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der Tribuna von S. Rocco, wurde gelegentlich ein notariel-
ler Vertrag zwischen den beiden Partnern aufgesetzt37.
Jacopo Sansovino war zunächst auch der ausführende
Architekt seines Projektes für S. Giovanni dei Fiorentini,
wurde dann jedoch wegen finanzieller Differenzen durch
Sangallo ersetzt38. Bei größeren Palastbauten wie der Can-
celleria, dem Pal. dei Tribunali oder dem Pal. Farnese schei-
nen stets namhafte Architekten wie Antonio Montecavallo,
Giuliano Leno oder Sangallo selbst die Bauleitung über-
nommen zu haben. Damit war die genaue Ausführung der oft
neuartigen und komplexen Projekte garantiert. Zudem er-
höhte sich nun der Gewinn des Architekten, der für den
Entwurf allein selten auf eine angemessene Belohnung hof-
fen konnte. So erhielt Nanni di Baccio Bigio seit 1556 ein
Monatsgehalt von 54/2 Dukaten als entwerfender und aus-
führender Architekt des Pal. Salviati alla Lungara. Während
seiner Abwesenheit wurde das Gehalt ausgesetzt. Eine ähn-
liche Regelung darf man für Sangallos Bauführung des Pal.
Farnese voraussetzen39. Und Peruzzi war gewiß auch der
ausführende Architekt seines römischen Erstlingswerkes,
der Farnesina. Wenn Raffael Giovanfrancesco da Sangallo
zur Ausführung des Pal. Pandolfini nach Florenz schickte,
so gab er den Bau damit nicht aus der Hand, sondern sicherte
sich vielmehr die Vorteile der Bauführung. Am Bau der
Villa Madama scheinen Giulio Romano, Antonio und Gio-
vanfrancesco da Sangallo, am Bau des Pal. Alberini Giulio
und Giovanfrancesco beteiligt gewesen zu sein. Und ähnlich
betraute Bramante Andrea Sansovino mit der Bauführung
von S. Maria in Domnica sowie der Kirche und des Palastes
in Loreto40. Zwischen 1528 und 1534, als es in Rom wenig
zu verdienen gab, übernahm A. da Sangallo d. J. die Bau-
führung von Loreto, um dann Rinieri da Pisa als Nachfolger
einzusetzen. Erfahrene Mitarbeiter wie der Bruder Giovan-
battista „il Gobbo“, die Vettern Giovanfrancesco und
Aristotele oder jüngere Architekten wie Baronino, Ambro-
sino, der Neffe Nardo de’Rossi oder Nanni di Baccio Bigio
konnten ihn bei der Ausführung der zahlreichen Projekte
vertreten.
Den Verträgen für den Pal. Farnese wie den Rechnungs-
büchern für St. Peter, für S. Giovanni dei Fiorentini oder
für den Pal. Salviati ist zu entnehmen, daß der ausführende
Architekt weder die Verträge mit den Lieferanten und
Handwerkern abzuschließen noch die Buchführung zu
übernehmen pflegte. Für die Bauhütte des St. Peter und des
Vatikan gab es einen „computista“, für die Villa Madama
einen „soprastante della vigna“, für S. Giovanni dei Fioren-
37 Frommei 1961, 180f.
38 Nava 1936, 349.
39 s.Pal. Farnese Dok. 12, 42, 44a, 48, 49, 50 (vol. II, S. 104ff.).
40 Giovannoni 1959, 187 ff.

tini „operai“ und für den Pal. Farnese einen „procuratore“,
die den Baubetrieb regelten. Bei kleineren Bauten wie dem
Pal. Ferratini in Amelia oder dem Pal. Salviati lag die Orga-
nisation in den Händen des Bauherrn oder eines Familien-
mitgliedes. Selbst wenn für einen Bau lediglich Verträge
des Bauherrn mit den Handwerkern existieren, kann es also
einen ausführenden Architekten gegeben haben und kann
dieser mit dem entwerfenden Architekten identisch gewe-
sen sein. Die vielfach verbreitete Meinung, die Architekten
der Renaissance hätten lediglich einen Entwurf oder ein
„modello“ geliefert und die Ausführung erfahreneren Bau-
meistern anvertraut, wird von den Quellen nicht bestätigt.
Nur in Ausnahmefällen wie den entlegenen Bauten in
Roccaverano oder Carpi mußten sich die entwerfenden
Architekten mit der Versendung maßstäblicher Holzmo-
delle begnügen und deren Ausführung den ortsansässigen
Baumeistern überlassen41. Und ebenso ungewöhnlich ist es,
wenn der Kardinal Pucci 1525 Michelangelo bittet, einen
Entwurf für die Fassade seines Palastes zu schicken, undihm
dazu nicht einmal die Größe und die Verhältnisse der
Straßenfront mitteilt.
Auch über den Entwurfsprozeß der Renaissancearchitek-
ten herrschen ungenaue Vorstellungen42. Sie basieren auf
der zufälligen Auswahl von Zeichnungen Peruzzis, San-
gallos und der Sangallowerkstatt, die sich in den Uffizien
erhalten hat. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um
Ideenskizzen, Alternativentwürfe, unausgeführte Projekte,
Aufnahmen bestehender Bauten oder Antikenzeichnungen.
Selbst die Detailentwürfe für den Pal. Alberini, den Banco
di S. Spirito oder den Pal. Farnese weichen geringfügig von
der Ausführung ab. Unter Sangallos zahllosen Zeichnungen
für St. Peter fehlt das endgültige Projekt, fehlen die Unter-
lagen für das Holzmodell und die Stiche Labaccos. Wenn
sich aber keine Entwürfe nachweisen lassen, die mit den
ausgeführten Bauten übereinstimmen, heißt dies, daß man
sie nicht für wert erachtete, bewahrt zu werden. War ein
Bau vollendet, so wurden sie vernichtet.
Dennoch finden sich unter den vielen hundert Zeichnun-
gen der Uffizien Repräsentanten verschiedener Entwurfs-
stadien von der flüchtigen Skizze bis zur Werkzeichnung.
Als erste Ideenskizzen könnten Bramantes Rötelstudie
UA136v für den Platz vor dem Pal.dei Tribunali oder
Sangallos Federzeichnungen UA1109, 750, 731, 977 gel-
ten43 (T. 146b). Auf einer nächsten Stufe bediente sich der
Architekt, wie Raffael in seiner Skizze für den Marstall, ge-
nauer Maße. Auf einer dritten stellte er mit Zirkel und
41 E. Checchi, La chiesa bramantesca di Roccaverano, in: BollArte 34
(1949), 205ff.; Frommei 1961, 144ff.
42 Vgl. Ackerman, Architectural practice 1954.
43 Giovannoni 1959, Abb. 43, 145, 345, 373.

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