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stellten Stützen vorgesehen war (T. 110a,b). Wie dort paßt
sich die rückwärtige Loggia durch ihren halbkreisförmigen
Grundriß an das unregelmäßige Nachbargrundstück an.
Asymmetrien und Unregelmäßigkeiten sind ängstlich
vermieden. Das schmale, langgezogene Grundstück ver-
anlaßte Mangone nicht nur zur Wiederholung der Erd-
geschoßloggia an der Rückwand, sondern auch zu einer
Dehnung des Hofareals, wie sie lediglich in dem Antiken-
garten des Kardinals della Valle vorgebildet war. Dort
waren die geschlossenen Seitenwände ebenfalls in dichter
Folge von Fenstern und Statuennischen gegliedert. Die
Erinnerung an den quadratischen Idealtypus, von dem der
Hof des Pal. Baldassini ausgegangen war und an dem noch
der Pal. Massimo alle Colonne, Sangallos Hof des Pal. Luca
Massimo oder seine Entwürfe für das Haus in Via Giulia
festgehalten hatten, ist endgültig preisgegeben. Doch
Mangone bewies, daß er nicht nur mit den bedeutendsten
Gedanken der Zeit aufs beste vertraut war, sondern daß er
sie auch zu einem einheitlichen Gebilde ohne Brüche und
Härten zu vereinigen verstand.
Der ursprüngliche Eindruck ist heute nurmehr mit Mühe
nachzuvollziehen. Schon vom Eingang aus sah man die
mächtige Statue des Mars in seiner reich dekorierten
Nische aufragen, jenen vermeintlichen „Re Pirro“, der
einst dem Palast den Namen gab. Von der Loggia aus hatte
man dann den Blick auf die eingeschossige Loggia des
Rücktraktes mit der abschließenden Balustrade und auf die
beiden Seitenwände mit ihrer dichten Folge von Türen,
Fenstern und Statuen.
An der Eingangswand äußert sich - wenn auch weniger
aufdringlich als an Sangallos Flaus in Via Giulia - eine
ähnliche Tendenz zur Entkörperlichung und zur Abstrak-
tion. Die Reduktion der Erdgeschoßpfeiler geht mit einem
Verhältnis der Pfeilerbreite von etwa 1:3,3 zur Arkaden-
weite und von 3:2 zum Pilasterschaft noch über Peruzzis
Pal.Fusconi hinaus. So bleibt auch für die Archivolte nur
ein schmaler Streifen, der lediglich von einem kantigen
Profil gesäumt wird. Die Fläche zwischen dem stuckierten
Holzarchitrav und den Mezzaninfenstern war niemals de-
koriert und kaum für Dekoration bestimmt. Die Verbin-
dung mit den Seitenwänden, die im Erdgeschoß durch das
Gesims des dorischen Gebälkes hergestellt wird, kommt
hier durch das flache Gesimsband unterhalb der Mezzanin-
fenster zustande. Mangone verzichtete nicht mehr nur auf
den Fries wie so viele Architekten seit dem Pal.Lante-
Medici, sondern auch auf das Gesims, obwohl die erforder-
liche Fläche offensichtlich zur Verfügung stand. Auch hier
war zweifellos ein Überraschungseffekt wie im Mezzanin-
geschoß von Giulios Haus beabsichtigt.
An den Seitenwänden sind die rahmenlosen hohen

Rechtecknischen und die schlanken verkröpften Statuen-
sockel hervorzuheben, die überstei le Verbindung der Türen
mit den Fensterrahmen sowie die abstrakten Konsolen der
Fensterädikulen. Alles wirkt gesteht, kantig, spröde und
abstrakt. Das gleiche gilt für die Profile, die sich in den
Piedestalen, Basen, Archivolten oder dem Kämpfergesims
auf wenige Grundformen, zuweilen sogar nur auf recht-
winklige Stufen und leichte Kehlungen beschränken.
Wie die Fassade so ist auch der Hof des Pal. A. Massimo
ein wichtiges Indiz dafür, daß Sangallos Haus in Via Giulia
keine exzentrische Ausnahmestellung einnimmt, sondern
daß sich andere Architekten Sangallos Tendenzen sofort zu
eigen machten, daß also Abstraktion, Entkörperlichung
und Eigenwilligkeiten den Stil dieser Jahre zu bestimmen
begannen. Im Hof des Pal. Mattei-Paganica (1541 ff.) sind
diese Tendenzen dann noch eine Stufe weiter getrieben33
(T.176b).

26. PAL. CAPO DI FERRO-SPADA
Im Pal. Capodiferro (1548 ff.) begegnen wir dem ersten
ausgeführten Hof seit dem Pal. Farnese, der wieder den An-
spruch auf vierseitige Loggien erhebt. Nicht umsonst ist es
der Hof eines Kardinalspalastes (T.28b,29b,30a,30d-31).
Das heißt nicht, daß der vierseitige Loggienhof zu einem
Privileg der höchsten Klassen geworden wäre - mehrere
Projekte Peruzzis und Sangallos sehen ihn auch für einzelne
Patrizier und Bankiers vor -, doch mag sich ein Kardinal
ungern mit dem Typus des Palazzetto-Hofes abgefunden
haben. Wie dem auch sei: auch im Pal. Capodiferro fehlten
die Vorausetzungen für einen vierseitigen Loggienhof
größeren Ausmaßes. So begnügte sich der Architekt mit
dem Schein und versah die linke Wand mit Blendarkaden -
ein Ausweg, den Sangallo schon um 1520 in seinem Ent-
wurf UA1004 für einen ähnlichen Typus mit ebenfalls
3 x 5 Pfeilerarkaden vorgeschlagen hatte44 (T. 187b).
Ebenso konservativ wie der Typus ist auch das Grund-
rißbild. In den schmalen, wandhaft dünnen Pfeilern, der
Abtreppung der Eckpfeiler oder der Abschnürung der Eck-
joche steht der Hof jenem des Pal. Giraud näher als irgend-
einem Palasthof nach 1515 (T. 82 b, 85c). Daß nicht die Ein-
gangsloggia, sondern die rückwärtige Loggia breiter als die
beiden anderen gestaltet wurde, mag primär praktische
Hintergründe gehabt haben: über ihr lag das Vestibül zur
Sala Grande.
33 Let., T.313; s. S. 50, Anm. 79.
34 Giovannoni 1959, 288 f., fig. 296.

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