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Die Gartenkunst — 1.1899

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Lippel, Hermann: Die öffentlichen Parks und Gartenanlagen der Stadt Mannheim, [2], Die Anlagen auf dem Paradeplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.20975#0132

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122

DIE GARTENKUNST

An einem trüben Februarmorgen, kurz nachdem der
Verfasser den Auftrag zur Ausarbeitung eines diesbezüg-
lichen Projektes vom Stadtrat erhalten hatte, konnte der-
selbe nach einem frischen Schneefalle genau die Verkehrs-
richtungen, die sich in dem Schnee deutlich und klar
kennzeichneten, wahrnehmen, und damit war der Grundrifs
zu der ganzen Anlage gegeben, wie aus dem Lagenplan
ersichtlich ist. Danach führen zwei Doppel-Diagonalwege,
das Denkmal einschliefsend, quer über den Platz und
bilden nach den Ecken zu je ein Schmuckstück; sodann
sind die Längsseiten des Platzes einmal halbiert.

Am 26. März 1895 wurde mit den Herstellungsarbeiten
begonnen und schon am 10. Mai desselben Jahres waren
dieselben beendet. Erheblich verzögernd wirkte dabei
mit, dafs der ganze Platz während der Bauperiode nicht
abgesperrt werden durfte, vielmehr passierbar gehalten
werden mufste.

Der ungünstigen Bodenverhältnisse wegen war es
notwendig, sämtliche Anlageflächen 1 m tief auszuheben
und dafür Humusboden einzubauen, welcher von einem
städtischen Acker entnommen wurde. Die Rasenflächen sind
sämtlich um 25 cm vertieft, nur etwa l'/a m breite Streifen
längs der Wege und die Gruppen liegen in Wegehöhe.

Mit Rücksicht auf den vornehmen Charakter dieser
Anlage wurden schöne Blatt- und Blütensträucher in
natürlicher Anordnung verwendet, und zwar herrschen an
Sträuchern Forsythia, Weigelia, Spiraea, Deutzia, Corylus,
Cornus, Prunus, Syringa, Lonicera, Philadelphus, Kerria,
Pirus etc., an Bäumen Acer (buntblättrige), Fagus silvatica,
Betula, Tilia, Cerasus etc. vor. Der ganze Platz ist mit
einer Pflanzung tvon Tilia argentea umgeben, während zu
den Alleepflanzungen quer über den Platz Crataegus und
Viburnum Opulus sterile verwendet wurden. Die Gehölz-
gruppen sind eingefafst mit Deutzia gracilis, Spiraea
Thumbergii, Mahonia Aquifolium und Stachys lanata. Die
vier Schmuckstücke erfahren zu jeder Jahreszeit eine
sorgsame Bepflanzung mit Blumenzwiebeln und Florblumen ;
einige Musa Ensete, Dracaenen, Caladium etc. dienen als
Staffage.

Zum besseren Schutze der Anlagen, namentlich gegen
Hunde, sind dieselben mit soliden Einfriedigungen aus
Eisenkonstruktion versehen; aufserdem sind zur aus-
giebigen Bewässerung 6 kleine Gartenhydranten (25 mm)
angebracht.

Die Kosten für die Herstellung der Anlagen setzen

sich wie folgt zusammen.

1. Für Erdarbeiten (Arbeits- und Fuhrlöhne) . 5600 Mk.

2. Wegearbeiten:

a) Material.......... 190 „

b) Taglöhne .......... 660 „

3. Pflanzungen:

a) Material.......... 2370 „

b) Taglöhne .......... 510 „

4. Rasen .............. 1000 „

5. Einfriedigungen........... 3950 „

6. Wasserleitung........... 1350 „

7. Unvorhergesehenes und zur Aufrundung. . 870 „

Sa. 16500 Mk.

Die Ausführung fand den ungeteiltesten Beifall in der
Bürgerschaft und in der Presse. Und in der That, Avenn
die Wasserkünste um das historische Monument spielen
und alles herum grünt und prangt, so mufs selbst der
eiligste, nach Erwerb strebende seine Schritte verlang-
samen, um, wenn auch nur für einen Moment, sich des
schönen Anblicks zu erfreuen.

III. Der Grofsli. Schlofsgarten und der Stadtpark zu Mannheim.
Von Gr. Sommer, Grtofsh. Hofgärtner in Mannheim.

(Hierzu 2 Kunstdruck-Heilagen mit Ansichten.)

Zwischen Rhein und der Stadt, zu beiden Seiten des
ehemaligen kurpfälzischen Residensschlosses, liegt der
Grofsh. Schlofsgarten mit dem Stadtparke. Wenngleich der-
selbe in den letzten 20 Jahren durch verkehrstechnische
Eingriffe einen gröfseren Teil seiner Anlagen verloren hat.
so ist er wegen seines ausgedehnten Komplexes von 31
Hektaren, wie insbesondere durch seinen hervorragenden
Baumbestand, seine schattigen Plätze und seine im reichsten
Wechsel sich darbietenden Durchblicke und Fernsichten
jetzt noch, einer der schönsten Gärten Süddeutschlands.

Die ersten Vorschläge und Meinungen zur Herstellung
dieses Gartens fallen in die Jahre 1800—1803, zur Zeit der
Schleifung der Festungswerke Mannheims und gingen
hauptsächlich von dem damaligen Gartendirektor Sckell in
Schwetzingen aus, der als Mitglied der Demolitions-Kom-
mission dahin wirkte, einen Teil des gewonnenen Festungs-
terrains, etwa 180 badische Morgen,*) zu Gartenanlagen
umzuwandeln. Sckell selbst fertigte Pläne und war eben
mit der Aufstellung eines Kostenanschlages beschäftigt,
als seine Berufung als Hofgartenintendant nach München
die eingeleiteten Arbeiten unterbrach.

Erst 1806 wurden die Vorbereitungen wieder auf-
genommen, indem Sckells Nachfolger, Hofgartendirektor
Zeyher in Schwetzingen, erneut Auftrag erhielt, einen
neuen Plan zu entwerfen, sowie die Urbarmachung des
Festungsgeländes fortzuführen.

Sein Plan, der durchaus im englischen Stile gehalten
war, wurde gutgeheifsen, und vom 13. Februar 1808 datiert
die Grofsh. Genehmigung mit der Weisung, die Arbeiten
noch im selben Jahre zu beginnen.

In Erwägung dessen, dafs nebst allen direkten An-
forderungen zugleich auch Garantie für einen gesicherten
Fortbestand des Gartens in der Zukunft gegeben sei, fanden
bei der Ausführung der Anlage folgende Gesichtspunkte
Verwertung:

Zunächst wurden der gröfseren Abwechselung wegen
die verschiedenen Erhöhungen und Vertiefungen der alten
Festungswerke benützt und da und dort noch stehende
alte Mauerreste als Ruinen beibehalten, wodurch der Park
sein Thal- und Hügelland erhielt und die Wirkung der An-
lage ungemein verstärkt wurde.

Ferner wurden bei der Anpflanzung der Bauin- und
Strauchpartien die zahlreichen in- und ausländischen Gehölz-
arten so geordnet, dafs leichte, hainartige und freie Stellen

*) Der badische Morgen hat 3UO0 um.
 
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