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Eine der erden Arbeiten von Rubens nach der Rückkehr aus Italien, von denen wir sichere Kunde
besitzen, ist eine „Juno und Argus", da der Künstler im Mai 1611 an den Stecher Jac. de Bie schrieb,
dass er im Begriffe slehe, ein so benanntes Bild zu verkaufen. Smith nennt das Werk, dessen gegen-
wärtiger Besitzer uns unbekannt ist, ein „Capitalstück" Aus dem Jahre 1614 wird ein „Jupiter und
Antiope" erwähnt, welches Werk aus dem Besitze der Familie de Knijff'm Antwerpen in die Sammlung
Allard in Brüssel übergegangen ist. Unter den Gemälden, die sich im April 1618 im Hause Rtlbens'
befanden und die er dem englischen Diplomaten Sir Dudley Carleton zum Kaufe anbot, wird ein
„Prometheus" von der eigenen Hand des Meisters mit einem von Snyders gemalten Adler erwähnt,
ferner eine „Leda mit dem Schwane" ganz von Rubens' eigener Hand. Jedes der Bilder hat der Meister
auf 500 Gulden geschätzt. Ungefähr derselben Epoche muss auch die „Amazonenschlacht" entslammen,
jenes herrliche Meisterwerk, das heute die Münchener Galerie (Nr. 917) bewahrt, da Rubens in einem
uns erhaltenen Briefe von 1623 erzählt, dass der Stecher Vorflerman schon mehr als drei Jahre an
der Platte arbeite '. Diese Darsteilung gehört dem Stoffe nach allerdings nur zum Theil in das mytho-
logische Gebiet; allein in der Behandlung weist sie jenen Geist auf, der die Arbeiten von Rubens aus
dem mythologischen Stoffkreise charakterisirt. Es mag sein, dass der Künstler das Motiv des Brücken-
kampfes der im Dogenpalast zu Venedig verbrannten „Schlacht bei Cadore" von Tizian, von
welcher die Galleria degli Usfizi in Florenz eine Skizze bewahrt, entlehnt habe, zumal eine mit
Feder und Bister ausgeführte Studie von Rubens nach dem Tizian'tehen Bilde existirt; auch enthält
das Bild des vlämischen Meisters unverkennbare Reminiszenzen an Raffael's „Schlacht zwischen Con-
stantin und Maxentius" im Vatican. Allein trotzdem ist die „Amazonenschlacht" eines der Werke, die
uns den ganzen Rubens in seiner vollen Kraft und Originalität charakteriltisch vor Augen stellen. Von
1622 bis 1625 arbeitet unser Meister an den Medici-Bildern, die sich gegenwärtig im Louvre befinden
und in welchen die mythologische Allegorie eine viel grössere Rolle spielt, als die Geschichte. 1625 kauft
der Herzog von Buckingham von ihm dreizehn Gemälde, worunter sich einige mythologische befinden.
Von 1634—1635 entwirft er den Triumphbogen für den Einzug des Cardinal-Infanten Ferdinand, wo
wieder die Mythologie bedeutend hervortritt.
Leider sind uns für die Folgezeit viel zu spärliche Nachrichten über die Reihenfolge der Arbeiten
unseres Meisters erhalten, so dass wir nur im Allgemeinen sagen können, dass er während seines ganzen
Lebens nicht aufhörte, mythologische Darstellungen zu liefern. Genaueres lässt sich nur seiten feststellen,
da uns hinsichtlich der mythologischen Werke noch weit weniger Daten zu Gebote slehen, als bezüg-
lich der kirchlichen. Die letzteren wurden nämlich in der Regel auf Bestellung für Kirchen, Klöster,
sowie städtische Zünfte und Corporationen gemalt, in deren Archiven sich urkundliche Angaben oder
Spuren der abgelieferten Arbeiten finden; die mythologischen Bilder von Rubens aber waren für ihre
Zeit das, was die Genrebilder der unsrigen sind und verschwanden in den Häusern von Privatpersonen,
welche über die Bestellung und Ablieferung keine Ausschreibungen hinterliessen. Dieser Umstand hatte
noch eine andere ungleich wichtigere Folge: dass nämlich unter den mythologischen Bildern von Rubens
Werke seiner eigenen Hand recht seiten, Atelier- und Schüler-Arbeiten aber in der überwiegenden Mehr-
zahl vorkommen. Privatpersonen konnten damals offenbar nicht so viel bezahlen wie geistliche oder
weltliche Corporationen; für ein Bild, welches das Haus eines Bürgers oder geringeren Edelmannes
schmücken sollte, war es dem mit Aufträgen überhäuften Meister auch nicht so sehr um seinen Namen
und Ruhm zu thun; daher kommt es, dass ein grosser Theil der mythologischen Bilder von Rubens
mit Hilfe seiner Schule zu Stande kam.

1 Der Stich ist vom Neujahr 1623 datirt. Vgl. C. G. Voorkelm Schneevoogt's „Catalogue des estampes grav£es d'apres P. P. Rubens"
(Harlem, 1873) p. 136, Nr. I.


 
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