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Die Gartenkunst — 31.1918

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Nußbaum, Theo: Eine Ausstellung für Kriegerehrung in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.22268#0041

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Weniger glücklich und in vielen Fällen verwerf-
lich ist die zunftgemäße Verwendung von Zier-
und Blütensträuchern aller Art. Sie sind nur Fremd-
körper in der Landschaft, deren sich die Natur mit
der Zeit selbst entledigt.

Audi in der Grabbepflanzung wird man, wie die
Erfahrung lehrt, sich größte Zurückhaltung aufer-
legen müssen. Die Pflege des Einzelgrabes im hei-
matlichen Sinne ist bei der Fülle der Aufgaben auf
die Dauer undurchführbar. Zusammenziehung der
Gräber in große Massen und zwanglose Bepflanzung
mit bodenständigen Gewächsen, wie Heide, Farne,
Moose, Rasen,Immergrün u. aWaldbodengewädisen,
vermindert viel Kleinarbeit und Pflege.

Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Errichtung
erforderlicher Grabzeichen. Mangel an Holz und
Stein zwingt auch hier zu Einschränkungen. Ein
Ergebnis dieser Bemühungen finden wir in einer
Mustersammlung von Kreuzformen auch in der Aus-
stellung vor. Es sind durchweg Grabzeichen niedlich
und klein, einfach und schlicht, dabei stark und halt-
bar und doch von ganz eigenem Reiz.

Der Weltkrieg mit seinen unermeß-
lichen Opfern an Gut und Blut hat jede
persönliche Note in den Hintergrund ge-
drängt, und durch dieFülle der Aufgaben
die Form der Kriegerehrung unabänder-
lich festgelegt. Um diese zu bewältigen,
ist größte Einfachheit und Schlichtheit
am Platze. Das Ausmaß der Aufgaben,
die Not der Zeit, Mangel an materiellen
Werten, Arbeitskraft und Geld gebiert
die Form. Es ist der gesunde Boden al-
ler Kunst, auch reiner Friedhofkunst.

Wer in diesem Sinne die Ausstellung durch-
wandert, der findet darin für die praktische und
künstlerische Berufsarbeit eine Fülle neuer an-
regender Gedanken, die sich kein Gartenfachmann
entgehen lassen soll.

Rawa, Russ. Polen, 2. Oktober 1917.

gez. Theo Nussbaum

Steine und Erde. Gartenarchitekt für Friedhofwesen.

Kriegerfriedhof bei Gsowo, Gen.-Gouv. Warschau (Polen).

Von Gartenarchitekt W. Hirsch, Wiesbaden, z. Zt. Warschau.

Besonders beachtenswert erscheint mir das, was
die Ausstellung auf dem Gebiete der Kriegerehrung
im Felde zeigt. Ich greife dieses Gebiet heraus, weil
es in unserem Kreise größeres Interesse verdient.

Vor allen Dingen tritt die Ausstellung der Auf-
fassung entgegen, als sei bei Anlehnung an die
bekannten gültigen Gesetze heimatlicher Friedhofs-
gestaltung die wesentlichste Aufgabe des Garten-
fachmannes erfüllt. Gewiß sind auch solche Fälle
denkbar und vorhanden, in der Regel führen sie
hier draußen zu Mißbildungen schlimmster Art.

Überall in den von Kultur noch wenig berührten
Landstrecken ist gesunde Urwüchsigkeit am Platze,
die sich den Formen der Natur ohne jede Aufdring-
lichkeit einfügt. Friedhöfe und Massengräber, die
nur auf Flächenwirkung berechnet jedes baulichen
Charakters entbehren, sind Spielzeug in der unge-
heueren Einfachheit der Landschaft, und gehen darin
unter. Was erstrebt werden soll, das sind Ruhe-
stätten in altgermanischem Sinne, die sich in einer
der Natur eigenen Form herausheben und mit Hilfe
von Erdwällen, Gräben, Stützmauern zu Naturdenk-
mälern geschaffen werden in schlichtester Weise.
Diese werden auch vor der Nachwelt bestehen, an-
gesehen, geachtet und behütet werden als Ruhe-
stätten unserer Toten und geschichtliche Zeugen
einer großen schweren Zeit.

Wohl kein anderer ist eher berufen, denNeigungen
und Fähigkeiten entsprechend seine Kräfte in diesem
Sinne nutzbar zu machen, als der Gartenfachmann.
Die Aufgaben, die hier immer wieder in neuer und
veränderter Form auftreten, sind so vielseitig und
mannigfaltig, daß es überhaupt dankbar und ideal
ist, sich damit zu befassen.

Dasselbe gilt auch für die Bepflanzung. Das
idealste Naturdenkmal ist der ausgewachsene ein-
zelneBaum. Seine charakteristische Eigenart gibt der
Landschaft Ausdruck und Gepräge. Zusammenge-
pflanzt in geschlossener quadratischer, runder oder
elliptischer Form bildet er im höchsten Stadium der
Entwickelung ein gewaltiges Monument. Er ist zum
Aufbau unserer Ruhestätten so unentbehrlich wie

Für die Schriftleitung verantwortlich: Gartendirektor Heicke, Frankfurt a. M. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. TJniversitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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