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einen Palast des Königs Ferdinand von Neapel große
Gartenflächen einplante: stets kam die gleiche Tendenz zum
Ausdruck183.
Im frühen 16. Jahrhundert ging man einen Schritt weiter
und schuf Paläste, die wie die Farnesina, der Pal. Pandolfini
oder der Pal. Salviati maßgeblich vom Villenbau beein-
flußt und in wesentlichen Teilen ihres Organismus auf den
Garten orientiert waren. Aber auch jene Paläste, deren Lage
eine freie Entfaltung in der Landschaft unmöglich machte,
wurden nun mit größeren Gärten und Gartenloggien aus-
gestattet.
So entwarf Sangallo um 1523-27(?) für die Cancelleria
einen Garten von 160 x 180 p. mit vier um ein Zentrum
geordneten Beeten und einer dreijochigen Gartenloggia184
(T. 162 c). Im Pal.Giraud gelangte man noch zu Ferrerios
Zeiten aus der rückwärtigen Hofloggia unmittelbar auf ein
Areal mit zwei aus je vier Beeten zusammengesetzten Gar-
tenquadraten (T. 85 c). Für den Pal. Medici-Madama hatte
G.da Sangallo einen rückwärtigen Garten mit zwei drei-
jochigen Gartenloggien und zwei Brunnen (als Zentren der
Gartenquadrate?) vorgesehen, A.da Sangallo d. J. einen
großen, nicht näher ausgeführten „giardino“ (T. 177b,d).
Der kleine Garten des Pal. Baldassini mit seiner Säulen-
loggia ist nur noch in zwei Alternativprojekten Sangallos
überliefert (T. 14b, c). Im Pal. Farnese gab es bereits 1492
einen „hortus magnus“ zwischen Palast und Tiber. Im Pro-
jekt von 1516/17 war gewiß das gleiche rückwärtige Areal
für den Garten vorgesehen wie in den späteren Entwürfen,
während die Gartenloggien bald im Rückflügel, bald vor
den Gartenmauern geplant waren (T. 55bff.). Rückwärtige
Ziergärten mit oder ohne Loggia fanden sich auch in zahl-
reichen kleineren Häusern, wie sie Sangallos Entwurf
UA1257 oder der Kataster von 1563 zeigen (fol.6,41,87,
96,105).
In einigen Palästen behalf man sich mit einem hängenden
Garten, der im Pal. dell’Aquila über dem Erdgeschoß des
Rückflügels, im Pal. della Valle über den Stallungen lag und
in Sangallos Projekten UA1263,1274 ebenfalls über den
Stallungen angeordnet werden sollte (T. 155 c). Der von
Vasari beschriebene, von Francesco da Olanda und H. Cock
gezeichnete Antikengarten des Kardinals Valle stellte eine
eigenartige Mischung aus Palasthof, Antikengalerie und
Garten dar (T. 155a,b). Die Gartenelemente beschränkten

183 Baldi 1587,542ff.
184 Die Datierung nach Herbst 1523 ergibt sich aus der Aufschrift
Sangallos auf UA 1010: „di papa Clemente di porfido“, die sich
auf eine antike Vase bezieht; daneben: „per lo giardino del palazo
di santo lorenzo in damaso“ (Giovannoni 1959,307).

sich auf schmale Beete vor den Seitenwänden, aus denen
Spalierpflanzen hervorwuchsen. Zwischen einem „giar-
dino“ und einem „giardino segreto“ wird in der Farnesina
(1526), im Pal. Capodiferro und in Sangallos Entwürfen
UA 292,293 für den Pal. Cantelli in Parma unterschieden
(T. 31 a). Der Giardino Segreto war wesentlich kleiner, aus-
schließlich den Herrschaften vorbehalten, im übrigen aber
ähnlich gestaltet185. Auf Peruzzis Entwurf UA 456 für den
Pal. Orsini ist ein größerer Garten neben dem „triclinio“
für die Herrschaften bestimmt, ein kleinerer neben dem
„tinello“ für die Dienstboten (T. 183e).
Mehr als alle anderen Stadtpaläste war der Pal. Capodi-
ferro auf den Garten ausgerichtet. Seine Sala Grande wurde
in seltener Abweichung von der Tradition an die rechte
Ecke des Rücktraktes gelegt, so daß ihre eine Wand auf den
großen Garten, die andere auf den Giardino Segreto blickte
(T. 31 aff.). Der große Garten, der sich fast bis an die Via
Giulia hinzog, war nur den Gärten der Palazzi Suburbani
an der Via della Lungara vergleichbar.
Einen eigenartigen Typus schuf Peruzzi in seinem Ent-
wurf UA596 für den Palast des Erzbischofs von Amalfi
(T. 184a). Dort sollten die Pfeiler der vorderen Hälfte des
Hofes Gewölbe tragen, jene der rückwärtigen Hälfte Per-
golen, die zum umgebenden Garten übergeleitet hätten186.
Die Gestaltung der Gärten folgte meist einem festen
Schema. Zunächst wurde das zur Verfügung stehende Ge-
lände in eine regelmäßige, meist rechteckige oder quadra-
tische Fläche umgewandelt. Dieses Areal wurde mit einem
Netz von Wegen durchzogen, die sich in kleineren Gärten
mit den beiden Hauptachsen deckten. Pergolen auf Säulen
oder Pfeilern sorgten für Schatten. Der Kreuzungspunkt
größerer Wege wurde zu einem kleinen Rondell ausge-
weitet und gelegentlich mit einem Brunnen geschmückt, der
Endpunkt einer Blickachse durch Statuennischen ausge-
zeichnet. Die meist quadratischen Beete waren von geo-
metrischen Ornamenten gegliedert. In den Gärten des Fra
Mariano bei S. Silvestro al Quirinale und der Alberini bei
Porta Portese gab es sogar ein Labyrinth187.

185 Auch der Cod.Barb.4360 unterscheidet zwischen intimen, aus-
schließlich dem Hausherrn vorbehaltenen „giardini segreti“, die
mit einfachen wie wertvollen Blumen bepflanzt werden sollten,
und dem „giardino grande“.
186 Die Verbindung eines Peristylhofes mit einem Garten, wie sie die
antiken Palastvillen kannten und wie sie in der Alhambra oder in
den Klosterkreuzgängen weiterlebte, läßt sich nur in einzelnen
Villenanlagen wie dem Oberhof des Cortile del Belvedere nach-
weisen.
187 s. Bd. II, 8, Anm. 61.

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