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Gottsched, Johann Christoph [Editor]; Gesellschaft der Freyen Künste <Leipzig> [Editor]
Sammlung einiger ausgesuchten Stücke der Gesellschaft der Freyen Künste zu Leipzig — 1.1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.25957#0120
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96 VII. Aufmumerungsrede,

muß : sosl man deswegen dr'e anmuthl'gen Wl'ssenschaften,
die schönen Künfte, aus der gelehrten Welt verbannen?
§)der wird es eine Sünde seyn, ftch auf die Zierrathen aller
Gelehrsamkeit zu befteißigen, ohne welche auch die gründlich-
sien Theile derselben , bald in Verfall gerathen dörftcn,
oder doch ein barbarisches Ansehen bekommen würden?

Dochwir leben, zu allem Glücke, an einem Orte, wo
es noch niemals ein Verbrechen gewesen, sich auf die schö-
nen Wissenschaften zu legen. Seitdem ein jtreitbarcr Lrie-
drici) diesen Musenftß gegründet, seitdem ein Acrrus
Mosellanus und Camcrarius die Barbarey der alren
Mönche aus unsern Mauren verbannet haben, hat leipzig
in die dritthalb hundert Iahre lang den unsireitigen Ruhm
behauptet, daß es eine fruchtbare Mutter und nahrhafte
Säugamme aller freyen Künsie gewesen. Man isi von
dem niedertrachtigen Handwerksneide weit entsernec geblie-
ben, den oft eine Gattung von Handarbertern, gegen die
andere, zu verrathen pftegt. Man hat langsterkannt, daß ei-
ne vollkommene hohe Schule, welche billig eine Schah-
kammer der ganzen Gelehrsamkeit, eine wahre Zierde des
Vaterlandes seyn soll, alle Arten der Wissenschaften in ih-
rem Schooße hegen und nahren müßte. Noch mehr, man
hat es auch eingesehen, daß auch eine Art der Erkenntniß
der andern die Hand beut, indem fte ihr entweder gewiste
Vortheile verschaffet; oder ihr doch anmuthige Zierrathen
ertheilet, ohne welche sie sehr nüchtern und rauh seyn würde.
Ja man könnteohneBeleidigung der Wahrheit behaupten:
daß eben diese hohe Schule, jederzeit einen vorzüglichen
Ruhm darinnen behauptet; ja den meisien neuern Univer-
fttäten in Deutschland zu einenr Musier gedienet habe.

So ftcher wir also überhaupt vor dem Tadel der klu-
gen Welt deswegen ftnd, H. H. daß wir uns auf die freyen
Künsie befteißigen wollen: so sehr haben wir von vielen
unsrer Brüder und Kunsiverwandten noch einen Vorwurf
zu besorgen. Es giebt gelehrte Männer, die, so bald fte
von den schönen Wistenschaften, oder freyen Künsien reden

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