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Ginter, Hermann
Birnau am Bodensee — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.23863#0010
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Schrailk, von dem es heißt, er habe der Mutter Gottes zu Birnau
einen „ansehnlichen Tempel" erbaut. Dieser Neubau erstand über
der alten Kapelle und barg in seinem Innern das dem Volke bereits
liebgewordene Heiligtum. In gleiche Zeit mag auch die Fertigung
2 des heute noch vorhandenen Wallfahrtsbildes hinaufreichen. Bau-
liche Erweiterungen bringen die Jahre i/igö, i5i3 und i5g3. Ein
Priesterhaus und Wirtschaftsgebäude sind neben dem Gotteshaus
erwachsen. Da brechen im kommenden Jahrhundert die Schauer
des dreißigjährigen Krieges über das Gebiet am friedlichen Über-
linger See, die Beichsstadt selbst hat zweimal die Schrecken einer
Belagerung durch die Schweden auszukosten, um schließlich in die
Hände Konrad Widerholds, des großen Bäubers auf dem Hohen-
twiel, zu fallen. Es erhält französische Besatzung, deren Komman-
dant, General Cornwall, es ist, der aus strategischen Gründen am
26. Dezember i643 Nußdorf mit Birnau niederbrennen läßt. Die
Kapelle in der Kirche bleibt erhalten, das Gnadenbild wird nach
Salem und Konstanz geflüchtet. Etwa 12 Jahre darauf hören wir,
daß man den Wiederaufbau beginnt. Es ist ein sehr schlichter Bau
geworden, der 1669 — durch ein und dasselbe Dach verbunden —
auch wieder ein Priesterhaus als Genossen erhielt. Die folgenden
Jahre brachten Stück für Stück der Innenausstattung. Anno 1696
wurde eine St. Josephsbruderschaft gegründet, der 1707 bereits
8000 Mitglieder angehörten. Ein Zeichen, wie beliebt der Ort beim
Volke gewesen sein mag. Aus dem großen Andrang zur Birnauer
Wallfahrt zog Überlingen nicht wenig Gewinn, das neben der Kirche
— allerdings unter Protest des Klosters — ein Wirtshaus gebaut
hatte.

Nicht Avenig Ärger erwuchs aus diesem unerträglichen Neben-
einander, besonders beim tollen Betrieb der Birnauer Kirchweihe,
dem besitzenden Kloster. Kirche und Wirtschaftsgebäude waren
dazu baulich in sehr üblem Zustande. Neubauten aber verhinderte
Überlingen eigenmächtig und gewalttätig. Das alles zwang unser
Salem zu einem Gewaltakt, zur Wallfahrtsverlegung auf eigenen
Grund und Boden, worauf wohl schon lange der geheime Wunsch
gegangen sein mag. Nachdem man sich in aller Stille vom Kon-
stanzer Bischof, von Born durch den Luzerner Nuntius und auch
vom Fürsten zu Fürstenberg, der als Besitzer von Heiligenberg über

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