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dessen streptostyles Verhalten bei den Lacertiliern gegenüber dem
monimostylen bei Sphenodon ein primitiveres Merkmal bildet1).

Die Beurteilung der systematischen und genealogischen Stellung
der Lacertilier und Rhynchocephalier innerhalb des Sauropsiden-
stammes ist aber selbstverständlich ohne Kenntnis der paläonto-
logischen Geschichte derselben unvollständig.

1) Das primordiale Verhalten der Streptostylie beweist auch
der M. spheno-pterygoquadratus (partielles Homologem des M. levator
maxillae superioris Vetter der Selachier und des JM. tensor veli
palatini der menschlichen Anatomie) der Lacertilier (Tensor tym-
pani Sanders) und Vögel (zum Teil dem Orbito-quadratus Gadow's
entsprechend), der hier einen ansehnlichen, in der Hauptsache am
Pterj'goid, aber bei gewissen Lacertiliern (Hemidactylus, Gehyra,
Varanus) und Vögeln auch am Quadratum inserierenden Muskel
repräsentiert, bei Sphenodon sehr reduziert, aber auch zum Teil
noch zum Quadratum verfolgbar ist. Die Annahme einer der
Streptostylie vorausgehenden Monimostylie bei allen diesen Tieren
würde die Existenz dieses Muskels und seiner Insertion am Qua-
dratum nicht recht verständlich machen. — Von anderer Seite
(Albreciit, Cope u. A.) ist die gelenkige Verbindung des Quadratum
mit dem Schädel aus der unbeweglichem Vereinigung beider Teile
abgeleitet worden. Das dürfte eine Umkehrung der thatsächlichen
Entwickelungsverhältnisse sein (vergl. unter anderen auch Kingsley,
1900). Wie uns die Selachier und die Ontogenese der tiefer-
stehenden Gnathostomen lehren, bildet die bewegliche gelenkige
Verbindung des Kieferstieles mit dem Kranium den Ausgangspunkt,
während die bei gewissen Formen der Anamnia (z. B. Holocephala,
Dipnoa, Amphibia) sich findende Verschmelzung beider Teile erweisbar
der abzuleitende Zustand ist. Durch die reiche und mächtige Deck-
knochenausbildung in jenem Schädelbereiche mag diese Verschmelzung
begünstigt worden sein. Damit ist aber noch kein Recht gegeben,
an die erste Hypothese einer sekundären Reduktion jener Deck-
knochen (gegen die ich, wenn mit Maß vertreten, gar nichts einzu-
wenden habe) auch die zweite Annahme eines wieder beweglich
werdenden Quadratum anzuknüpfen. So lange, trotz sonstiger
Fixation durch die Temporalbogen, das dorsale Ende des Qua-
dratum noch eine diarthrotische Verbindung mit dem Schädel dar-
bietet, ist die Wiederherstellung der einstigen Streptostylie unter
Rückbildung jener Temporalbogen möglich. Die Untersuchung eines
ausgewachsenen Sphenodon, sowie jüngerer Exemplare von Emys
orbicularis und Alligator mississippiensis zeigte mir aber keine Ge-
lenkhöhle in jener Gegend mehr, sondern einen syndesmotischen
resp. suturalen Verband (bei Sphenodon noch mit partiller Erhaltung
des ursprünglichen Gelenkknorpels, bei Emys und Alligator unter
Verlust desselben). Daß jüngere Embryonen von Cheloniern und
Crocodiliern ein knorpeliges, durch Bindegewebe locker mit dem
Primordialcranium verbundenes Quadratum darbieten, ist seit Rathke
und W. K. Parker bekannt; die Ontogenese von Sphenodon wird

Jen. Zeitscur. Bd. XXXIV. N. V. XX VH 599
 
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