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Die Gartenkunst — 14.1912

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Maasz, Harry: Ein Gartenheim für ein Kinderhospital
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0376
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370

DIE GARTENKUNST.

XIV, 24

stens, nicht immer gerade angenehme Verwünschungen.
Wem wäre das nicht schon so oder ähnlich ergangen!
Leichter und angenehmer hat schon der seinen Stand,
welcher mit Oberärzten gemeinsam an die Aufgabe
herantritt, denen der unbedingte Wert des Kranken-
gartens in hygienischer sowohl, als auch ethischer Hin-
sicht zur Erkenntnis ward.

Unglaublich fast will es uns bei näherer Über-
legung scheinen, daß an Stätten, in denen jährlich
Tausende unglücklicher Mitmenschen Genesung und
Gesundung erhoffen, dieselbe Engherzigkeit das Szepter
führte, die in unseren Parkanlagen das Betreten der
Grünflächen verbot, die auch den müden, kranken
Mitmenschen das Lagern auf heilsam sonnigen Rasen-
flächen wehrte, die sie auf Wege verwies, welche nicht
immer den schmerzenden Gliedern und Nerven wohl
und angenehm waren. Das empfindsame Nervensystem
kranker, siecher Menschen empfindet qualvoll den
Druck des kleinsten Kiesels, der mit Gesundheit aus-
gerüstete läßt ihn dagegen unbeachtet.

War es in den Abteilungen kranker und schwäch-
licher Kinder besser um den Garten bestellt? Herrschte
nicht hier wie dort derselbe Schematismus ? Wege
zum Spazierengehen, Rasenflächen zum Besehen, Ge-
sträuch und immer wieder Gesträuch, mit feuchten,
modrig duftenden Ecken, in denen eine Bank oder
mehrere davon aneinandergereiht standen! Wenn es
hoch kam, wurde aus dem Rasenstück gegenüber ein
halbrunder oder eckiger Platz herausgeschnitten, mit
Kies bestreut und mit Bänken bestellt. Man sah ein,
daß Sonne, die heilende Sonne und gute Luft dem
Kranken und Genesenden Wunder bereiteten. Warum
aber sah man’s nicht ein, daß für Kinder, gerade für
die Kleinen, bei denen die bleiche Wange eben wieder
sich zu röten anschickte, der Rasen so recht geeignet
war zum Strecken und Recken in der Sonne er-
quickenden Strahlen, die den Körper durchglühen und
das Blut pulsieren lassen zum neuen kraftvollen Leben?
Warum sah man’s nicht ein, daß die am Weg entlang
sich reihenden Kreise und Ovale mit allerlei Blumen
so ganz und gar überflüssig waren? Störend konnten
sie zu damaliger Zeit nicht sein, oder sie gar als un-
organisch zu bezeichnen, hieße zu viel vorausgesetzt,
denn die damalige Zeit gebrauchte sie und beim Nicht-
vorhandensein würde dem Anstaltsgärtner ihre Bedeu-
tung recht unsanft ins Bewußtsein zurückgerufen wor-
den sein.

Ich entsinne mich noch deutlich des entrüsteten
Gesichtes einer Oberin, der ich vor Jahren einmal
ernstlich vorschlug, die Beetchen fortzunehmen und
dafür den Kindern die Rasenflächen frei zu geben,
damit sie darauf ihre Tücher und Liegestühle aus-
breiten könnten. Ich war in Ungnade gefallen! —
Das sind 6 Jahre etwa her. Heute ist Gottlob ein
anderer, gesunderer Sinn eingekehrt auch in unseren
Krankenhausgärten, mit dem neuen Typ der Kranken-
häuser wurde auch ein neuer des Krankenhausgartens
geprägt, in der Erkenntnis, daß nicht zuletzt dem ins

Freie austretenden Genesungsheim, dem Krankengarten,
große Aufmerksamkeit als Gesundungs- und Erziehungs-
stätte geschenkt werden muß.

Hamburg ist augenblicklich daran, an einer großen
Krankenhausanlage Krankengärten zu schaffen, welche
als musterhaft in ihrer Auffassung bezeichnet werden
müssen. Der Entwurf dieser ausgedehnten Anlage
stammt von unserem bekannten Gartenarchitekten
Hermann Koenig in Hamburg.

Wie man vorteilhaft den Garten eines Kinder-
hospital auszugestalten vermag, sollen beigegebene
Federskizzen verdeutlichen. Für die Aufnahme zu-
gelassen werden Kinder bis zum zwölften Lebensalter.
Der dem Gebäude nach Süden anliegende Garten ist
von geräumiger Ausdehnung und wird seiner günstigen
Lage wegen von früh bis spät von der Sonne durch-
flutet. Im Mittelpunkt desselben ist als Hauptmoment
ein großes Rasenstück eingegliedert mit einem Kies-
platz in der Mitte, denn wenn es geregnet hat, können
die Kinder im feuchten Gras nicht ruhen oder sich
spielend betätigen, soweit es ihr Gesundheitszustand
gestattet. Vor Zugluft schützt die Kranken eine rings
um den Platz gezogene Hecke von 1,50 bis 2 m Höhe,
während den Schatten geschorene Ulmen, plangemäß
angepflanzt, bringen sollen. Es ist also an dieser
Stelle allen Verhältnissen Rechnung getragen. Den
kranken Kindern ist Schatten sowohl, wie auch Sonne
im reichen Maße zugänglich. Im Osten und Westen
liegen einander gegenüber zwei Liegehallen mit weiten
Kiesplätzen davor, beschattet ebenfalls durch geschorene
Ulmen. Auch an diesen Stellen ist dem Zutritt der
Sonnenstrahlen im reichen Maße Rechnung getragen.

Im Südosten ist den im Hospital betätigten
Schwestern ein Blumengarten mit etwas Nutzland zur
Aufnahme von Naschfrüchten geschaffen.

Aus demselben können sie die im Garten befind-
lichen Kranken jederzeit beobachten. Aus dem Grunde
sind höhere und störende Gebüschpflanzungen vermieden.

Neben dem Schwesterngarten im Westen besitzt
der im Hospital ständig wohnende Hausmeister mit
seiner Familie einen Blumen- und Nutzgarten. Es er-
scheint mir unerläßlich, allen an eine solche Stätte
durch schwere und verantwortungsvolle Arbeit ge-
fesselten Beamten und Angestellten ein Fleckchen her-
zurichten, in welches sie sich in ihren Mußestunden
zurückziehen können und das Bewußtsein in unmittel-
barer Nähe ihrer Wirkungsstätte ein Fleckchen Erde
zu besitzen, auf dem sie Blumen und Früchte selbst
heranziehen können, auf der sie die Saat keimen und
die Frucht reifen sehen, fesselt sie an diese Stätte.

Westlich vom Hauptgebäude liegt der Isolier-
pavillon für Kinder mit ansteckenden Krankheiten.

Auch der diesem Gebäude .angegliederte Garten
hat nichts weiter als eine grüne Rasenfläche, einen
Kiesplatz und den zur Schattenspende notwendigen
Baumbestand, der auch unter der Schere gehalten
wird, damit er nicht später den ganzen Garten be-
schatte und die Sonne fern halte.
 
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