Wasserbecken vor dem Großen Hause des Kgl. Hoftheaters in Stuttgart.
Nach einer im Handel befindlichen Aufnahme.
Von Stuttgart und Stuttgarter Gärten.
Zur 31. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.
Stuttgart ist eine Stadt, der ein hoher Grad
von Eigenart nicht abzusprechen ist. Freilich in
vieler Beziehung entspricht es dem Bilde, welches
auch andere deutsche Mittelstädte bieten, wenn
sie zur Großstadt herangewachsen sind, abge-
sehen von dem besonderen Einschlag, der sich
aus den mehrhundertjährigen Beziehungen zu
dem eingesessenen Fürstengeschlecht ergibt. Der
Kern, der sich im Anschluß an den alten Fürsten-
sitz geformt hat, ist zum Teil noch in der alten
Traulichkeit erhalten geblieben, zum Teil ist er in
den letzten Jahren unter Wahrung der neuzeit-
lichen Ansprüche an Raum, Licht und Luft, aber
ohne Beeinträchtigung des Charakters, vorbild-
lich neu aufgebaut. Die Straßenzüge schmiegen
sich in ihrem Verlauf zwanglos der Bodenlage
an. Dann folgt der breite Gürtel neuerer Stadt-
teile mit allen Vorzügen und Schwächen, die
solchen auch anderwärts anhaften: breite schnur-
gerade Straßen mit nichtssagender und daher
gleichgültig lassender Bebauung.
Was den unbefriedigenden Eindruck solcher
Stadterweiterungen des letzten halben Jahrhun-
derts in Stuttgart noch besonders vertieft, ist
die Bodengestaltung. Die Altstadt, die nach
Nordosten durch das alte und neue Schloß und
andere Monumentalbauten in dessen Umgebung
einen wirkungsvollen Abschluß erhält, liegt am
Ende eines ziemlich schmalen Tales, das auf der
linken Seite des Neckar, gegenüber Cannstatt,
seinen Anfang nimmt und sich in etwa dreiein-
halb Kilometer Länge mit leichter Krümmung
nach Südwesten erstreckt. Es wird von Höhen
begrenzt, die bis zu 140 Meter über die Talsohle
ansteig en. Man hat hier also den seltenen
Fall, daß nicht die an dem Flusse, der natür-
lichen Verkehrsader, gelegene Stadt, Cannstatt,
sondern das in immerhin beträchtlicher Entfer-
nung seitwärts liegende Ortsgebilde, Stuttgart,
sich im Laufe der Zeit zu größerer Bedeutung
aufgeschwungen und jenes weit überflügelt hat.
Das Gelände, auf welchem sich die noch ganz
auf der Talsohle liegende Altstadt zu der heuti-
gen Großstadt entwickelt hat, ist ein sehr be-
wegtes. Die Bodenerhebungen schieben sich von
allen Seiten an den alten Stadtkern heran. Es
hätten sich auf dieser Unterlage äußerst wechsel-
volle Straßenbilder schaffen lassen. Statt dessen
ist jahrzehntelang üble Reißbrettarbeit geleistet
worden.
Schnurgerad, fast ohne Rücksicht auf die
Höhenlage, sind die Straßenfluchten gezogen;
Steigungen und Senkungen wechseln alle Augen-
blicke. Mehrfach sind auf große Strecken mehrere
Gartenkunst Nr. 8, 1918.
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Nach einer im Handel befindlichen Aufnahme.
Von Stuttgart und Stuttgarter Gärten.
Zur 31. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.
Stuttgart ist eine Stadt, der ein hoher Grad
von Eigenart nicht abzusprechen ist. Freilich in
vieler Beziehung entspricht es dem Bilde, welches
auch andere deutsche Mittelstädte bieten, wenn
sie zur Großstadt herangewachsen sind, abge-
sehen von dem besonderen Einschlag, der sich
aus den mehrhundertjährigen Beziehungen zu
dem eingesessenen Fürstengeschlecht ergibt. Der
Kern, der sich im Anschluß an den alten Fürsten-
sitz geformt hat, ist zum Teil noch in der alten
Traulichkeit erhalten geblieben, zum Teil ist er in
den letzten Jahren unter Wahrung der neuzeit-
lichen Ansprüche an Raum, Licht und Luft, aber
ohne Beeinträchtigung des Charakters, vorbild-
lich neu aufgebaut. Die Straßenzüge schmiegen
sich in ihrem Verlauf zwanglos der Bodenlage
an. Dann folgt der breite Gürtel neuerer Stadt-
teile mit allen Vorzügen und Schwächen, die
solchen auch anderwärts anhaften: breite schnur-
gerade Straßen mit nichtssagender und daher
gleichgültig lassender Bebauung.
Was den unbefriedigenden Eindruck solcher
Stadterweiterungen des letzten halben Jahrhun-
derts in Stuttgart noch besonders vertieft, ist
die Bodengestaltung. Die Altstadt, die nach
Nordosten durch das alte und neue Schloß und
andere Monumentalbauten in dessen Umgebung
einen wirkungsvollen Abschluß erhält, liegt am
Ende eines ziemlich schmalen Tales, das auf der
linken Seite des Neckar, gegenüber Cannstatt,
seinen Anfang nimmt und sich in etwa dreiein-
halb Kilometer Länge mit leichter Krümmung
nach Südwesten erstreckt. Es wird von Höhen
begrenzt, die bis zu 140 Meter über die Talsohle
ansteig en. Man hat hier also den seltenen
Fall, daß nicht die an dem Flusse, der natür-
lichen Verkehrsader, gelegene Stadt, Cannstatt,
sondern das in immerhin beträchtlicher Entfer-
nung seitwärts liegende Ortsgebilde, Stuttgart,
sich im Laufe der Zeit zu größerer Bedeutung
aufgeschwungen und jenes weit überflügelt hat.
Das Gelände, auf welchem sich die noch ganz
auf der Talsohle liegende Altstadt zu der heuti-
gen Großstadt entwickelt hat, ist ein sehr be-
wegtes. Die Bodenerhebungen schieben sich von
allen Seiten an den alten Stadtkern heran. Es
hätten sich auf dieser Unterlage äußerst wechsel-
volle Straßenbilder schaffen lassen. Statt dessen
ist jahrzehntelang üble Reißbrettarbeit geleistet
worden.
Schnurgerad, fast ohne Rücksicht auf die
Höhenlage, sind die Straßenfluchten gezogen;
Steigungen und Senkungen wechseln alle Augen-
blicke. Mehrfach sind auf große Strecken mehrere
Gartenkunst Nr. 8, 1918.
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