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Die Gartenkunst — 31.1918

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Heicke, C.: Das Hünengrab als Kriegergrabstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.22268#0034

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die nun Land
auf, Land ab hät-
ten nachgeahmt
werden können.

Als erschwerend
kam weiter hin-
zu, daß man sich
in ganz fremde
örtliche V erhält-
nisse einfügen
und die Berufs-
tätigkeit imRah-
men militäri-
schen Dienstbe-
triebs ausüben
sollte. Man emp-
fand das Fehlen
der alten ver-
trauten Gestal-
tungsmittel, und
wo sie sich beschaffen* oder hersteilen ließen, er-
lebte man, daß ihre Wirkung versagte. Kurz es
kam darauf an, sich von allem Hergebrachten und
Gewohnten frei zu machen und, wie Hosaeus den
Kernpunkt treffend bezeichnet, seinRaumge-
fühl walten zu lassen, seine Gestaltungsab-
sichten mit möglichst geringen Ansprüchen an
Ausdrucks- und Hilfsmitteln zu betätigen. Nur der
wirkliche Könner vermochte sich unter solchenUm-
ständen durchzusetzen, Routine allein tat es nicht.

Erfreulicherweise haben aber nicht alle ver-
sagt. Auch die Beispiele von Kriegerfriedhöfen in
den polnischen Kampfgebieten, die wir in diesem
Hefte vorführen, beweisen es wieder. Ihre Schöp-
fer haben erfaßt, worauf es ankommt. Diesen
Friedhöfen sieht man nicht an, daß es gerade Gar-
tenarchitekten waren, die sie geschaffen haben.
Sie erfüllen damit eine Forderung, die Hosaeus
mit Recht stellt.

Man betrachte
sie daraufhin
der Reihe nach.

Dieses sich Frei-
machen von der
Eigenart des
rein berufsmä-
ßigen Schaffens
ist das Wesent-
liche an ihnen.

Weiter ist es die
Geschicklichkeit,
sich mit den Mit-
teln abzufinden,
die die Örtlich-
keit bietet: ein
paar vorhan-
dene Bäume zur
Anlehnung in
derweitenLand-
schaft, der Bo-

den zum Gestal-
ten von Hügel
oder Wall, ein-
fache Kreuze und
Grabzeichen zur
Erhaltung des
Gedächtnisses
der Bestatteten,
und von Pflan-
zung fast nichts,
jedenfalls nicht
mehr, wie die un-
mittelbare Um-
gebung hergab.
DieFolge ist, daß
diese Gebilde in
der Landschaft
stehen, ohne
fremd zu wir-
ken, daß sie von
Dauer sind, ohne besonderer Pflege zu bedürfen,
daß ihre Herstellung einfach und leicht war, und
endlich das wichtigste: Es sind echte Kriegergrab-
stätten, von ganz anderer Art als unsere heimi-
schen Gartenfriedhöfe, es sind Male, die nicht nur
das Andenken der dort Ruhenden, sondern zu-
gleich auch das Gedächtnis an die großen Ereig-
nisse für viele Geschlechter wachhalten, ohne daß
es besonderer Aufbauten und anderer äußer-
licher Zutaten bedarf. Sie werden nach vielen
Jahren noch dastehen wie die Hünengräber in
unseren heimischen Gauen, jene Male aus grauer
Vorzeit, die uns mit heiliger Scheu erfüllen, wenn
wir in ihre Nähe kommen.

Hünengräber! Ich kann mir keine treffendere
Ausdrucksform für unsere Kriegergräber in den
Gefilden der großen Kämpfe vorstellen. Sie ist
in Polen aus demZusammenwirken der beim dor-
tigen Kunstbei-
rat für Krieger-
gräber tätigen
Herrn aus den
verschiedenen
Berufsgebieten
als die in der
weiträumigen
Landschaft wirk-
samste erkannt
und in die Wirk-
lichkeit umge-
setzt worden.
Aber auch in
den Leitsätzen,
die die Deutsche
Gesellschaft für
Gartenkunst im
Herbst 1915 für
die Anlage und
Bepflanzung der
Kriegergräber

Kriegergrabstätte auf dem Gemeindefriedhof Bieczun, Gen.-Gouv. Warschau (Polen).
Von Gartenarchitekt W. Heilig, z. Zt. Sierpc.

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