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Furtwängler, Adolf; Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 4): Die Bronzen und die übrigen kleineren Funde von Olympia — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.1786#0040
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28

Zweiter Abfchnitt.

Die Weihgefchenke der alten Zeit.

I. Erfte Gruppe.
Der europäifch - griechifche Stil.

i. Tier- und Menfchenfiguren primitiver
Kunftart.

a. Tiere von Kupfer oder Bronze.

Die Ausgrabung der Altis hat eine ungeheure, nach
mehreren Taufenden zählende Menge von kleinen rohen
Tierfiguren aus Kupfer oder Bronze zu Tage gefördert.
Sie haben fich von Anfang der Ausgrabung an') allent-
halben und in allen Schichten gefunden. Doch unter-
fcheiden fich fcharf die Funde einzelner zerftreuter
Exemplare und die Maflenfunde. Letztere gehören ganz
ausfehliefslich der tiefften und älteften Schicht Olympias
an, und zwar fpeziell den durch Beimifchung von Kohle
tieffchwarz gefärbten Altarplätzen. Erftere, die Funde
einzelner verftreuter Exemplare, fanden überall und
auch in den oberften Schichten ftatt. Doch da fie in
letzteren niemals in Menge, fondern nur vereinzelt vor-
kamen, da diefe vereinzelten aber genau derfelben Art
angehören wie die der Maflenfunde, fo geht fchon hier-
aus hervor, dafs jene aus ihrer Heimat, den tiefften
Schichten, verirrte Exemplare find. Da an den meiften
Stellen der Altis die fpäteren Schichten unmittelbar auf
den älteren aufliegen, ohne dafs letztere durch eine
fchützende neutrale Zwifchenlage von jenen getrennt
wären, fo ift es fehr natürlich, dafs Stücke aus den
älteren in die fpäteren Schichten gerieten. Dafs dies
gerade mit den rohen Tierfiguren häufig gefchah, er-
klärt fich aus der Mannhaftigkeit, mit der fie in den
tiefften Schichten abgelagert find: es mufsten bei der
ununterbrochenen Benutzung der Altis zahlreiche Exem-
plare von da aufgewühlt und in die oberen Schichten
verftreut werden. So kommen fie fogar in der fpäteften,
der fogenannten Slavenfchicht hie und da vor; ja in diefer
Spätzeit fcheint man fie des Kupferwertes wegen ge-
fchätzt und gefucht zu haben; ein Exemplar fand fich
einmal in einem als Schatz vergrabenen Topfe voll
byzantinifcher Kupfermünzen (Tagebuch 26. bis 31. De-
zember 1880). Ein anderes Mal fand fich ein Tier diefer
Art in einem Bronzekruge, welcher innerhalb der by-
zantinifchen Oftmauer in der Füllung zwifchen den
Quadern verborgen war; der Topf enthielt eine Menge

') Die erften fanden fich bei den Grabungen um den
Zeustempel in oberen Schichten (Inv. 131, 185—187, 225f.
241, 252, 258, 279, 302 f.).

eiferner Nägel und dazu jene Tierfigur (vergl. Inv. 062).
Vergl. ferner Tageb. V, S. 33 (primitiver Stier in der
Paläftra, über den fog. Slavenmauern); Tageb. 23. Okt.
1878 (zehn Stück auf und neben der byzantinifchen
Weftmauer gefunden).

Für das hohe Alter jener tiefften Schichten der
Altis, in welchen die Maflenfunde der rohen Tierfiguren
gemacht wurden, find die Grabungen von entfcheidender
Bedeutung, welche im fünften Jahre zwifchen den
Fundamenten des Heraions vorgenommen wurden und
deren Refultate oben in der Einleitung S. 2 f. zufammen-
gefafst lind. Die hier gefundenen Bronzetiere gehören
gerade denjenigen Gattungen an, welche die grofse Malfe
der gefamten Tierfunde der Altis bilden. Es wird hier-
durch erwiefen, dafs eben diefe Matte in jene ältefte Zeit
vor Erbauung des Heraions heraufreichen kann. Ge-
nauere Scheidungen zeitlich folgender Gruppen inner-
halb diefer Malfe laffen fich aber aus diefen Grabungen
nicht gewinnen. Hier tritt die fyftematifche Rekon-
ftruktion der Entwicklung ein, die freilich keine
fichere Gewähr bietet. Nur einen, aber einen fehr wich-
tigen feften Anhalt geben uns jene Funde unter dem
Heraion, indem eine gewiffe Gattung von Tierfiguren
mit einem fehr beftimmt ausgefproehenen Stile — wir
nennen ihn der Bequemlichkeit halber, mit einem kon-
ventionellen Namen, den geometrifehen Stil — hier
noch fehlt.') Es erhellt daraus, dafs die Ausbildung
diefes Stiles erft in die Zeit nach der Erbauung des
Heraions fällt. Es ftimmt mit jener Fundthatfache auch
die andere überein, dafs hier noch keine Teile von
geometrifch verzierten Dreifüfsen gefunden wurden, an
welchen die vorkommenden Tierfiguren immer den aus-
gebildeten geometrifehen Stil zeigen. Mit der fpäteren
Anfetzung des letzteren ftimmt ferner auch der Umftand,
dafs von ihm aus allmähliche Übergänge zum gewöhn-
lichen archaifchen Stile zu konftatieren find, während
dies bei jener älteren Mafle der primitiven Tiere durch-
aus nicht der Fall ift.

Abgefehen von den eben erwähnten Übergängen,
die nur von dem entwickelten geometrifehen Stil aus
weiter führen, ftellen fich die rohen Votivtiere Olympias

') Ein einziges mit den Dubletten nach Berlin gekom-
menes Exemplar, ein kleines Pferd, Inv. No. 8091, zeigt den
geometrifehen Stil. Indefs kann diefer vereinzelte Fall die
Regel nicht umftofsen; es kann fehr leicht eine Verwechfelung
vorliegen, indem ein Stück von einer anderen Fundftelle
beim Inventarifieren unter die des Heraionfundes geriet.
 
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