Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

H.-Gilhofer-und-H.-Ranschburg-Aktiengesellschaft <Luzern> [Hrsg.]
Die Bibliothek des Malers Professor Wilhelm Trübner, 1851 - 1917: Inkunabeln, Holzschnittbücher des 16. Jahrhunderts, deutsche Volksbücher ; wertvolle Einbände des Pfalzgrafen Ottheinrich und anderer pfälzischer Fürstlichkeiten ... etc. ; Skizzenbücher von W. Trübner ; Ausstellung der Hauptstücke in Zürich, 2. - 6. November 1937 bei L'Art Ancien S. A., Ausstellung in Luzern, 11. - 15. November 1937, Versteigerung 17. November 1937 in den Räumen der Firma H. Gilhofer & H. Ranschburg, Luzern — Zürich, 1937

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5861#0010
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wilhelm Trübner ist der jüngste jener großen Maler, welche im 19. Jahrhundert der
deutschen Kunst die Richtung gegeben haben. Er starb erst 1917 — doch verbindet sich sein
Name in der Erinnerung sogleich mit dem des Leibi, und seine frühe Kunst steht in Bezie-
hung zu Feuerbach, Böcklin, Schuch und Hans von Maries. In diesem Frühwerk, in den
70er Jahren, wetteifert seine Bildniskunst nicht nur mit jener Leibis, sie tritt mit einer
Unmittelbarkeit auf, die den großen nachdenklichen Zeitgenossen eher übertrifft. Seine
jugendliche Meisterschaft legt das Bildnis des Bürgertums in Deutschland zu eben jener Zeit
jest, als es in Frankreich durch den Impressionismus seine neue Prägung erhielt. Trübner
war kein Zweifler und Grübler — und wie das Frühwerk, aus schier wunderbaren Kraft-
strömen gespeist, plötzlich da ist, so behält sein gesamtes späteres bildnerisches Werk den
Stempel außerordentlicher Männlichkeit. Unentwegt entwickelt sich der souverän gehand-
habte Pinsel, sicher und unverrückbar stehen die berühmten Reiterbildnisse, die zahlreichen
Landschaftsbilder.

Nein, es gab keinen lähmenden Zweifel und keine schwächende Problematik für diesen
stillen, mit Weisheit und Humor ausgestatteten Mann, für diesen rastlosen und starken
Arbeiter. Aber es galt doch immer, nach innen zu schauen und von außen her geistige Nah-
rung in sich hineinzuziehen. Trübner achtete sorgsam auf alles, was ihn kulturell bereichern
konnte, und so wurde er zwanglos zum Sammler, zum lesenden und forschenden Freund
des Buches. Es ist klar, daß ihn der alte deutsche Holzschnitt anging, ihn zu innerst betraf,
so daß er von diesem Gebiet gewissermaßen ausging. Es entstand jener Teil der Bücherei,
welcher, von den Frühdrucken bis ins 16. Jahrhundert hinein, eine reiche Auswahl wichtiger
Holzschnittbücher umfaßt und in einem einzigartigen Exemplar des ,,Weißkunig" gipfelt.
Aber nicht nur des künstlerischen Bildes wegen reizten ihn die Bücher. Er las in ihnen,
es ergriff ihn das Wort, die Dichtung, insbesondere die deutsche Volksdichtung. Von dem
frühesten gedruckten Spruchdenkmal des Titurel (1477) geht es zu den Novellen und
Volksbüchern bis etwa 1550. Dann aber erschließt sich ihm die deutsche Dichtung und
Philosophie der neueren Zeit, und er gruppiert um sich die wichtigsten Erstausgaben dieses
klassischen Zeitalters. Dabei gerät er wieder und wieder auf Kant und fühlt sich schließlich
zutiefst von Schopenhauer angezogen. So entsteht eine umfangreiche Abteilung Kant und
eine bedeutsame Schopenhauer- Sammlung, in welcher dessen Werke und zahlreiche Bücher
aus seiner Bibliothek zusammengestellt erscheinen. Als Spitzenstück aber ragt darüber
des Philosophen umfangreiches Manuskript, welches eigenhändige Nachträge und Zusätze
für die 3. Auflage der „Welt als Wille und Vorstellung" enthält.

Es ist klar, daß Trübner lesend auch die fremden Literaturen erfaßt, daß sich ihm die
Weltliteratur erschließt. Den besonderen Kenner der nordischen Dichtung mußte es vor
 
Annotationen