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Die Gartenkunst — 31.1918

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Hosaeus, Hermann: Gartenkunst und Kriegerfriedhof
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https://doi.org/10.11588/diglit.22268#0031

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ten die Losung bei der Gestaltung unserer
Kriegergräber.

Es ist eine bittere Feststellung, die Wahrheit
bricht sich erschreckend
langsam Bahn. Die
Wahrheit, das ist in un-
serem Falle, die schon
im Anfang der Arbeiten
erhobene Forderung
nach Einfachheit und
Zweckmäßigkeit, und
sie muß, bis sie gehört
und begriffen wird,
immer von neuem er-
hoben werden.

In rein künstlerischer
Hinsicht muß Gefühl
für die Stimmung vor-
handen sein, aus der
heraus die letzte Ruhe-
stätte unserer Braven
geschaffen werden soll.

Ein großes eindrucks-
volles Finale des ge-
waltigen Geschehens
muß der Ruheplatz
gefallener Helden sein,
und von der gleichen
Pflichterfüllung und
dem gleichen Schicksal
sollen jene Stätten re-
den. Kommenden Ge-
schlechtern soll die

Kriegergräberstätte
zugleich ein Monument
sein, das von der Zei-
ten furchtbaren Größe
spricht, und zum lei-
sen Flüstern muß die
Stimme des Wanderers
sinken, den sein Fuß
an solche Orte trug.

Mit Geschmäcklerei,
mit Spaliergittern, mit
geschnittenen Hecken
und Rasenflächen, Blu-
men und Blümchen und
anderen ähnlichen Mit-
telchen ist das Ziel ^
nicht zu erreichen. Von
der virtuos geübten
Arbeitsweise, die für
Friedenszwecke selbst-
redend ihre Berechti-
gung hat, muß die Um-
kehr zur künstlerisch
empfindenden Einfalt gefunden werden.

Nach den rein künstlerischen Forderungen,
die dem Stimmungsgehalt der Aufgabe und der
Besonderheit der Situation Rechnung tragen

sollen, treten an den Fachmann beim Bau der
Kriegerfriedhöfe im Felde jene gewichtigen For-
derungen heran, die sich aus der Rücksicht auf

die Bedürfnisse der
Front ergeben, sowie
aus den veränderten
Bedingungen unseres
Wirtschaftslebens und
endlich aus der Not-
wendigkeit geringster
Pflegebedürftigkeit der
Anlag en, die in den wei-
ten östlichen Kampf-
gebieten meist einsam
und fern von allen
menschlichen Siedelun-
gen liegen.

Der Fachmann, der
unnötig die Sägewerke
der Pioniere heimsucht,
die unter Hochdruck
arbeitend, kaum die
Forderungen der Front
decken können, oder
der in unkontrollier-
tem Schmuckbedürfnis
Zement und Beton für
alle möglichen Zier-
bautenverbraucht, der
zum Bau von Unter-
ständen nötig ist, und
derjenige, der das kost-
bare rollende Material
mit dem Transport von
Blümchen aus der Hei-
mat belastet, anstatt
Farre, Heidekraut usw.
zu verwenden, das ne-
ben seiner Friedhofs-
anlage wächst, — die-
ser Fachmann hat seine
Aufgabe im Zusam-
menhang mit seiner
Zeit nicht begriffen.

Der Bau unserer
Kriegergräber in Fein-
desland führt unter den
gegebenen Umständen
nur dann zum Ziel,
wird aus der Not eine
Tugend gemacht. Nur
der Künstler wird bei
seiner Aufgabe Ergeb-
nisse erzielen, der sich
unter entschiedenem
V erzieht aufGe wohntes
und Gelerntes in dieser Weise auf die Arbeit
einstellt.

Übernommen aus der Berufsübung des Frie-
dens sollte eigentlich nur der Sinn für Raum-

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Maßstab 1:200.

Kriegerfriedhof bei Sierpc-Borkowo, Gen.-Gouv. Warschau (Polen).
Von Gartenarchitekt W. Heilig, z. Zt. Sierpc.

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