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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 36.1913

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Hind, Arthur M.: Sir Alfred Easts Radierungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3752#0028
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Es ist vielleicht die schönste von all seinen radierten Landschaften. Wirkungsvoller ist das Blatt
»Dawn in the Forest« (1910), eine glänzende Studie mächtiger Buchen auf einem abschüssigen Hügel,
vom ersten Strahl der Morgensonne beleuchtet und gesehen zwischen dicken Stämmen hindurch.

Ein anderes wirkungsvolles Tagstück, bloß »Dawn« betitelt, ist eine Baumgruppe, die sich
von der dunkeln Böschung eines Hügels abhebt; es ist aber kaum so gelungen. Die Behandlung des
Lichtes, das von dem Sumpf im Vordergrund zurückgestrahlt wird, ist überzeugend, aber die Wolken
sind zu körperlich und wirken beinahe ebenso schwer und materiell wie der Hügel. In den beiden
letzteren Fällen ist das Helldunkel durchaus durch Wischen der Platte beim Drucken erzielt. Das
ist notgedrungen ein etwas unsicheres Verfahren und zwingt beinahe den Künstler dazu, sein
eigener Drucker zu sein. Bis zu dem letzten Jahr wurden die meisten von Easts Radierungen
durch einen berühmten Drucker, den verstorbenen Herrn Goulding, gedruckt, aber sogar er versagte
regelmäßig in der Wiedergabe des richtigen Effektes, wo dieser hauptsächlich vom Wischen der
Platte abgehangen hat. Ich möchte diesbezüglich auf die meisten Drucke des späteren Zustandes
des Blattes »Evening« hinweisen, die häufig in den kühnen Tonstreifen auf dem Himmel stark
auffallende Verschiedenheiten von Licht und Schatten zeigen. Jetzt hat East seine eigene Drucker-
presse aufgestellt, und er beabsichtigt, zukünftig sein eigener Drucker zu sein, und man darf nicht
zweifeln, daß sich auf Platten der besprochenen Art alle nur erdenklichen Unterschiede finden
werden, die nötig sind, des Künstlers Absichten zu verwirklichen.

Eine äußerst wirkungsvolle Verbindung von Aquatinta und Linie zeigt sich auf dem Blatte
»Evening Glow« (ausgestellt als »Clear Evening« im Jahre 1904), wo des Künstlers Vorliebe,
seine Bäume silhouettenmäßig gegen den Himmel zu stellen, bis zum Extrem getrieben erscheint.
Der Himmel ist ganz klar gelassen, und Bäume und Vordergrund sind durchwegs mit dunkeln)
Aquatintakorn bedeckt. Noch häufiger frönt er diesen effektvollen Kontrasten von Licht und
Schatten, wenn er die Oberfläche von Gestein behandelt, wie auf den Blättern »White Mill« (1905)
und »Moonlight« (1905); das letztere stellt eine Dorfstraße dar mit einem kleinen Haus in weißem
Licht vor dunkeln Bäumen. Dieselbe Vorliebe für Kontraste zeichnet eine seiner äußerst wenigen
rein architektonischen Radierungen aus, das Blatt »The oldChurch, Taormina« (1907). Die Aquatinta
ist das Hauptmittel, dessen er sich zu seinem Chiaroscuro auf den zwei letztgenannten Platten
bedient, während auf der Radierung »White Mill« der dunkle Himmel bloß durch den tiefen
Schatten starker paralleler Linien erzeugt ist. Zu seinen reizvollsten Aquatintablättern gehört die
»Villa d'Este« (zum erstenmal im Jahre 1904 als eine Linienradierung ausgestellt und im Jahre
1906 mit Aquatintakorn vollendet). Es ist eine von Easts kleinsten Platten (22: 16'5 Zentimeter),
und sie zeigt das ungewöhnliche aufrechte Format, das sich den großen Zypressen im Garten der
Villa anschließt. Schließlich könnten wir die Radierung »The Avenue« erwähnen, die vielleicht das
gelungenste seiner Aquatintablätter ist, radiert und vollendet in denselben Jahren wie die »Villa
d'Este«. Mit seinen glänzenden Baummassen bildet es in seinem frühen Zustande der reinen Linie
eine wundervoll abgewogene Komposition. Das Aquatintakorn wurde mit einem vollkommenen
Sinn für einfache Wirkung angebracht, und das Chiaroscuro dieser großen Massen wohlgestalteter
Bäume erhöht noch den Ernst des Sujets.

Gegenwärtig ist Sir Alfred voller Pläne für neue Platten, und seit er seine eigene Presse
besitzt, hofft er zuversichtlich auf eine viel sicherere Verwirklichung seiner Absichten. Wir blicken
mit erneutem Interesse seiner nächsten Ausstellung in der »Society of Painter-Etchers« im Frühling
entgegen.

Arthur M. Hind.

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