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HOLBEIXS DARMSTÄDTER MADONNA.

AS Madonnenbild des Bürgermeisters Meyer ist neben der Holzschnittfolge, die unter
dem Namen Todtentanz bekannt ist, und einigen Bildnissen wohl heute das populärste
Werk Holbeins d. J. und nicht mit Unrecht. Seine "Wandgemälde sind zugrunde
gegangen und unter den erhaltenen Tafelbildern, die nicht lediglich Bildnisse sind, ist
dies Altarbild die glänzendste Schöpfung, dabei ist es auch wunderbar erhalten. Das
Werk muss auch einst im Leben Holbeins einen abschliessenden Höhepunkt gebildet haben, denn
es ist das letzte seiner grossen Altarbilder.

Als Luthers Lehre in den breiteren Schichten Anhang gewann, stand Holbein noch am
Beginne seiner Thätigkeit, während die Jahre, die Dürer beschieden waren, sich schon dem Ende
zuneigten. Es äussert sich deshalb in Holbeins Werken eine andere Zeitrichtung, es erwuchsen
ihm auch in seinem späteren Leben andere Aufgaben, und seine Altarbilder fallen in das erste
Jahrzehnt seiner künstlerischen Thätigkeit.

Die alte Streitfrage, ob das Darmstädter Bild, das im Stiche von Doris Raab reproducirt
worden ist, allein ein Original von Holbein sei, oder auch die berühmte Wiederholung in Dresden,
darf als zu Ungunsten des Dresdener Bildes entschieden betrachtet werden. Wir stellen am
Schlüsse noch kurz die Gründe zusammen, die einst zu dieser Entscheidung geführt haben.

Die berühmte Schöpfung stellt die Familie des Bürgermeisters Meyer zum Hasen von Basel
unter dem Schutze der heiligen Jungfrau dar. Sie ist ein sogenanntes Schutzmantelbild; links sieht
man den Mantel der Mutter Gottes über den Rücken des Bürgermeisters herabfallen. Es war in
Italien und in Deutschland besonders im XIV. und XV. Jahrhundert üblich, dass Einzelne oder ganze
Corporationen ihrer besonderen Verehrung zur Gottes-Mutter dadurch Ausdruck verliehen, dass
sie sich selber oder auch etwa die Vertreter der ganzen Christenheit knieend unter dem weit aus-
gebreiteten Mantel einer Madonncngestalt darstellen Hessen. Solche Schutzmantelbilder sind noch
zahlreich erhalten, z. B. in den Gemälden von Filippo Lippi im Berliner Museum, von Fra Bartolomeo
im Dom von Luca, in Gemälden bayerischer Künstler aus der Zeit um 1500 in Schieissheim und
in der Münchener Frauenkirche, in dem Sandsteinrelief von Adam Kraft in der Frauenkirche zu
Nürnberg und in zahllosen Holzsculpturen unbekannter Bildschnitzer dieser Zeit, wie man sie
heute noch in Landkirchen von Süddeutschland findet. Die Madonna wurde bald mit dem Kinde
 
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