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Fürbringer, Max
Beitrag zur Systematik und Genealogie der Reptilien — Jena, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.3469#0010
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_ 8-—

daß danach eine mit Schwund gewisser Teile einhergehende Ver-
minderung der Zahl der zusammensetzenden Skelettelemente und
eine Abnahme ihres Volumens stattfand und in der Schläfengegend
zu gesonderten Temporalbogen1), in der Bauchgegend zu stab-
förmigen parasternalen Spangen führte und daß es schließlich zu
weiterer Rarefizierung, Rückbildung und schließlich Schwund*) jener
Bogen und Spangen in großem Wechsel und großer Mannigfaltig-
keit kam. Namentlich Baue (1889, 1894), Cope (1892) und Gaupp
(1894) haben diese Verhältnisse in der Schläfengegend mit Sorgfalt
untersucht; ersterer nimmt sie als Ausgangspunkt für seine letzte
systematische Anordnung der Sauropsiden (1894).

Mit Gegenbaur (1898) erkenne ich gern das Gesunde und
Richtige der diese Entwickelungsreihe fördernden Gedankengänge an.
Es besteht auch für mich kein Zweifel, daß zahlreichere Elemente und
plumpere und massigere Konfigurationen der Auslese der notwendig-
sten Teile und ihrer schlankeren Gestaltung vorausgingen. Es ist, um
einen naheliegenden Vergleich zu ziehen, dieselbe erst nach und nach
entwickelte Materialersparnis, wie sie z. B. bei dem Uebergange des
romanischen Baustiles in den gotischen und bei dessen höherer Aus-
bildung sich vollzog. Veränderungen der Bedingungen im Kampfe
ums Dasein mit feindlichen Tieren und feindlichen Klimaten, welche
vielleicht früher einen höheren Schutz gegen die Außenwelt nötig
machten, denselben aber später leichter entbehren ließen, mögen
auch bei dieser Rarefizierung und Auslese mitgewirkt haben.
Immerhin aber möchte ich sehr zur Vorsicht raten, diese Lehre
von der fortschreitenden Reduktion des Deckknochensystemes nicht
zu einem starren Schematismus ausarten zu lassen. Es ist mög-
lich, daß sämtliche älteste Reptilien einen nach Art der Stego-
cephalen geschlossenen Deckknochenpanzer besaßen und daß der-
selbe nach und nach, je nach der Ausbildung dieser oder jener
ihrer Vertreter, bald in dieser bald in jener Weise sich modifizierte
und verminderte, daß im speciellen die Ordnungen mit keinem
oder nur mit einem schlanken Temporalbogen von solchen mit
breitem Temporalknochenkomplexe oder mit zwei Bogen ab-
stammen und daß alle Vorfahren der lebenden Sauropsiden ein
hoch und voluminös entwickeltes Parasternum besaßen, das nach
und nach in Reduktion und bei vielen Vertretern derselben selbst
in völligen Schwund trat — es ist aber ebenso gut möglich, daß die
direkten ältesten Vorfahren der deckknochenärmeren Sauropsiden
(z. B. Squamata) jene Deckknochenbildung wohl in etwas reicherer

1) S. Anm. 1 auf p. 601.

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