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Die Gartenkunst — 31.1918

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Heicke, Carl: Zur vierten Kriegs-Jahreswende
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https://doi.org/10.11588/diglit.22268#0006

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Goethes Gartenhaus am Stern zu Weimar.

Aufnahme von Heicke.

Zur vierten Kriegs-Jahreswende.

Wie der Krieg in jeder Beziehung einen Um-
fang angenommen hat, der alle Vergleiche mit
frühem Geschehnissen hinfällig macht, so ver-
sagt auch jeder Maßstab für die Beurteilung
seiner Folgen. Die Menschenverluste, die Ver-
nichtung und Unterbindung der Förderung von
Rohstoffen, die Anhäufung riesiger Schulden-
lasten, lassen die Gestaltung der Verhältnisse
nach dem Kriege vorerst noch ganz unüberseh-
bar erscheinen. Diejenigen, die auf einen leid-
lichen Geschäftsgang in den kommenden Frie-
densjahren rechnen, stützen sich auf die in ihrer
Wirkung auch noch unsichere Bildung neuer Ver-
mögen, unsicher wegen der Ungewißheit über die
Höhe der Abgaben, die zum Ausgleich der zur
Durchführung des Krieges von den Staaten ge-
machten Schulden nötig werden. Gewiß wird neu
und schnell verdientes Geld zum Teil wieder
leichter ausgegeben wie ererbtes Vermögen. Auch
spricht dabei die Absicht mit, einen Teil des er-
worbenen Reichtums dem Zugriff des Staates bei
der Besteuerung zu entziehen, und so werden
gerade jetzt manche Anschaffungen und Erwer-
bungen gemadit, die Geld unter die Leute bringen.
Dabei verdienen auch die Gartenarchitekten. Aber
dies ist eine vorübergehende Erscheinung, es ist
wahrscheinlich mit einem Rückschlag bald nach
dem Krieg zu rechnen, — und dann folgt, wie die

Schwarzseher denken, ein geschäftlicher Still-
stand schlimmster Art, von dem unser Beruf hart
betroffen wird; denn die Anlage von Gärten hält
man leicht für eine entbehrliche Sache.

Man möge sich aber vor zu ängstlicher Beur-
teilung hüten. Noch ist der Frieden nicht abge-
geschlossen, und sehr viel wird immerhin von
seiner Art abhängen. Selbst ein „Verzicht“-
Frieden, wie ihn viele fürchten, wird kaum, so
schwer wirken, wie man es sich vorstellt, denn
zu einem Verzichtfrieden im schlimmen Sinne
stehen doch die Aussichten der Mittelmächte zu
gut. Aber mit einer tiefgreifenden Veränderung
aller Verhältnisse wird unter allen Umständen
zu rechnen sein. Man wird gut tun, sich mit allen
Möglichkeiten vertraut zu machen, die sich aus dem
Krieg ergeben können, um danach zu beurteilen,
welche Einwirkungen daraus für unser Schaffens-
gebiet zu erwarten sind. Man muß mit Verände-
rungen rechnen, die alles bisher Gewohnte über-
treffen, denn wie der Krieg von allem, was wir aus
frühem Vorgängen kennen, abweicht, so wird es
auch mit seinen Folgeerscheinungen der Fall sein.

Man lese, was Walther Rathenau darüber
schreibt*). Nach ihm sind wir z. B. in Bodenfläche,

*) Man beachte Walther Rathenau, Von kom-
menden Dingen. S. Fischer, Verlag, Berlin 1917.

Gartenkunst Nr. 1, 1918.

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