Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
21
die sich ebenfalls hauptsächlich über die Glasmalerei verbreiten; die alten Brunnenstandbilder in Bern, diese
bekannte originelle Zierde der Stadt, bilden den Vorwurf einer eingehenden Studie von K. Howald; den Beschluss
macht eine mit bemerkenswerthen Notizen reich versehene Abhandlung von Professor Dr. G. Trcechfel über den
„Glasmaler, Radirer und Chorweibel" Hans Jakob Düns, den Aelteren. An der Ausstattung der Festschrist sind die
von Chr. Bükler nach alten Vorlagen gezeichneten, durchwegs charakteristischen Initialen, wovon wir Dank der
Freundlichkeit des Verlegers eine Probe bieten, besonders zu loben. Unser Buchstabe ist in dem aus Pergament-
blättern bestehcnden „Udelbuch" (Grundsteuer-Verzeichniss) der Stadt Bern von 1466 in Blau und Rosa aus
Goldgrund gemalt; in dem zierlichen Blattwerk scheint ein junger Mann in Pagentracht mit einer jungen Dame
Versteckens zu spielen; aus der Einfassung entwickelt sich ein schön stilisirtes grünes Rankenwerk mit vielsarbigen
Blumen und Fruchtknospcn. Diese reizende kleine Composition ist bezeichnend für den Geist der Zeit, welche das
Bedürfniss empfand, sogar die herbe Prosa eines Steuerkatasters nicht ohne künstlerischen Schmuck zu lassen.
KUNST UND LEBEN.
Ein neuer Almanach sür das deutsehe Haus von Friedrich Bodenfledt.
IL Jahrgang. Stuttgart, W. Spemann.

Wenn wir dieser Publication eine kurze Be-
sprechung widmen, so geschieht dies nicht ihres
mannigfaltigen undvornehmen literarischen Inhaltes
wegen, den schon der Name des Herausgebers
voraussetzen lässt, sondern aus dem Grunde, dass
ihre künstlerische und typographische Gestaltung
volle Aufmerksamkeit verdient. In dieser Beziehung
haben sich die Almanache aus der ersten Hälste
unseres Jahrhunderts einen nicht gerade günftigen
Ruf erworben; Stiche wie die von John sür das
Taschenbuch „Aglaja" zählten zu den Ausnahmen,
und die Bezeichnung „Almanachstich" sür jene
leider noch nicht ganz erstorbene Produftion,
welche von der süsslichen englischen Stahlstich-
Manier ihre Richtung empfangen hatte, besitzt
keinen guten Klang. Um so erfreulicher ist es, dass
der moderne Epigone der „Musenalmanache", den
Bodenssedt gegenwärtig herausgibt, in seinen Kunst-
beilagen und Illustrationen, sowie in dergesammten
decorativen Ausstattung wahrhaft künstlerisch ge-
halten erscheint. Original-Radirungen wie das
stimmungsvolle „Motiv aus der Villa dEste" von
L. H. Fischer, oder das reizende Thierstück
„Brodneid" von Karl Jntz besieht man nicht bloss
in dem kleinen Taschenbuchformat, sondern auch
als Einzelblätter in der Mappe eines Sammlers
mit Vergnügen, und die Holzschnitte ausser Text
gehören zu den besten modernen Leistungen aus
diesem Gebiete. Hiesür mag unsere, aus der xylographischen Anstalt von A. Closs hervorgegangene Illustration
nach einem humorvollen Gcnrebildchen „Jägerrecht" von Eduard Grützner, die uns der Verleger freundlichst
zur Versügung gestellt hat, Zeugniss ablegen. Eine besondere Zierde der Publication bilden die Kopf- und Rand-
leisten, die Einsasfungen, dann die Titel- und Schlussvignetten nach Zeichnungen des Architekten Friedrich Tliierfch,
welche Ornamente sich dem Inhalte der zu verzierenden Seiten sinnig ansehmiegen und eine geschmackvolle
moderne Verwerthung von classischen Renaisfance-Motiven ausweisen.


von E. Grützner.
 
Annotationen