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Die Gartenkunst — 2.1900

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Vorgärten-Ausstellung in Liegnitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0195
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IT, 10

DIE GARTENKUNST

183

hochstämmigen Buxus. Die Aucuba, Bvonymus und Kirsch-
lorbeer am Hause sind ebenfalls richtig verwendet, nur
macht die ganze Pflanzung einen etwas düsteren Bindruck.
Abänderungen konnten geschaffen worden, wenn zwischen
die immergrünen Gehölze am Hause lebhaft grüne Farn
gesetzt worden wären an Stelle der Cobaeen, die für die
kleinen Verhältnisse zu stark wachsend sind, wie denn in
Anbetracht der wenig schattigen Lage besser Cordons von
weifsbuntem Epheu zu verwenden sein möchten. Einige
Schattenstauden fehlen zur Belebung des kleinen Gartens,
so z. B. Polemonium himalayense var. album, ferner
Spiraeen etc. Die 4 Taxus an der Strafsenfront werden
in kurzer Zeit zu grofs werden, es würde sich empfehlen,
nur 2 Stück, je eine in der vorderen Ecke zu pflanzen
und für die zwei mittleren zwergartige buntblättrige Cornus
oder Weigelien. Die Kellerfenster sind zu sehr verdeckt,
es fänden an den Penstern besser niedrig bleibende Co-
toneaster horizontalis Verwendung.

Motto: „Ich habs gewagt".
Die Coniforen am Hause sind im Bezug auf Material
und Verteilung gut. Stauden sind am Hause zuviel ver-
wendet, an Stelle derselben wären einige lebhaft bunte
Sträucher angebracht. An Stelle der Solitär-Conifere
(Chamaecyparis Laws. Praseri) wäre besser eine zwerg-
artige Pichte oder kleine Blautanne verwendet worden, um
den friedhofartigen Charakter der Thuya und Chamaecy-
paris zu unterbrechen. Die Bepflanzung der kleinen
Blumenbeete ist ganz gut ausgefallen. Nach den gegebenen
Gröfsenverhältnissen möchte man sich fragen, wo der Autor
des Planes sich die 3 Paeonia arborea hingedacht hat, vorteilhaft,
kann höchstens ein Exemplar auf dem Platze und an Stelle
der alleinstehenden Conifere verwendet werden. Die beiden
verwendeten Palmen sehen zu arm und mager aus,
kräftigere Exemplare wären am Platze gewesen.

Nr. 4. Motto: „Ich habs gewagt".
Auch hier ist wieder ein Kellerfenster zugepflanzt, an
Stelle der davor gepflanzten Thuya gehört ein kleiner
bunter Strauch, der Luft durchläfst, um die friedhofartige
Wanddekoration von Thuya zu unterbrechen. Die Be-
pflanzung des kleinen Parterres ist zu bunt, der Ausführer
mufs mit wenigen Farben besseren Effekt erstreben. —
Die verwendeten Palmen, Yucca und Agaven sind ent-
schieden zu ärmlich, zu solchem Zwecke müssen schöne
üppige Exemplare aufgetrieben werden. Die Stauden sind
zu vereinzelt und zerstreut gepflanzt. Das ganze Bild ist
unruhig.

Motto: „Sonnenstrahl".
Die Bepflanzung der schmalen Rabatte ist zu ärmlich,
sonst wirkt die Bepflanzung ganz gut, nur sind die kleinen
Rasenflächen mit zu grofs werdenden Coniferen (Abies Nord-
manniana etc.) überfüllt. Die Stauden sind hier truppweise
verwendet. Die Verwendung der Knollen-Begonien auf der
schmalen Rabatte ist eine glückliche.

Motto: „Freude".
Die Ausführung dieses Vorgartens ist entschieden als
die best gelungenste zu betrachten. — Die Knollen-

Begonien-Beete, mit weifsbuntblättrigen Pelargonien ein-
gefafst; wirken sehr gut. Die Bepflanzung des in der
Mitte liegenden herzförmigen Teppichbeetes ist unglücklich
gewählt. Die zwei an der Strafsenfront stehenden Thuya
Wareana werden bald zu grofs. zwei feinere bunte Coniferen
wären angebrachter. Die Rosen wären besser an der
Veranda verwendet worden, da sie einzeln auf dem Rasen
zu arm aussehen. Die Lilien- und Cannatrupps wirkten
besser, wenn sie enger aneinander gruppiert wären.
Motto: „Sempervirens".
Die Anlage gehört nebst der letzgenannten zu den
bestausgeführtesten. Die Springbrunnen-Bepflanzung ist
ausgezeichnet durchgeführt. Die Musa hätte frei auf dem
Rasen ohne CannaundCyperus-Unterpflanzungbessergewirkt.
Die Eckgruppen am Hause, an der Treppe und vor dem
Balkon durften im Verhältnis zu dem grofsen Bau etwas
kräftiger gewählt werden. E. Köhler.

Ich stimme vorstehenden Ausführungen ziemlich un-
geteilt zu, will jedoch nicht unterlassen, hier bemerkend
einzuschalten, dafs der Liegnitzer Gartenbau-Verein zum
ersten Male den Gedanken angeregt und ihn zur Aus-
führung gebracht hat. Ich will offen bekennen, dafs ich
mit Hangen und Bangen nach Liegnitz ging, dafs ich aber
erstaunt war, in Anbetracht der unglücklich gelegenen
Jahreszeit und in Berücksichtigung des schwer wiegenden
Umstandes, dafs der Entwerfer seinen Plan nicht ausführen
koHnte — man bedenke, was hierzu für Mittel gehört
hätten —, doch noch eine derartige Ausführung zu finden.
Mag man nun urteilen, wie man will, die Anerkennung,
auf diesem Gebiet vorangegangen zu sein, ist dem Lieg-
nitzer Gartenbauverein nicht abzusprechen und hat er sich
in der Vorgartenfrage dadurch ein grofses Verdienst er-
worben. Dafs eine derartige Vorführung auf das Laien-
publikum mehr wie Rede und Wort wirkt, ist zweifelsohne
und war in Liegnitz an der regen Teilnahme des Publi-
kums für diesen Gegenstand tagtäglich zu sehen. Das
alte Sprichwort, dafs man, wenn man vom Rathause kommt,
klüger ist, als wenn man hingeht, hat sich nur zu
wahr bethätigt. Die Lehren, die man aus der Ausstellung
gezogen hat, sind nicht zu unterschätzen. Aber dessent-
wegen sollte man nicht gleich ein unstreitig erworbenes
Verdienst absprechen. Die Herren Kritiker, zumal die
jungen — die aus ihrer Rolle fallenden kommen überhaupt
nicht in Betracht — sind immer schnell bei der Hand;
aber ob sie es besser machen können oder gemacht hätten?
— Ich bezweifle es. Weifs.

Aufser den in voriger Nummer bekannt gegebenen
Herren sind noch folgende auf der Liegnitzer Vorgärten-
Ausstellung mit Preisen bedacht worden:

1. Gartentechniker Krause, Darmstadt, für Entwurf IV,
Motto „Sempervirens": eine grofse silberne Medaille.

2. Gartentechniker Glum, Berlin, für Entwurf III, Motto
„Mal was anderes": eine grofse silberne Medaille.

3. Gartentechniker Glum für Entwurf II, Motto „Mög-
lichst echt": eine kleine silberne Medaille.

4. Garteningenieur E. Schulz, Posen, für Entwurf II,
Motto „Idyll": eine grofse silberne Medaille.
 
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