Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 36.1913

DOI Artikel:
Gibson, Frank: Charles Conder und seine Werke
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3752#0071
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I '-'■+;:.

In den Zeichnungen auf Seide fand Conder das seiner Begabung gemäßeste Mittel, hier offen-
bart sich einer der größten künstlerischen Vorzüge seiner Werke, der der Farbe; hier kann er mit
den größten Meistern aller Zeiten und aller Schulen um die Palme streiten. Denn er war ein Kolorist
in erstaunlichem Grade und von erstaunlicher Erfindung. Die Töne seiner Farben sind so gewählter
Art, daß sie fast der Beschreibung spotten. Sie sind wie der Glanz des Lichtes auf dem Wasser,
wunderliebliche Übergänge von zartem Rosa oder Blau, ein Durcheinanderfließen von Gelb, Lila
und Grün, alles immer voll des feinsten Geschmacks. Seine Farbenentwürfe sind alle auf Natur-

Charles Conder, sHarlequin s'amuse«

Nach der Lithographie.

beobachtung gegründet, und wenn man sie sorgfältig zergliedert, so sieht man, daß sie die Wieder-
gabe von Natureindrücken sind, die nackten Figuren zum Beispiel leiten ihre Farbentöne ab von
der Apfelblüte oder von Haufenwolken. Selbst in seinen Darstellungen von Innenräumen, von
Kaffeehäusern, Ballsälen, Theatern, stammt die Farbe vom Sonnenlicht der Natur.

Die Geschichte von Conders Laufbahn ist nicht unähnlich der vieler großer Künstler. Er war
geboren zu London im Jahre 1868, sein Vater James Conder war Zivilingenieur und ein Nach-
komme des Bildhauers Roubilliac. Charles Conder verbrachte seine frühe Kindheit in Indien,
erzogen aber wurde er in England. Sechzehn Jahre alt kam er zu einem Oheim nach Neu-Süd-Wales
in Australien. Hier sollte er sich zum Feldmesser ausbilden. Aber dieser Beruf mißfiel ihm höch-
lichst; lieber zeichnete und malte er, wann immer sich eine Gelegenheit bot. Bald gab er die

58
 
Annotationen