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RUDOLF OLDENBOURG
höhnischer Härte seines eigenen Ergehens nicht achtete — einer Härte, die so früh, so
furchtbar sich gerächt hat —, so war er in allen Dingen: menschlichen und sachlichen.
Er konnte nicht paktieren, keine Konzessionen machen, und er nahm furchtlos das
Odium auf sich, rückständig zu erscheinen, wenn es galt, gegen Willkür zu kämpfen,
Maß und Ziel dem Chaos entgegenzustellen, Grund zu setzen hohler Vermessenheit.
Dies Unbedingte, dies von einem reinen, wachen Willen Zusammengeraffte gab seinem
Wesen die Besonderheit und seiner Tätigkeit und seinem Werk die klare Entschieden-
heit und disziplinierte Gründlichkeit. Dem Oberflächlichen mochte dieser soignierte
junge Mann guter Bürgersfamilie eng erscheinen, gebunden an die Atmospäre seiner
Herkunft: dem tiefer Schauenden erschloß sich bald, aus wieviel tapferer Überwindung,
wieviel ernster Erkenntnis diese Gebundenheit und Rückhaltung gewachsen war.
In dieser Stunde, da kaum wir noch fassen können, daß der teure Mensch für immer
von uns gegangen, wäre es wohl verzeihlich, wenn ein gesteigertes Wort über unsere
Lippen käme. Aber ihm zur besonderen Ehre: seiner noblen Bescheidenheit, seiner
unnachgiebigen Objektivität wollen wir jede Überschwenglichkeit meiden. Dennoch
dürfen wir sagen und darum mit dreifachem Gewicht: mögen ihn manche an Weite
des Geistes, an Fülle, an originaler Kraft übertroffen haben: wär kennen keinen, der
ihn erreicht hat in dem, was uns als die schwerste, wichtigste Aufgabe dieses Lebens
gilt: ganz nur zu sein, ganz nur zu tun, was der tiefste, lauterste Wille zur Pflicht
macht. Und diesen Appell wollen wir als die schönste Erinnerung an Rudolf Olden-
bourg treu bewahren und treu weitergeben.
Emil Preetorius
RUDOLF OLDENBOURG
höhnischer Härte seines eigenen Ergehens nicht achtete — einer Härte, die so früh, so
furchtbar sich gerächt hat —, so war er in allen Dingen: menschlichen und sachlichen.
Er konnte nicht paktieren, keine Konzessionen machen, und er nahm furchtlos das
Odium auf sich, rückständig zu erscheinen, wenn es galt, gegen Willkür zu kämpfen,
Maß und Ziel dem Chaos entgegenzustellen, Grund zu setzen hohler Vermessenheit.
Dies Unbedingte, dies von einem reinen, wachen Willen Zusammengeraffte gab seinem
Wesen die Besonderheit und seiner Tätigkeit und seinem Werk die klare Entschieden-
heit und disziplinierte Gründlichkeit. Dem Oberflächlichen mochte dieser soignierte
junge Mann guter Bürgersfamilie eng erscheinen, gebunden an die Atmospäre seiner
Herkunft: dem tiefer Schauenden erschloß sich bald, aus wieviel tapferer Überwindung,
wieviel ernster Erkenntnis diese Gebundenheit und Rückhaltung gewachsen war.
In dieser Stunde, da kaum wir noch fassen können, daß der teure Mensch für immer
von uns gegangen, wäre es wohl verzeihlich, wenn ein gesteigertes Wort über unsere
Lippen käme. Aber ihm zur besonderen Ehre: seiner noblen Bescheidenheit, seiner
unnachgiebigen Objektivität wollen wir jede Überschwenglichkeit meiden. Dennoch
dürfen wir sagen und darum mit dreifachem Gewicht: mögen ihn manche an Weite
des Geistes, an Fülle, an originaler Kraft übertroffen haben: wär kennen keinen, der
ihn erreicht hat in dem, was uns als die schwerste, wichtigste Aufgabe dieses Lebens
gilt: ganz nur zu sein, ganz nur zu tun, was der tiefste, lauterste Wille zur Pflicht
macht. Und diesen Appell wollen wir als die schönste Erinnerung an Rudolf Olden-
bourg treu bewahren und treu weitergeben.
Emil Preetorius