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Gerstenberg, Kurt
Ideen zu einer Kunstgeographie Europas — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 48/​49: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.61188#0030
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scheu Bedingungen entstanden sind. Wie wenig ge-
schichtliche Bezüge verbinden etwa den Hof des Dogen-
palastes in Venedig mit dem Rathausplatz in Brügge
oder dem in Lübeck, und doch wie weitgehend stimmt
die Anordnung überein, nicht durch das gleiche sti-
listische System, sondern durch die Art, Formen zu
sehen und zu größeren Verbindungen zusammenzu-
schließen. Die Übereinstimmung reicht hier weiter als
mit jedem Platz in Florenz oder einer anderen Stadt
Mittelitaliens.
Die künstlerischen Organe der einzelnen Zonen sind
auf das feinste abgestimmt, aber sie reagieren nicht
auf jede Form und Formenanordnung, sondern, wie bei
den Funkenstationen aus der ungeheuren Masse von
Schwingungen, die den Luftraum erfüllen, nur wenige
sinnvoll werden, geschieht es auch hier. Es liegt in
kulturgeschichtlichen Bedingungen begründet, welches
Land jeweils die künstlerische Führung hatte und an-
deren Ländern die Formen mitteilte, aber nur, wenn
Sender und Empfänger auf die gleiche Wellenlänge ab-
gestimmt waren, ist ein Verständnis und ein Formen-
austausch möglich gewesen. Das aber kann nur aus einer
geographischen Übersicht des gleichzeitigen Nebenein-
anders der verschiedenen Formenanschauungen erkannt
werden; eine Kunstgeographie sollte daher neben der
Kunstgeschichte einhergehen.

Im J a n u a r 1 922

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