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Furtwängler, Adolf
Die antiken Gemmen: Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum (Band 2): Beschreibung und Erklärung der Tafeln — Leipzig und Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.824#0007
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TAFEL I.
Orientalische Gemmen.

i.AltbabylonischerCylinder im Britischen Museum.
Rot und weiss gestreifter Jaspis. LAJARD, eulte de
Mitlira pl. 19,6. Mh'XANT, glyptique Orient. I, p. 79;
So, fig. 39. PERROT-CHTPIEZ, bist, de l'art. ant. II, 502,
fig. 225. PiNCHES, babyl. and assyr. cylinder-seals
(Journ. of the Brit. arch. association 1.SS5) pl. 1. 1; p. 5.
G. Smith, chaldaean genesis, Titelbild. ROSCHER'S
Lexikon der Mythol. II, Sp. 7S6. MroDLETON, the
Lewis collection p. 14, fig. 1. HOMMEL, Geschichte
Babyloniens-Assyriens S. 350. Brit. Mus., guidc to the
Kouyundjik gallery 1S84, p. 132, 32. Zeitschrift für
Aäsyriologie II, S.40, 1; vgl. S. 12 (Reber). Masp^ro,
bist, de l'orient I, p. 591.

Ein Meld (Isdubar) im Kampfe mit einem Löwen.
Das Bild ist zweimal im Gegensinne wiederholt. Die
Inschrift in der Mitte enthalt nichts auf das Bild Be-
zügliches (sie wird im Iiinzelncn verschieden übersetzt).
Der Held umschlingt den Bauch des Tieres mit dem
einen Arme und stemmt ein Knie gegen dessen Rücken;
mit dem anderen Arme umschlingt er den Hais und
würgt den Löwen, so dass dieser das Maul weit auf-
rcisst und mit den Vordertatzen vergeblich in die Luft
schlägt; er ist dem Verenden nahe. Daneben deuten
drei Stengel hohen Schilfgrases den Ort der Handlung
an; unterhalb des Schilfes flüchtige Andeutung eines
anlilopcnartigen Tieres (in der Abbildung halbiert).
Isdubar ist, wie auch sonst auf den altbabylonischen
Denkmälern, nackt bis auf eine schmale Schärpe um den
Bauch. Der Kopf, von sechs aufgerollten Locken und
langem Barte umrahmt, erscheint von vorne; die sechs
Locken gehören zu seinem festen Typus (man erinnere
sich der sieben Locken des Simson und ihrer Bedeutung).

Der Stein ist ein Meisterwerk der altbabylonischen
Glyptik. Ungewöhnlich gut ist die Bildung des nackten
menschlichen Körpers; die Beine sind mit Muskeln
und Sehnen sogar völlig natunvahr gebildet. Die
Schärpe bildet die Trennung zwischen der unteren im
Profil und der oberen von vorne erscheinenden Körper-
hälfte. Der Künstler hat versucht, die Gliederung des
Brustkastens mit den Kippen deutlich zu machen. Der
Nabe! erscheint weich eingesenkt; selbst der Unterleib
FuimvlKCLEii, Antike Gemmen.

ist weich und rund modelliert mit Querfalten. Am
Löwen ist der Kopf ganz bewundernswert, voll vom
Ausdrucke ohnmächtiger Angst und Wut des ersticken-
den Tieres. Die stilisierte Wiedergabe der Schnauze,
der Falten über der Nase, der Haarzotteln am Unter-
leib, der Knöchel und schleifen förmigen Sehnen an
den Hinterbeinen ist schon ganz dieselbe, wie sie später
an den assyrischen Denkmälern erscheint; allein hier
ist sie voll schöpferischer Frische und Wahrheit, dort
nur feste Formel. Man beachte ferner auch die trefi"-
liehe Modellierung der Muskeln, der Hinterschenkel
und namentlich die ebenso wahre als doch wieder
stilisierte Wiedergabe der Vordertatzen, deren eine von
der Ober-, die andere von der Unterseite gesehen wird.

Die wappenhafte Wiederholung derselben Gruppe
im Gegensinne findet sich häufig an Cylmdern, die
derselben zeitlichen und örtlichen Gruppe angehören
wie dieser (vgl. MENANT I, 71 ff. Collection De Clekq
pl. 5, 46—48; 7, 5S. 59- LaJARD, Mithra pl. 13, 7;
25, 2; 30, 4); es ist die durch die Nennung eines Königs
von Agadi (Coli. De CLERQ pl. 5. 46. gewöhnlich
Sargani gelesen) bestimmbare Gruppe, die an <.\<j\\ An-
fang des 4. Jahrtausends v. Chr. gesetzt wird.

Das Schema des Tierkampfes ist hier ein weniger
unnatürliches als sonst, wo die übernatürliche Kralt des
1 [elden in unmöglichen Kampfstellungen ausgedrückt zu

2. Altbabylonischer Cylinder im Britischen Museum.
Grüner Jaspis. — Abg. in G. SMITH, chaldaean genesis
und in ROSCHER'S Lexikon d. Mythol. il, Sp. 791.

Der Held Isdubar und sein Genosse Heabani,
letzterer mit Beinen, Schwanz, Hörnern und Ohren des
Stiers, bezwingen einen wilden Stier mit zottiger Mähne
(den „llimmclsstier"); Isdubar fasst ihn mit der Linken
an der Kehle, mit der Rechten an einem Vorderbein,
Heabani am Schwanz und an einem Korn. Eine
zweite Gruppe zeigt den Helden Isdubar, wie er den
Löwen bezwingt; ganz wie den Stier fasst er auch
diesen mit der einen Hand an der Kehle, mit der
anderen am Vorderbein. Hinter ihm eine ruhende
Antilope; darüber Reste einer Inschrift.

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