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Gerstenberg, Kurt
Ideen zu einer Kunstgeographie Europas — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 48/​49: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.61188#0015
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dische Meer mit islamitischer Kunst überzogen. Die
größten Gegensätze prallten zusammen, die Welt der
geistreichsten, sinnverwirrendsten Ornamentik, eine
Kunst, in der die Architektur ständig in Dekoration
aufzudampfen scheint, und eine Kunst, in der die
plastische Klarheit der Körperdarstellung als Erbe der
Antike bewahrt wurde. Ein Grundzug leitet sich da-
her: Keine Architektur der Welt ist so mit üppiger
Ornamentik umwickelt und umwunden wie die spanisch-
portugiesische (Abb. 1). Über Süditalien, Sizilien und
Spanien gelangt eine Fülle dekorativer Elemente, dar-
unter die Knotensäule durch Vermittlung des Islams
nach Europa hinein1. Im späten Mittelalter ist die Ibe-
rische Halbinsel dann sowohl von Frankreich und den
Niederlanden wie von Italien her mit Kunstablegern
bepflanzt worden. Der Architektur bleibt ein Gepräge,
in dem immer wieder nordische Elemente spürbar wer-
den, wenn auch die Fälle, wo Niederländer Bauten
leiteten, selten sind. Aber die Absicht, malerisch be-
wegte Raumbilder zu schaffen, die der nordischen Bau-
kunst des 15. Jahrhunderts innewohnte, überrascht nur
wieder in Spanien, und zwar in Valencia. Seit dem
17. Jahrhundert wird die Verbindung mit Mittelitalien
die wirksamste. Für Südfrankreich aber bleibt seit den
Römerzügen nur immer wieder die Verbindung mit
Mittelitalien wirksam.
Im Südosten Europas ist der Gebirgsbogen der Kar-
pathen und transsylvanischen Alpen auch kunstgeo-
graphisch die große Wasserscheide, nämlich zwischen
der italo-germanischen und der byzantinischen Formen-
welt. Die zweite weltgeschichtlich bedeutsame Über-
wanderung des Meeres durch die Kunst von Klein-
asien her unternimmt der byzantinische Stil, der Grie-

1 Vgl. H Gluck, Mitteilungen des ungarischen wissenschaftlichen Instituts in
Konstantinopel 1917, 1.

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