandverschlingungen vor
und kleinere ichthyomorphe, in keinem Falle viele.
Vor Beginn der Apokalypse finden sich folgende Bilder:
Fol. 2a: Der thronende Christus mitten im Bilde in einer
achtförmigen Glorie, mit der Rechten eine kleine weisse Kugel,
die Weltkugel, haltend. Herum eine aus breiten Bändern gebildete
Raute, die mit ihrem längsten Durchmesser von unten nach oben
reicht. Ein breites farbiges Band schlingt sich um die Raute in
der Art, dass es an den Ecken derselben sich in die Raute hinein-
biegt, an den Seiten aber nach Aussen einen weiten Bogen
beschreibt. In den vier auf diese Weise gebildeten Bögen sind
die Evangelistensymbole angebracht. Neben dem oberen und
unteren Winkel der Raute gewahrt man je einen Engel jederseits,
also im ganzen vier. Die zwei unteren sind ganz nackt2).
Fol. 3b und 4a: Christus von der himmlischen
Hierarchie umgeben. In der Mitte Christus, umgeben von
vielen Ringen. In dem innersten sind die Sterne angebracht. Es
folgen die legionis angelorum, durch geflügelte Löwen symbolisirt,
hierauf Gewandengel mit Büchsen und Weihrauchfässern. Im
nächsten Ringe nackte Engel und in gleichen Abständen acht in

’) Vgl. den trauernden Joseph auf Taf. XII. der Publication von Gebhart
(»Joseph ubi planget«).
’) Nackte Engel kommen auch in carolingischen Bilderhandschriften vor,
z. B. in der Vivianusbibel zu Paris. Später wieder beispielsweise auf den Wand-
malereien des Nonnenchores zu Gurk.
 
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