Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 29.1916

DOI Artikel:
Klawun, Paul: Ein Frühlingsmorgen im Park von Sanssouci
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20814#0189
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Burg Bergerhausen an der Erft Westseite.

Aufnahme von G. Heick, Kerpen.

sehen Renaissancepalast, mit dem er niemals eine wo die neu gewonnene Adise sich mit dem großen
künstlerisch befriedigende Ehe einzugehen ge- Mittelweg schneidet, feiert die Gartenkunst eine
denkt. Oben die folgerichtig strengen und fein- glückliche Stunde. Hier bilden die Taxuslinien
gegliedertenLinienderitalienischenRenaissance, einen Kreis, in dessen rahmenartige Ausschnitte
unten die geschweiften und barockähnlich ge- 3 Landschaftsbilder durch fein ersonnene Aus-
brochenen Treppenwangen, die in ihren vielen lichtungen gleichsam als Naturgemälde eingefügt
zackigen Knicks, namentlich vom Hauptstand- erscheinen. Besonders der weit durchgeführte
punkte aus gesehen, den Zusammenhang völlig Blick auf den Belvedere-Tempel wirkt über-
zerreißen. Noch weniger gelungen erscheint mir raschend, und erinnert an den Blick von der hohen
die Wasserkunst der beiden, in einer Achse über- Sonne nach der Wartburg.

einander angeordneten und sich gegenseitig Ein frohes Empfinden überkommt uns in der

überschneidenden Wasserstrahlen. Und gerade Erkenntnis, daß die Landschaftskunst dort in

dafür hätte man doch im Park von Sanssouci guten Händen ist. Manche Aufgabe harrt ihrer;

die besten Beispiele gehabt. noch schreit das große Parterre vor dem neuen

Sobald man der Architektur unwillig den Palais nach Neugestaltung, nach Erlösung aus

Rücken kehrt und den davor gelagerten, ob- diesen spielerisch unmöglichen Formen; noch

longen Blumengarten mit seinen überaus ge- darf die Axt nicht ruhn, um zu den schon ent-

lungenen Abmessungen, seinem vornehm abge- standenen neue, herrliche Lichtpunkte und Äus-

stimmtenBlumenschmuckerblickt,werdendieSin- blicke zu gewinnen.

ne des Beschauers frohsinnig umschmeichelt. Man Lord Curzon wußte wohl, warum er sich ge-
erkennt sofort, wie glücklich die Hand des Gärt- rade Potsdam und den Park von Sanssouci für
ners geleitet war, die die feinen, einheitlich rot seine Bengalreiter ausersehen. Aber noch ist
gehaltenenBlumenbänder in den dunklen Taxus- der Weg über Kut-el-Amara wohl zu weit,
rahmen bettete, der die in Form und Farbe so edler Lord, und darum wird ihn uns die Welt
fein abgewogene Schöpfung aus der umgebenden noch weiter neiden, diesen Edelstein in Preußens
Parkmasse als selbständiges Kunstwerk auslöst Königskrone, den Park von Sanssouci,
und schützend umschließt. Und vollends dort, —

178
 
Annotationen