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Allgemeine Gartenbau-Ausstellung <1905, Darmstadt> [Hrsg.]; Gartenbau-Verein <Darmstadt> [Hrsg.]; Rothermel, Otto [Red.]
Allgemeine Gartenbau-Ausstellung Darmstadt, Illustrierter Katalog: 19. August - 17. September 1905 ; [Veranstaltet vom Gartenbau-Verein und von der Handels-Gärtner-Verbindung] — Darmstadt, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.24120#0021
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UR EINFUHRUNG. Das Leben einer Zeit
wird immer besonders stark aus den Formen
zu uns sprechen, in denen der Mensch seine
Umgebung gestaltet. Und gerade die ein-
fachen Zweckformen für das "Wohnen in
Stadt und Land, die bei gesteigerten
geistigen Bedürfnissen zu Kunstwerken sich
zusammenstellen, werden inniger mit dem Leben verwoben
sein und ein wahreres Bild des allgemeinen Fühlens und
Denkens geben, als die Erzeugnisse der freien Künste. Die
Formen der telefonischen, also in irgendeiner Richtung
gebundenen Künste haben denn auch immer in der rück-
schauenden Betrachtung als das sicherste Kennzeichen ihrer
Zeit gegolten, als der Rahmen, der alle anderen Ausdrucks-
formen des Lebens in der Kunst umfasst und zusammenhält,
kürzt als Stil. Und immer sind es, auch auf diesen Gebieten,
Künstler gewesen, Einzelne, die den Gedanken einer Zeit
zum klarsten Ausdruck, zur schönsten Blüte gebracht haben.
Sie wurden, weil sie notwendig in die Zukunft weisen
mussten, nur selten von dem allgemeinen Fühlen und der
allgemeinen Anerkennung getragen, in den Zeiten der
ruhigen und bewussten Entwickelung freilich eher, als in
Zeiten der Gährung. Aber immer haben sie eine kleine
Gemeinde von Mitdenkenden gehabt, die durch förderliche
kritische Arbeit die Notwendigkeit der Entwickelung gezeigt
und allmählich den vorwärtsweisenden Schaffern die An-
erkennung gebracht haben. Und damit wurde auch der
Betätigung im Kleinen und Breiten Sicherheit und ein immer
verlässlicher Geschmack gewonnen. Das Gleichgewicht
zwischen dem äusseren und dem geistigen Leben blieb erhalten.

Die Wohnung des Menschen ist der Prüfstein seiner
Art; Haus und Garten, soweit er sie selber gestalten kann,
erzählen mehr als Worte. Die Verwendung der Pflanze in
seiner Umgebung, des stillsten Kindes der Natur, wird nicht
geringeren, in mancher Weise sogar feineren Aufschluss über
sein Leben geben, als die Architektur im engeren Sinne.

Wenn wir auf die Gartenformen vergangener Zeiten
zurückblicken, dann sehen wir als Beispiele einer glanzvollen
Zeit die Gärten der italienischen Renaissance herüber-
leuchten. Ihre Bildungen zeigen den ungeheuren geistigen
Reichtum der Menschen, die sie schufen und der vornehmen
Geschlechter, die in ihnen sich bewegten und lebten. Haus

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