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der Linie der Feder und bringt alle Töne zwischen Schwarz und Weiss. Im Rcichthum des
Ornaments und der Sicherheit seiner Durchführung übertrifft Bradley keiner.

Kommt dieser Künstler in seinen letzten Schöpfungen von der Illustration im engeren Sinne
ab, in Beschränkung auf Druck, Ornament und Titel, so haben die Roycrofters vom Beginn
ihrer Thätigkeit an auf das rein Bildliche in ihren Büchern verzichtet. El. Hubbart ist der Gründer
dieses in seiner Organisation eigenartigen Unternehmens, das in East Aurora N. Y. mit den beschei-
densten Mitteln begann und an dem heute ungefähr 40 Menschen eine vielseitige Thätigkeit ent-
falten. Hubbart wird von vielen der amerikanische Morris genannt und er hat in der That die
Qualität mit ihm gemeinsam, im Guten wie Schlechten. Seine Leidenschaft, gute Bücher her-
zustellen, ist ernst und ausdauernd, aber sie irrt sich oft in den Mitteln. Er ist gleich Morris ein
utopistischer Gegner der Maschine und druckt mit der Handpresse kleine Auflagen; er schmückt
ausschliesslich mit Initialen und Leisten, die er — mit der Hand bemalt. Aus Burschen und
Mädchen des Dorfes — »nothing eise in East-Aurora then the Roycroft« — hat er sich eine am
Gewinne partieipierende Gilde von Setzern, Druckern, Malern und Zeichnern herangebildet, die
gut zusammenarbeitet, aber mit den besten Absichten doch nicht das leistet, was man als ein gut
ausgestattetes Buch ansprechen möchte. Seine Schönheit wird problematisch durch die Bemalung
der Ornamente und Initialen, was ein thörichter Archaismus ist und die Kunst nicht fördert. Die
gute Absicht Hubbarts, das Volk durch Mitarbeit am Werke künstlerisch zu erziehen, mag ja
wohl Anlass für diese Irrthümer sein; denn es wird nicht leicht fallen, viele ungeübte Hände in
einem verhältnismässig kleinem Werk, wie es der Buchschmuck ist, gehörig zu beschäftigen, wo
sich dann solche Behelfe, wie das Initialbemalen bald einstellen mögen. Aber um den Preis ver-
fehlter Leistungen ist diese Volkserziehung zu kostbar und die Freude Hubbarts über den ent-
deckten starken Farbensinn eines Bauernmädchens lässt doch Freude an dieser geschmacklosen
Bemalung nicht aufkommen.

Was sonst an guten illustrirten Büchern in den Vereinigten Staaten gemacht wird, bewegt
sich fast durchwegs in der Richtung, die Bradley so stark und eindringlich eröffnet hat; seinem
Einflüsse können sich die schwächeren Talente nicht entziehen und dies ist im Grunde nur gut.
Denn eine gewisse Gleichförmigkeit in den Erzeugnissen des Kunstgewerbes ist, wenn sie von
einem genialen Neuerer die Art empfangen, nur von Yortheil; sie befestigt den Geschmack und
bildet Stil, diese beiden Grundbedingungen künstlerischer Thätigkeit, auf dass diese nicht sich in
Laune zersplittere.

Franz Blei.
 
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