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architektonischen Zusammenhang. Gewiß gab es schon
vorher in römischen Villen, Vignen oder Gärten Vergleich-
bares ; doch die späteren Aufnahmen und Beschreibungen
und die unmittelbare Wirkung von Lorenzettis Antiken-
garten beweisen, daß er in Rom größtes Aufsehen erregte.
Die wichtigsten Impulse bei der Konzeption dürfte einmal
Raffaels Pal. dell’Aquila mit seinem vergleichbaren Dekora-
tionssystem gegeben haben; zum andern aber der Kardinal
Andrea della Valle selbst, der vielleicht bedeutendste
Antikensammler im Rom jener Jahre, dessen kunstverstän-
dige Persönlichkeit schon die Gestalt des ersten Hofes des
Pal. Valle geprägt zu haben scheint. Der unmittelbare Ein-
fluß von Lorenzettis Antikengarten läßt sich vor allem im
Hof des Pal. A. Massimo, in Sangallos Entwürfen für den
Pal. Luca Massimo und sein Haus in Via Giulia und an der
Fassade des Pal. Capodiferro nachweisen.

22. PAL. OSSOLI-MISSINI
Wie in der Fassade, so begegnen sich auch im Hof des
Pal.Ossoli ein fortschrittlicher Typus und eine vielfach
rückständige Formensprache (T. 106a-d, f, 107a-c, e). Im
Typus folgt er dem Hof des Pal. Baldassini, während die
Säulenarkaden auf der Stufe der Pal. della Valle und Lante-
Medici stehen. Um ein Mezzaningeschoß niedriger als der
Fassadentrakt, verfügt der Hof über zwei vollwertige
Geschosse und ein niedrigeres Halbgeschoß. Sein leicht
längsrechteckiges Areal ist nur im Erdgeschoß allseitig um-
baut. Im Piano Nobile des Rücktraktes war offenbar ein
Giardino Pensile angeordnet. Der Fassadentrakt öffnet sich
im Erdgeschoß in einer dorischen, im Piano Nobile in einer
jonischen Loggia, während das Halbgeschoß an allen drei
Wänden gleichmäßig durchläuft. Jede Wand ist in drei
Joche gegliedert, doch nur im Erdgeschoß greift die Ord-
nung auf die geschlossenen Wände über. Das Mitteljoch der
geschlossenen Wände füllt eine Türädikula so vollkom-
men aus, daß ihr Gesims mit dem der Kapitelle zusammen-
wächst. In den flankierenden Jochen setzen sich die hohen
Kellerluken in schlichten Fensterrahmen fort.
Unmittelbar auf den Scheitelvoluten der Archivolten
ruht ein flaches Travertingesims, das die Grenze zum Mittel-
geschoß darstellt. Dieses setzt damit etwas tiefer als an der
Fassade an: Der Anspruch des Piano Nobile macht sich
geltend. Im übrigen könnten das dünne Fensterbank-
gesims, die einfachen Ädikulen ohne Sohlbänke und die
niedrigen Fenster des Obergeschosses als unmittelbare An-
lehnung an den Hof des Pal.Giraud gelten, unterstriche
nicht ein zweites Travertinband die Trennung zwischen den

beiden Obergeschossen. Die untersetzten Verhältnisse der
jonischen Säulen, die auf der unverkröpften Sockelzone
stehen, erklären sich wohl aus der Verwendung antiker
Schäfte. Ihre Kapitelle wirken ähnlich abstrahiert wie am
Außenbau. Ungewohnt ist auch die Gestaltung der Trep-
penfenster. In Analogie zu den Türen des Erdgeschosses
sind die Rahmen der mittleren Fensterädikulen der rechten
Seitenwand bis zum Ansatz des Geschosses verlängert. Das
Fensterbankgesims wird durch flache Bänder mit dem
Fensterrahmen verklammert, dessen untere Hälfte eben-
falls unprofiliert bleibt. Das rundbogige Treppenfenster des
Piano Nobile füllt die hoheÄdikula nicht ganz aus, so daß
in ihrem oberen Drittel die kahle Wand erscheint. In die
Rückwand des Giardino Pensile sind alternierende Nischen
eingelassen. Eine jonische Säulenarkade führte in eine
rechterhand gelegene, mit einem Fries geschmückte Laube.
Das Abschlußgesims des Hofes endlich setzt sich nach Art
eines abgekürzten Gebälkes aus Architrav und Gesims zu-
sammen.
Die reichste architektonische Artikulierung haben die
Ecken der unteren Loggia und ihre Verbindung zu Hof und
Treppe erhalten (T. 106 d). Zwischen der Treppenarkade,
der Loggia und ihren Lisenen ergibt sich eine komplexe
Bündelung der Wandglieder, wie wir sie ähnlich im Pal.
Fusconi kennen lernten. In den Pal.Giraud und Baldassini
waren die Treppenarkaden noch von den Eckpilastern
isoliert. Die Treppenarkade des Piano Nobile wieder-
holt sogar das Muster der Treppenarchivolte des Pal. del-
l’Aquila.
Daß der Architekt mit Raffaels Pal. dell’Aquila vertraut
war, möchte man auch dem Giardino Pensile, dem dichten
Wechsel der Pilaster und Ädikulen im Erdgeschoß, der
niedrigen jonischen Loggia im Obergeschoß und dem Ver-
zicht auf eine Ordnung an den Seitenwänden der Ober-
geschosse entnehmen. Die eigenartige Verklammerung
der Gesimse am Treppenfenster ist kaum unabhängig von
Sansovinos Pal.Gaddi vorstellbar, ja man ist versucht, die
Asymmetrie des Treppenfensters bereits mit Giulios Pal.
Stati in Verbindung zu bringen. All dies macht eine Datie-
rung vor 1520 unwahrscheinlich.

23. PAL. MASSIMO ALLE COLONNE
Welche Antwort Peruzzi auf Raffaels Pal. dell’Aquila zu
geben wußte, zeigt erst der Hof des Pal. Massimo alle
Colonne (um 1533ff.) (T.94a,c, 95, 97b,e,f, 99). Nähert
sich der Besucher dem Palast auf der Via del Paradiso, so
wird er schon von ferne das Dunkel von Portikus und

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