Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Fürbringer, Max
Beitrag zur Systematik und Genealogie der Reptilien — Jena, 1900

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3469#0008
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 6 —

Bei den Lacertiliern läßt uns diese im Stich; was wir als
sicher erkannte fossile Vertreter derselben ansprechen können,
gehört nicht den älteren Schichten an und steht morphologisch
nicht tiefer als viele Familien der noch lebenden Lacertilier. Un-
zweifelhaft ist dieses Deficit nur der Ausdruck unserer mangel-
haften paläontologischen Kenntnis der vielleicht auch zu einem
großen Teile nicht erhaltenen Reste der ältesten Lacertilier, die
vermutlich aus sehr kleinen, im Gesellschaftsleben der Reptilien
ursprünglich sehr zurücktretenden Tieren bestanden1). Auf Grund
des morphologischen Baues der lebenden Lacertilier und aus der
Vergleichung entnommenen Gründen müssen wir annehmen, daß
echte Lacertilier bereits in paläozoischer Zeit existierten; vielleicht
gehörten Kadaliosaurus und gewisse Microsaurier zu ihnen.

Anders und besser steht es hinsichtlich der paläontologischen
Reste der Rhynchocephalier. Neben näheren Verwandten
von Sphenodon (Rhynchocephalia vera), die zum Teil einige höhere
Züge aufweisen als dieser und uns eine nur geringe Aufklärung
hinsichtlich der phylogenetischen Entwickelung gewähren, besitzen
wir in den vorwiegend permischen Proterosauria eine sehr wichtige
Quelle der genealogischen Erkenntnis. In ihnen begegnen uns Formen,
die in der Hauptsache primitiver sind als Sphenodon, und der
älteste Vertreter derselben, die dem unteren Rotliegenden ange-
hörende Palaeohatteria, ist auf Grund mehrfacher Züge ihrer
Organisation wohl als das am tiefsten stehende oder wenigstens als
eines der am tiefsten stehenden bisher bekannt gewordenen Reptilien
anzusprechen. Andere, gleichfalls aus dem Rotliegenden stammende
Formen, wie Hylonomus2), Petrobates2), Kadaliosaurus,

vermutlich ähnliches, vielleicht auch noch eine embryonale Gelenk-
höhle zwischen dem dorsalen Ende des Quadratum und der Temporal-
region des Cranium (Streptostylie) aufweisen.

1) In der Kleinheit und dem Zurücktreten dieser Tiere lag
auch ihre Zukunft, Entwickelungsfähigkeit und ihr Schutz. Große,
fertig ausgebildete Tiere sind durch ihre festgelegte Entwickelung
und ihr beträchtliches Körpervolumen nicht mehr anpassungsfähig,
schwerer zu ernähren und Gefahren viel mehr exponiert; die Phylo-
genie der Tiere und Menschen zeigt uns allenthalben, daß Größe
und Höhe der Entwickelung zugleich den Keim des Niederganges
in sich trägt. Sie gewährt eine große Gegenwart, verbürgt aber
keine lange Zukunft (vergl. auch das Kapitel über das Verhältnis
der Körpergröße in den Untersuchungen zur Morphologie und Syste-
matik der Vögel, 1888, p. 991—995).

2) Ceednee (1890) hat bekanntlich bei Petrobates auf Ueber-
einstiminungen mit den Rhynchocephaliern hingewiesen, aber ihn
wie Hylonomus doch als Stegocephalen angesprochen. Von Bauk

600
 
Annotationen